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Ein Schöner Ort Zum Sterben

Ein Schöner Ort Zum Sterben

Titel: Ein Schöner Ort Zum Sterben Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Granger Ann
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war sie in der Mittagszeit wieder vor der Wohnung der Arnolds. Irgendjemand war zu Hause, denn hinter der Tür hörte sie den Fernseher laufen. Sie drückte auf den Klingelknopf, bis ein Scharren sie informierte, dass jemand auf der anderen Seite mit der widerspenstigen Tür kämpfte. Schließlich flog sie auf, und Mrs. Arnold erschien. Sie trug einen kirschroten Satinmorgenmantel und leichte pinkfarbene Slipper. Das rote Haar hing in wirren Strähnen rings um ihr Gesicht. In einer Hand hielt sie eine Zigarette, in der anderen einen Becher Kaffee.

    »Oh, Sie sind das«, sagte sie.
    »Kommen Sie rein, Schätzchen. Ich hatte eine lange Nacht und bin ein wenig spät dran.« Helen folgte ihr in das unordentliche Wohnzimmer. Aus dem Fernseher in der Ecke dröhnte ein Zeichentrickfilm.
    »Könnten wir den vielleicht ausschalten?«, rief Helen laut.
    »Was?«, rief Mrs. Arnold.
    »Den Fern …« Helen sah, dass sie selbst aktiv werden musste. Sie schaltete den Fernseher aus.
    »Man fühlt sich nicht so allein, wenn das Ding läuft«, erklärte Mrs. Arnold.
    »Warten Sie, ich hol Ihnen ’ne Tasse.« Sie verschwand im angrenzenden Zimmer, und Helen hörte, wie sie mit Utensilien klapperte. Helen beschloss, lieber nicht in die Küche zu sehen. Mrs. Arnold kehrte mit wehendem Morgenmantel zurück. Darunter war ein schwarzer Nylonschlafanzug zu sehen.
    »Hier, bitte.« Sie reichte Helen freundlich einen dampfenden Becher, dann ließ sie sich aufs Sofa fallen und bemühte sich vergeblich, den Mantel vorne wieder zu schließen.
    »Meine Nikki ist in der Schule«, ächzte sie.
    »Falls Sie wegen ihr gekommen sind.«
    »Ja. Eigentlich wollte ich zu ihr, und ich war bereits in der Schule. Sie ist heute nicht dort erschienen.« Mrs. Arnold starrte Helen über den Rand ihres Bechers hinweg an. Um ihre Augen haftete noch die verschmierte Schminke des Vortags.
    »Sie ist heute Morgen zur Schule gegangen! Ich hab sie gehört. Sie hat noch ›Tschüs, Mum‹ gerufen!«
    »Aber sie ist nicht in der Schule gewesen. Und ich habe dort erfahren, dass es nichts Ungewöhnliches ist, wenn sie schwänzt.«
    »Meine Tochter schwänzt die Schule?« Mrs. Arnold paffte ungläubig an ihrer Zigarette und starrte Helen an.
    »Das hat man mir noch nie gesagt!«
    »Die Schule hat Sie bereits zweimal diesbezüglich angeschrieben, Mrs. Arnold. Man hat Sie gebeten, sich wegen Nikki mit den Lehrern in Verbindung zu setzen.« Mrs. Arnold warf einen zweifelnden Blick auf den Stapel Post hinter einer Steingut-Eule auf dem Wandregal.
    »Könnte in dem Stapel da untergegangen sein. Ich hab noch nicht alles gelesen.«
    »Sie wissen nicht zufällig, wohin Nikki gegangen sein könnte?«
    »Ich dachte, sie ist in der Schule«, antwortete Mrs. Arnold einfach.
    »Sind Sie ganz sicher, dass sie nicht da ist?«
    »Ich denke, Mrs. Arnold«, sagte Helen,
    »es gibt noch einige andere Dinge, die Ihre Tochter Ihnen vorenthält.« Sie berichtete, was sie wusste, und wartete auf eine Reaktion. Diese kam in Form einer Reihe farbenfroher Flüche, denen Mrs. Arnold schließlich entschieden hinzufügte:
    »Ich glaube das einfach nicht! Diese Lynne Wills, vielleicht. Aber nicht meine Nikki, sie reißt doch keine Männer in Pubs auf? Ganz bestimmt nicht! Sie ist nicht so dumm! Hören Sie …« Sie verengte die mit Maskara verschmierten Augen zu Schlitzen.
    »Haben Sie Beweise für das, was Sie da sagen?«
    »Wir haben eine Reihe starker Verdachtsmomente, wie es im Polizeijargon heißt. Ich denke, Sie sollten mit Ihrer Tochter reden. Und lassen Sie sich nicht mit Ausflüchten abspeisen.« Mrs. Arnolds Streitlust wandelte sich in rührseliges Selbstmitleid. Sie blinzelte unter Tränen und verschmierte ihre Schminke noch mehr.
    »Es ist nicht leicht, so ein Kind ganz alleine aufzuziehen, wissen Sie?«
    »Das ist mir bewusst.« Helen bemühte sich, verständnisvoll zu klingen. Sie mochte Mrs. Arnold. Das Leben der armen Frau war ohne jeden Zweifel von Anfang bis Ende eine einzige Katastrophe, mit Nikki als einzigem Lichtblick in einem Meer aus Dunkelheit.
    »Ich hab mein Bestes getan! Ich hab ihr ein wunderschönes Zuhause gegeben!« Sie deutete auf das Chaos ringsum. Es strahlte tatsächlich eine gewisse Gemütlichkeit aus.
    »Sie sagen, Nikkis Vater hätte Sie beide verlassen? Zahlt er denn wenigstens Unterhalt für Nikki, oder hat er je welchen gezahlt? Das Gesetz über Väter, die sich der Unterhaltspflicht entziehen, wurde nämlich verschärft, und wir könnten ihn suchen und zum

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