Ein sicheres Haus
an
… ich habe mir gedacht, ob wir uns vielleicht auf einen Drink treffen könnten. Da ist etwas, worüber ich mit Ihnen reden möchte … Nein, abends kann ich nicht. Wie wär’s mit mittags?
Gut … Ist das das Lokal am Marktplatz? … Abgemacht, wir sehen uns dort.«
Ich legte den Hörer auf.
»Dumm, dumm, dumm«, sagte ich tröstend zu mir selbst.
33. KAPITEL
Ein Finanzfachmann in einem Anzug mit eigenartigem Revers versuchte, mir den philosophischen Unterschied zwischen einem Krankenhausbett als Objekt der Buchhaltung und einem Krankenhausbett als physikalischem Gegenstand zu erklären, in dem ein Patient liegen kann, und als ich das halbwegs begriffen hatte, merkte ich, daß es spät geworden war. Ich versuchte, Chris Angeloglou anzurufen, aber er war nicht da. Eine weitere Besprechung wickelte ich telefonisch ab und noch eine, während ich durch die Gänge des Krankenhauses eilte. Ich beendete sie schnell und lief zu meinem Wagen. Ich hielt unterwegs an, um ein Rezept für Elsie abzuholen (als gäbe es eine Medizin, die Schlafmangel in Verbindung mit chronischer Ungezogenheit heilen kann), kurvte dann auf dem Parkplatz im Zentrum von Stamford herum und mußte lange hinter Leuten warten, die sich in winzige Parklücken quetschten, obwohl in einiger Entfernung größere Plätze frei waren.
Als ich endlich in das Queen Anne stürmte, war ich fast eine halbe Stunde zu spät. Ich entdeckte Chris sofort in der hinteren Ecke. Als ich näher kam, sah ich, daß er aus Streichhölzern ein kompliziertes Bauwerk errichtet hatte. Entschuldigungen murmelnd, ließ ich mich auf einen Stuhl sinken, und natürlich stürzte das Streichholzgebilde ein. Ich bestand darauf, uns etwas zu trinken zu holen, und ohne nach seinen Wünschen zu fragen, ging ich zur Bar und bestellte hysterisch zwei große Gin Tonic, Chips in allen vorrätigen Geschmacksrichtungen und eine Packung geröstete Speckkrusten.
»Ich trinke nicht«, sagte Chris.
»Ich eigentlich auch nicht, aber ich dachte, dieses eine Mal
…«
»Ich meine, ich trinke wirklich nicht.«
»Was sind Sie, Moslem oder so?«
»Alkoholiker.«
»Wirklich?«
»Ja, wirklich.«
»Gut. Soll ich Ihnen ein Mineralwasser holen?«
»Das hier ist mein drittes.«
»Es tut mir wahnsinnig leid, Chris. Ich weiß, wieviel Sie zu tun haben. Ich bin aufgehalten worden und habe versucht, Sie anzurufen, aber Sie waren nicht mehr im Büro. Und jetzt rede ich zuviel.«
Einen Augenblick schwiegen wir, und ich versuchte abzuschätzen, wie ärgerlich Chris war. Er nahm einen Schluck von seinem Wasser und lächelte mich mitfühlend an.
»Sie sehen besser aus, Sam«, sagte er.
»Besser als was?«
»Wir haben uns Sorgen um Sie gemacht. Und wir hatten auch Schuldgefühle.«
»Eigentlich gab es keinen Grund zur Sorge. Mein Bad im Meer hat mir nicht mal eine Erkältung eingebracht.«
Er zündete sich eine Zigarette an.
»Stört es Sie?« Ich schüttelte den Kopf. »Daran hatte ich nicht gedacht«, fuhr er fort.
»An was hatten Sie denn gedacht?«
»Es war schwierig für Sie, in mehrfacher Hinsicht. Sie haben uns leid getan.«
»Für andere Leute war es schlimmer.«
»Sie meinen die Mordopfer?« Angeloglou lachte so, als koste es ihn einige Anstrengung. »Ja. Na ja, das ist jetzt alles Vergangenheit. Dieser neue Job wird Sie ablenken. Wir suchen nach diesem Kendall-Mädchen. Sie haben es sicher im Fernsehen gesehen.«
Ich schüttelte den Kopf.
»Ich sehe nicht fern.«
»Sollten Sie aber. Es gibt gute Sendungen. Amerikanische Programme hauptsächlich …«
Angeloglou verstummte, und seine Augen wurden schmal. Er sah mich fragend an und lächelte, um mir Gelegenheit zu geben, ihm zu sagen, warum ich ihn hatte treffen wollen.
»Chris, wie sieht Ihre Version der Geschehnisse aus?«
Sein Interesse schien nachzulassen. Er hatte ein hübsches Gesicht, dunkel, mit vorstehenden Wangenknochen und einem starken Kinn, über das er manchmal mit den Fingern strich. Er war zu ordentlich für mich. Zu adrett. Er hatte wohl erwartet, daß ich ihm gestand, ich hätte ihn immer schon gern näher kennengelernt, mich aber zurückgehalten, solange der Fall noch lief. Aber wie wäre es demnächst mit einem gemeinsamen Essen; dann würde man ja sehen, was passierte. Schließlich war ich eine berufstätige Frau und eine dieser Feministinnen und hatte komische Haare, was alles zusammen vermutlich bedeutete, daß ich auf sexuelle Abenteuer aus war. Und jetzt stellte sich heraus, daß ich noch immer
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