Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Ein sinnlicher Schuft

Ein sinnlicher Schuft

Titel: Ein sinnlicher Schuft Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Celeste Bradley
Vom Netzwerk:
Landschaft betrachtete, erneut einen Blick zu. Richtiger gesagt schielte er auf ihren Busen, der sich zum Rhythmus der ruckelnden Kutsche leicht auf und ab bewegte. Oder registrierte, wie Meldodys kleine Faust sich manchmal in den Ausschnitt ihres einfachen Kleides krallte und das Dekolleté für einen kurzen Augenblick verführerisch zur Seite zog.
    Obschon der Anblick ihrer Figur äußerst kurzweilig war, ruhte sein Blick auch hin und wieder auf ihrem Gesicht. Diese Augen, groß und grau mit langen, dichten Wimpern, die so gar nicht…
    Seine Betrachtungen wurden jäh unterbrochen, als er sah, wie ihre blassen Wangen sich grünlich verfärbten. Kränklich grün.
    Colin zügelte das Pferd mitten auf der Straße und riss Melody von Miss Filbys Schoß. »Los, runter!«
    Pru kletterte über Evan hinweg aus der Kutsche, taumelte zum grasbewachsenen Straßenrand, ließ sich dort auf die Knie fallen und würgte. Doch nichts kam heraus, denn ihr Magen war leer, und zwar seit eineinhalb Tagen.
    Nur für Evan war ein wenig zu essen übrig gewesen, trockenes Brot und ein altes Stück Käse. Sie selbst musste hungrig ins Theater gehen, weil Chantal sie nicht bezahlt hatte. Diese verfluchte Chantal.
    Pru würgte erneut, ergab sich hilflos den Wellen des Schwindels und der Übelkeit, die von ihrem Hunger und ihrer Angst und dem Schwanken der Kutsche hervorgerufen worden waren, als sie eine Hand auf ihrer Schulter fühlte, die sie unbeholfen tätschelte. Armer Evan. Sie musste sich zusammennehmen, bevor er ihretwegen noch Angst bekam.
    Ihr Körper rebellierte erneut.
    Meine Güte, Pru, sei nicht so ein Schwächling!
    »Teufel noch mal«, sagte Evan bestürzt.
    »Teufel noch mal«, echote eine Kleinkinderstimme.
    »Du sollst nicht ›Teufel noch mal‹ sagen, Melody«, tadelte Mr Lambert sie, doch es klang, als sei es ihm diesmal nicht so wichtig.
    »Hab ich auch nicht. Das war Gordy Anne.«
    Ein Taschentuch erschien vor Prus tränenden Augen. Sie nahm es mit zittrigen Fingern, richtete sich ein wenig auf und hockte sich auf die Fersen. Sie war lange genug im Unkraut herumgekrochen! Sie durfte Mr Lambert keinen Anlass geben zu glauben, es sei ein Fehler gewesen, sie einzustellen. Nachdem sie sich die Augen abgetupft und den Mund vorsichtig abgewischt hatte, schaute sie in drei besorgte Gesichter und zwang sich zu einem Lächeln.
    »Tut mir echt leid, Chef. Ist schon ’ne Weile her, dass ich was anderes als meine Füße benutzt hab.«
    Mr Lambert schaute aus leicht zusammengekniffenen Augen auf sie herab. »Sie sind krank. Glauben Sie wirklich, dass es nur am schlechten Zustand der Straße liegt?«
    »Klar.« Sie bemühte sich um einen unbekümmerten Tonfall. »Echt, ein Schluck Wasser und mir geht’s wieder prima.«
    Er schien beruhigt, bis sie den Fehler beging, aufstehen zu wollen. Als der helle Tag um sie herum sich in einen dichten grauen Nebel verwandelte, spürte sie, wie sich starke Arme um sie legten und hochhoben und sie an einer breiten Brust zu ruhen kam, als wöge sie nicht mehr als die kleine Melody.
    Sie fühlte sich so geschwächt, dass sie gar nicht anders konnte, als die Wange an seine seidene Weste zu schmiegen. Es tat so gut, sich einmal auszuruhen und, auch wenn es nur für einen kurzen Moment war, die Verantwortung auf einen anderen abzuwälzen.
    Erleichtert, die Zügel aus der Hand geben zu dürfen, verlor sie das Bewusstsein.

Fünftes Kapitel
    D er mürrische Wirt des Gasthofs, den Colin ein Stückchen weiter die Straße hinunter fand, schien nichts dabei zu finden, dass ein Gentleman mit einem bewusstlosen Dienstmädchen auf den Armen durch seine Tür stürmte und ein Zimmer verlangte. Wenn Colin etwas Zeit für andere Gedanken gehabt hätte, würde er sich vielleicht gefragt haben, was der Mann so alles zu sehen bekam. Doch seine ganze Sorge galt Miss Filby, die er schleunigst in ein Bett packen wollte.
    Evan war keine Hilfe. Der Junge schwankte zwischen hilfloser Angst und aggressivem Widerstand. Als eine der Töchter des Gastwirts Pru das Kleid ausziehen wollte, verlangte er, Colin müsse das Zimmer verlassen, begnügte sich aber schließlich damit, dass er sich umdrehte und zum Fenster hinausschaute.
    Später wurde eine Brühe gebracht, die man der Kranken einzuflößen versuchte, doch sie wurde nie richtig wach. Inzwischen waren Melody und Evan gemeinsam auf einer Polsterbank vor dem Kamin eingeschlafen, und so setzte Colin sich im Schein der glühenden Kohlen auf die Bettkante und zog die

Weitere Kostenlose Bücher