Ein Sixpack zum Verlieben (German Edition)
gestaltet sich für ihn nämlich mehr als schwierig, einerseits den Straßenverkehr im Auge zu behalten und andererseits die elegante, schöne Kundin mit dem aufregenden Dekolleté auf dem Rücksitz zu beobachten.
Laura hat längst seine Augen im Rückspiel registriert, die ihm fast aus dem Kopf zu treten scheinen. Es ist ihr unangenehm, und deshalb ist sie froh, als ihr Handy klingelt. Wie gut, dass es überhaupt in die kleine Abendtasche passt, die ihr die Verkäuferin des roten Kleides aufgeschwatzt hat. Aber soll sie wirklich den Anruf entgegennehmen? Wenn es Manfred ist, der womöglich die Geschichte von der Harley weiß und ihr Vorwürfe machen will? Laura hat keine Lust, sich jetzt den Abend verderben zu lassen. Nach anfänglichen Skrupeln, ob ihr der Kabarettabend überhaupt gefallen könnte, freut sie sich jetzt richtig auf die Show. Das Handy steckt im Täschchen fest, und fast bricht Lauras Fingernagel ab. Schließlich kann sie einen flüchtigen Blick auf das Display werfen, der jedoch nicht ausreicht, um den Gesprächspartner zu identifizieren. Der Taxifahrer ist so fasziniert von ihrem Anblick, dass er glatt eine rote Ampel überfährt und scharf bremsen muss, als ein Auto von rechts in die Quere kommt. Das ist offensichtlich schon bei Gelb losgefahren. Das Handy rutscht aus Lauras Hand unter den Vordersitz und gibt keinen Ton mehr von sich.
„Verdammter Mist!“, flucht sie und vergisst die Etikette. „Können Sie nicht aufpassen?“, schreit sie den Taxifahrer an. „Jetzt weiß ich nicht, wer angerufen hat.“
„Nicht meine Schuld. Anderes Auto schuld! Du mir glauben!“
„Ich dir nix glauben!“, entgegnet Laura. Der Kerl nervt sie mit seinen stieren, widerlich gierigen Blicken, und sie ist erleichtert, als er endlich vor dem Theater anhält.
„Macht zwanzig Euro, bitte, schöne Frau!“
„Wie viel?“ Laura glaubt, falsch gehört zu haben. „Für die kurze Fahrt soll ich zwanzig Euro zahlen? Das hat mich heute die gesamte Stadtrundfahrt gekostet.“ Natürlich ist das Taxifahren in Großstädten immer teurer als auf dem Land, das weiß auch sie. Irgendetwas an diesem Kerl bringt sie einfach auf die Palme. Ehe sich der Taxityp versieht, hat Laura ihr Handy unter dem Vordersitz zurückgefischt, einen Zwanzigeuroschein nach vorne geworfen und ist in der Menge der anderen Showbesucher untergetaucht. Der Mann murmelt etwas in seiner Landessprache hinter ihr her, was sie aber nicht mehr versteht, zum Glück, denn es ist wenig schmeichelhaft.
Die Entscheidung für die High Heels erweist sich als fataler Fehler. Laura trägt sehr selten Stöckelschuhe und ist es daher nicht mehr gewohnt, auf so hohen Absätzen zu stolzieren, und der Riemen quetscht ihre Blase wie befürchtet an der Ferse. Am liebsten würde sie die Dinger ausziehen und sich ihrer im nächsten Mülleimer entledigen. Aber sie wagt es nicht, den restlichen Abend barfüßig zu verbringen.
Endlich hat sich Laura bis zur Abendkasse vorgearbeitet, was im Hinblick auf die Menschenmassen, die sich im Foyer tummeln, gar nicht so einfach ist.
„Es sind zwei Karten für Kerstin Fischer hinterlegt“, lässt sie die Kassiererin wissen.
„Einen Moment bitte!“ Die schon in die Jahre gekommene Frau sucht in einem Karteikasten nach dem angegebenen Namen und dreht sich dann wieder Laura zu.
„Tut mir leid, aber es gibt keine Kartenreservierung für Fischer.“ Schon will sich die Kassiererin dem Mann hinter Laura zuwenden.
„Und für Baumgartner?“
Die Frau beginnt erneut zu suchen: „Auch nicht!“
So schnell ist Laura nicht gewillt, auf ihren Geburtstagsabend zu verzichten. „Dann kaufe ich eben eine Karte.“
„Die Vorstellung ist schon seit Langem ausverkauft. Lassen Sie mich jetzt weiterarbeiten und machen Sie bitte Platz für den nächsten Kunden!“
Laura muss sich eingestehen, dass mit diesem Drachen jenseits der Scheibe nicht gut Kirschen essen ist. Sie gibt auf und will enttäuscht gehen, als der Mann hinter ihr ebenfalls beiseite tritt und den Nächsten vorlässt.
„Entschuldigen Sie! Ich habe die Diskussion gerade unfreiwillig mitbekommen. Sie können meine Karte haben, wenn Sie mögen!“
Laura blickt in das freundlich lächelnde Gesicht eines etwa sechzigjährigen Mannes: „Ja, aber wollen Sie denn nicht selbst zur Show?“
„Ich? Gott bewahre!“ Er bekommt einen Lachanfall, den Laura nicht zu deuten weiß. „Das ist doch nur was für Frauen. Meine Tochter wollte unbedingt hierher, aber sie ist leider
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