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Ein skandalöses Geheimnis: Roman (German Edition)

Ein skandalöses Geheimnis: Roman (German Edition)

Titel: Ein skandalöses Geheimnis: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gayle Callen
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Heiratsmarkt als nicht mehr vermittelbar galt. Altes Eisen hatte er sie tituliert. Das war gemein, wie er zugeben musste, doch sie hatte es ungerührt hingenommen.
    Seine Lippen verzogen sich zu einem leichten Lächeln. Niemand hier außer ihm ahnte, dass die Nächte in ihren Armen vielleicht so manches Opfer lohnten. Falls sie das Aktmodell war und der Künstler nicht übertrieben hatte … Leo erging sich in Erinnerungen an die im Schatten schimmernde Schönheit mit den seidigen Brüsten und der dunklen Scham zwischen den leicht gespreizten Beinen. Ein Mann würde viel tun, um so eine Frau jede Nacht in seinem Bett zu haben. Er rutschte unruhig auf seinem Stuhl herum und fragte sich, warum das Gemälde solch einen großen Reiz auf ihn ausübte. Schließlich sah er nicht zum ersten Mal einen Akt – allerdings zuvor nie einen mit einer Dame der Gesellschaft als Modell.
    Er zuckte zusammen und schaute in die Runde. Die verwitwete Mrs Norton saß geziert neben dem verwitweten Mr Johnson. Keiner von beiden sprach, doch sie warf dem Mann gelegentlich einen scheuen Blick zu. Zum Glück hatte sie ihn nicht angeschaut, dachte Leo. Wer weiß, welcher Ausdruck auf seinem Gesicht gelegen haben mochte, als er an das Bild dachte.
    Er hatte sogar schon mit einem Aktmodell geschlafen, aber sie war nicht annähernd ihrem Porträt gerecht geworden. Bei Susanna würde es mit großer Wahrscheinlichkeit ähnlich sein. Kunst schuf Ideale – keine normale Frau konnte diesen Anspruch erfüllen.
    »Guten Morgen, Mr Wade.«
    Er stand auf, als Mrs Randolph den Raum betrat. Sie trug einen schlichten Rock und derbe Stiefel, wollte also folglich einen Spaziergang unternehmen.
    »Guten Morgen, Mrs Randolph. Wie ich sehe, hat der Regen aufgehört.«
    »Das perfekte Wetter für einen ausgedehnten Marsch. Vielleicht treffe ich ja Miss Leland wie gestern schon.«
    Leo nickte nur und versuchte desinteressiert zu wirken. Er setzte sich wieder, während sie ihren Teller füllte und ihm gegenüber Platz nahm.
    »Wie geht es Ihrem Bruder, Mr Wade? Was für eine Tragödie, sein Augenlicht durch einen Sturz vom Pferd zu verlieren. Das könnte leicht vielen von uns passieren, doch nur wenige würden das so bewundernswert durchstehen wie der Viscount.«
    »Ja, er hat sich auf die neue Situation erstaunlich gut eingestellt, Mrs Randolph. Simon war nie einer, der sich vor seinen Pflichten gedrückt hätte. Kaum vom Krankenlager aufgestanden machte er sich wieder an die Arbeit, verwaltete seine Ländereien und dazu die meiner Großmutter.«
    »Es muss schwierig für Sie sein, ständig an Ihrem Bruder gemessen zu werden«, meinte Mrs Randolph voller Mitgefühl.
    Leo grinste boshaft. »Was für eine Schande, dass er mich ertragen muss.« Sie fiel in sein Lachen ein, aber während sie aß, sah sie ihn mehrmals nachdenklich an.
    Er beschloss, Susanna am Vormittag in Ruhe zu lassen und stattdessen mit den anderen Männern angeln zu gehen. Sollte sie doch glauben, sie könne ihm ausweichen. Er ließ einfach vorübergehend die Leine etwas lockerer, um sie am Nachmittag wieder anzuziehen. Er genoss bereits die Vorfreude.
    Am frühen Nachmittag gesellten er und die anderen Männer sich zu den Damen, die zu einer Hügelkuppe spaziert waren, die einen prächtigen Ausblick bot. In der Ferne konnte man die Überreste einer Burg erkennen, deren Türme allein dem Wechsel der Zeiten getrotzt hatten und jetzt einsam in den Himmel ragten. Zum Schutz vor der Sonne hatte man Pavillons aufgestellt, in denen auch der Lunch eingenommen werden sollte.
    Auf Tischen türmten sich Obst und Käse neben Flaschen voller Apfelwein, Bier und Limonade. Leo stärkte sich erst ein wenig, ehe er gemächlich zu den Damen schlenderte, die es sich auf ausgebreiteten Decken bequem gemacht hatten, angeregt plauderten oder kleine Skizzen anfertigten. Susanna saß ganz am Rand einer Gruppe, die zeichnete. Er merkte, dass irgendetwas an ihr anders war. Sie hatte ihre Haube abgenommen und bot ihr Gesicht ungeschützt der Sonne dar. Das Haar war in dem ihr eigenen strengen Stil frisiert, doch der Wind hatte ein paar Locken aus dem Knoten gelöst, die ihre Ohren umspielten. Oder war das natürlich wirkende Arrangement etwa Absicht? Während er darüber nachdachte, entdeckte er den zarten Schwung ihrer Schlüsselbeine, die sie sonst unter einem hochgeschlossenen Kleid versteckte. Eine für ihre Verhältnisse fast schon gewagte Zurschaustellung von Haut. Er ertappte sich dabei, dass er sie anstarrte, und

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