Ein skandalöses Geheimnis: Roman (German Edition)
wirklich ganz einfach und geht zurück auf die Zeit, als wir dachten, mein Bruder sei tot. Bestimmt haben Sie von der Geschichte gehört?«
»Das habe ich«, bestätigte er.
»Nun, das war damals eine Tragödie für die ganze Familie, und besonders wir drei Mädchen rückten dadurch noch enger zusammen. Und irgendwann schworen wir uns dann, immer zueinanderzustehen. Was immer kommen möge.«
»Und deshalb haben wir es jetzt mit drei Aktmodellen zu tun, obwohl nur eine es gewesen sein kann«, sagte er langsam.
»Verwirrend, ich weiß.«
»Wirklich schade, dass ich mich nicht mehr erinnere, wer von Ihnen es als Erstes behauptet hat.«
»Sie waren betrunken an dem Abend. Die anderen auch, doch Sie haben die Geschichte mit der Wette aufgebracht. Mich wundert nur, dass Sie sich überhaupt an etwas erinnern.«
Er lachte, ohne einen Kommentar abzugeben.
»So. Jetzt sind Sie an der Reihe. Wie haben Sie Lord Parkhurst und Peter Derby kennengelernt?«
»Ach ja, Peter«, wiederholte er. »Der ist Ihnen ja sehr vertraut, weil er in der Nähe von Madingley Court aufgewachsen ist. Eine Kinderfreundschaft sozusagen. Allerdings wusste ich nicht, dass sie noch immer besteht. Oder warum sonst benutzen Sie seinen Vornamen?«
Susanna errötete. »Nun, das tue ich nicht generell. Das ist mir nur so herausgerutscht. Überdies habe ich ihn die letzten Jahre kaum gesehen. Aber Sie wollten mir eigentlich etwas erzählen …«
Er lächelte. »Schön, lassen wir Ihnen weiter Ihre kleinen Geheimnisse. Ich will fair sein und Ihre Fragen beantworten. Mit Julian bin ich zur Schule gegangen, bis sein Vater ihn herunternahm, weil er nicht mehr das Schulgeld bezahlen konnte.«
»Ich erinnere mich, etwas Derartiges gehört zu haben«, murmelte sie stirnrunzelnd. »Lord Parkhurst hat den Besitz und das Familienvermögen aus eigener Kraft wieder hochgebracht.«
»Das hat er.«
Der Stolz, der in seiner Stimme mitschwang, zeigte ihr, dass Leo Wade seinen Freund sehr schätzte.
»Wie haben Sie dann später Kontakt gehalten?«
»Ich lud ihn meist in den Ferien zu mir nach Hause ein.«
Trotz der schlichten Worte nahm Susanna an, dass der junge Parkhurst dem Freund bestimmt dankbar gewesen war, denn mit Sicherheit hatten andere aus seinen Kreisen ihn fallen lassen, als der Familie das Geld ausging und sie sich ein standesgemäßes Leben nicht mehr leisten konnte. Sie entdeckte Seiten an Leo Wade, die sie bei ihm nie vermutet hätte.
»Und was ist mit Peter?«, fragte sie. »Ich erinnere mich nicht, dass Sie ihn in Cambridgeshire besucht hätten.«
»Nein, wir sind noch nicht so lange befreundet. Wir haben uns über Julian kennengelernt. Julian gab Peter zunächst im Club Tipps, in das Eisenbahngeschäft zu investieren, und mit der Zeit wurde daraus eine Freundschaft. Peter ist ihm dankbar, weil er sich auf diese Weise ein schönes finanzielles Polster verschaffen konnte. Nicht alle wissen das. Manche denken immer noch, er sei der bedauernswerte zweite Sohn eines wenig begüterten Squire.«
»Wie schön für Peter. Und Sie, folgen Sie dem Beispiel Ihrer Freunde?«
Er grinste. »Was scheren mich persönlich Investitionen bei der Eisenbahn? Ich habe jemanden, der alle Geschäfte für mich erledigt.«
So war das also. Wieder eine überraschende Entdeckung. Susanna hatte eher gedacht, dass Leo Wade zu jenen gehörte, die ihre Apanage leichtfertig durchbrachten. London war voll davon, und zumeist handelte es sich um die nachgeborenen Söhne, die frei von jeder Verantwortung waren und den Halt verloren. Aber sich lobend über seine Umsicht zu äußern, das würde zu weit gehen.
»Wie gut, dass Sie immer wieder Leute finden, die mit Ihnen auskommen«, stichelte sie.
»Oh, viele Geschäftsleute schätzen meine Gegenwart, wissen Sie. Weil ich alle Frauen kenne. Die interessantesten zumindest.«
Als sie errötete, lachte er. »Respektable Frauen natürlich. Sie haben hoffentlich nichts anderes gedacht.«
»Wollen Sie wissen, was ich über Sie denke, Mr Wade?«
Er erhob sich und stand jetzt in seiner ganzen imponierenden Größe vor ihr. Er wirkte viel zu energisch und entschlossen für einen trägen Nichtsnutz, den sie in ihm sah. Wieder verspürte sie das unheimliche, verräterische Kribbeln.
Er sah sie mit einem schiefen Grinsen an. »Ich weiß immerhin, was Sie über meinen Kuss denken«, murmelte er.
»Dass ich vor Ihren Avancen nicht schnell genug flüchten konnte?« Sie legte den Kopf zur Seite und musterte ihn.
»Reden Sie sich das
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