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Ein skandalöses Geheimnis: Roman (German Edition)

Ein skandalöses Geheimnis: Roman (German Edition)

Titel: Ein skandalöses Geheimnis: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gayle Callen
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spürte, wie sie von einem seltsamen Gefühl erfasst wurde. Sie sahen so aufmerksam aus, so konzentriert. Weder stellte Leo normalerweise diesen Gesichtsausdruck zur Schau noch Mr Tyler. Bei ihm konnte sie sich höchstens vorstellen, dass er so aussah, wenn er etwas unter seinem Mikroskop betrachtete.
    War es möglich, dass es hierbei um sie ging?
    Vielleicht maß sie dem Ganzen auch viel zu viel Bedeutung bei, und es hatte nichts mit ihr zu tun, war bloß ein derber Spaß unter Männern. Sie erinnerte sich, wie Leo mit seinen Fechtkünsten geprahlt und damit andere herausgefordert hatte. Und Tyler hoffte vielleicht, nach seinem Sieg im Bogenschießen einen neuen Triumph für sich verbuchen zu können.
    Trotzdem wäre es ihr lieber, sie täten es für sie. Schließlich hatte sie sich vorgenommen, ihre Rolle als Mauerblümchen abzulegen.
    Um ihre Aufregung zu verbergen, griff sie nach ihrem Skizzenblock, den sie fast immer und überall bei sich trug. Irgendwie war er wie ein Halt für sie, verlieh ihr Selbstvertrauen. Wenn sie zeichnete, war sie in ihrem Metier, fühlte sich sicher. Wieder spähte sie über den Rand des Sofas. Leo und Tyler standen da mit gekreuzten Degen und musterten einander durchdringend. Während Leo zu grinsen begann, blieb sein Kontrahent ausgesprochen ernst.
    Und dann stieß Leo mit blitzschnellen Schlägen vor, die Tyler zwar parierte, doch dabei Schritt um Schritt zurückwich. Susanna stöhnte unterdrückt, die Zuschauer brachten offen ihre Zustimmung zum Ausdruck. Leo Wade beherrschte offenbar auch anderes als das Kartenspielen meisterlich.
    Als Nächstes ging Tyler zum Angriff über, führte seine Klinge mit mehr Entschlossenheit als zuvor. Doch als er tief auf Leo zielte, sprang dieser anmutig hoch – der Stoß ging ins Leere, und Tyler verlor vorübergehend das Gleichgewicht. Ein Vorteil, den Leo nicht für sich nutzte.
    Tyler richtete sich auf. »Gut gemacht,Wade.«
    Jetzt griff Leo wieder an. Mehrere Minuten lang vergaß Susanna zu atmen, während sie seine schnellen Reaktionen und seine Anmut bewunderte. Zwischendurch riss er sich noch das Hemd vom Leib, und zum zweiten Mal seit dem Morgen am Fluss sah sie seinen entblößten Oberkörper, der ebenso Kraft und Energie wie Lebenslust bezeugte. Sie sah, wie die Muskeln sich anspannten und die Adern in der Hitze des Gefechts hervortraten.
    Der Anblick seines im schwachen Kerzenschein schimmernden Körpers rief auch andere Gefühle in ihr wach. Sie stand völlig in seinem Bann. Um sich abzulenken, begann sie zu zeichnen. Ihr Stift huschte immer schneller übers Papier, nur gelegentlich schaute sie auf. Malte aus der Erinnerung heraus, aus dem Herzen und ließ ihre Empfindungen in die Skizze einfließen.
    Wie von Ferne nahm sie Beifall wahr und registrierte, dass Leo zum Gewinner erklärt wurde. Es bedeutete ihr nichts, zumindest nicht im Moment. Sie war gefesselt von ihrer Arbeit und von dem, was sie da zu Papier brachte. Die beiden anderen Duelle bekam sie kaum mit. Nur Leos Stimme nahm sie gelegentlich wahr, wenn er knappe Anweisungen erteilte. Sie fühlte sich dabei an sich selbst erinnert – an die präzise Art ihrer Instruktionen während der Malstunden.
    Jetzt betrachtete sie ihre Zeichnung. Auf dem Papier erwachte sein Körper mit vorgestrecktem Degen zum Leben, den linken Arm hinter den Rücken gelegt, das Haar schweißnass. Sie konnte nicht aufhören, wollte nicht aufhören – zum Glück waren die Kerzen auf dem Tisch neben ihr noch nicht erloschen. Sie bemerkte nicht, dass es immer stiller wurde und bald nichts mehr zu hören war außer dem leisen Kratzen ihres Stiftes. Ihre Knie und ihr Rücken schmerzten mittlerweile durch die verkrampfte Haltung hinter dem Sofa, doch sie ignorierte es.
    Und dann schob sich ein Schatten zwischen sie und die Kerzen. Sie schaute auf und sah Leo über sich stehen. Eine Hand in die Hüfte gestemmt, in der anderen den Degen stand er da mit glänzendem, nacktem Oberkörper.
    »Ich habe gewartet, bis alle gegangen sind«, erklärte er leise. »Ich habe dich schon vor einer ganzen Weile bemerkt und wusste, dass es nur einen Grund geben kann, warum du hier bist.«
    Außerstande, auch nur ein Wort hervorzubringen, deutete sie auf ihr Skizzenbuch.
    »Und wieder hast du mich ohne Gesicht gezeichnet.«
    Sie fuhr sich mit der Zunge über die Lippen. »Ich … bin noch nicht fertig.«
    Mit dem Fuß schob er das Sofa weiter nach vorne, packte ihre Schultern und zog sie hoch, wobei das Skizzenbuch zu Boden

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