Ein skandalöses Geheimnis: Roman (German Edition)
hergekommen.«
»Zumindest nicht ganz umsonst, denn allein zu sehen, wo du aufgewachsen bist, lohnt die Reise. Deine Abstammung ist wirklich beeindruckend. Lauter Dukes.«
»Nur vonseiten meiner Mutter. Kennst du eigentlich meinen Cousin, den gegenwärtigen Titelträger?«
»Ich hatte noch nicht das Vergnügen, aber Peter hat viel von ihm erzählt.«
»Er hat seine wilden Zeiten hinter sich, was allerdings eine geraume Zeit dauerte. Jetzt gibt er sich sehr pflichtbewusst.« Nachdenklich schaute Susanna aus dem Fenster.
»Im Gegensatz zu mir«, meinte Leo trocken.
Sie warf ihm einen schnellen Blick zu. »Du weißt, dass ich das nicht damit sagen wollte.« Und das war wirklich nicht ihre Absicht. Schon gar nicht jetzt, wo sie genug eigene Sorgen hatte. »Wir sind gleich da«, fügte sie hinzu. »Und so langsam bekomme ich das Gefühl, dass ich als Einzige nervös bin.«
»Dafür gibt es gar keinen Grund. Du bist eine ehrbare Ehefrau, und damit hat es sich. Bleib einfach bei der Version von einer unsterblichen Liebesgeschichte. Was mich betrifft, werde ich deinem Vater ganz offen begegnen und mir auch alle Bedenken oder Einwände anhören.«
Susanna drückte kurz seine Hand, und dann hatten sie auch schon das Tor passiert und fuhren in den Hof ein. Dienstboten kamen herbeigeeilt, um die Reisetruhen abzuladen, und als ein Lakai mit Perücke den Kutschschlag öffnete, hauchte sie überflüssigerweise: »Wir sind da.«
Am Ende der großen Treppe angekommen erwartete sie die mollige Haushälterin, und entgegen aller Etikette fiel Susanna ihr um den Hals.
»Wie schön, dass Sie wieder da sind, Miss Susanna«, sagte Mrs Townsend und bekam sogleich große Augen, als sie Leo bemerkte.
Jetzt war sie vollends nervös und begann zu stottern. »Mrs Townsend, äh, das ist …, äh, Mr Wade.« Es wäre nicht richtig, Leo als ihren Ehemann vorzustellen, ehe ihre Eltern ihn nicht kennengelernt hatten.
Er grüßte mit einem Nicken und blinzelte Susanna zustimmend an, als hätte er ihre Gedanken gelesen.
»Sind meine Eltern da, Mrs Townsend?«
»Seit gestern, Miss. Es gab wohl einige Aufregung in London, wodurch sich ihre Heimkehr verzögerte.«
»Was denn?«, fragte Susanna mit gepresster Stimme.
»Das sollen sie Ihnen selbst erzählen«, meinte die gemütliche Frau. »Sie sind im Salon und werden in Kürze ein kleines Abendessen zu sich nehmen.«
Leo hielt sich dicht neben Susanna, als Mrs Townsend sie durch die marmorne Eingangshalle an Wandnischen vorbeiführte, in denen Statuen standen. »Beruhige dich, Mrs Wade«, raunte er ihr ins Ohr.
»Wenn einer von deinen Freunden nun etwas Dummes gemacht hat?«
»Sie sprach von Aufregung und nicht von einer Katastrophe.«
Susanna gab zwar zu, dass sie völlig ohne Grund in Panik geriet, konnte aber nichts dagegen tun. Außerdem war es keine kleine Sache, den Eltern erklären zu müssen, dass sie durchgebrannt war und in Gretna Green geheiratet hatte. Zumindest nicht bei Eltern, die sonst immer über alles informiert worden waren. Vielleicht hatten sie ja schon davon gehört. Oder sogar von der peinlichen Situation erfahren, in der Leo und sie ertappt wurden. Als ob ihre Nervosität nicht reichte, wurde ihr auch noch übel.
Mrs Townsend öffnete die Flügeltüren zum Salon und meldete sie und Leo an. Die drolligen Putten, die in den Aufsatz des riesigen Kamins geschnitzt waren, schienen sie auszulachen. Doch als sie ihre Eltern sah, das Lächeln auf ihren Gesichtern, die ausgebreiteten Arme, da fühlte sie sich gleich viel besser. Sie stürmte auf sie zu und wurde von beiden gleichzeitig umarmt. Leo erkannte, dass Susanna ihre Haarfarbe dem Vater verdankte, allerdings war bei Professor Leland das Braun mittlerweile von silbernen Fäden durchzogen und wie gewöhnlich zerzaust. Sie lächelte zu ihm auf, als er sie auf die Wange küsste – fühlte sich ihm so nahe, als könnte nie etwas zwischen sie treten.
Außer vielleicht ein peinlicher Schwiegersohn.
Was würde Lady Rose sagen? Die Mutter hatte immer Susannas Desinteresse am männlichen Geschlecht beklagt und wollte die Tochter gut verheiratet wissen, aber ob diese Verbindung ihren Erwartungen entsprach?
Susanna spürte, wie ihre Mutter sich versteifte, und bekam mit, dass beide Eltern über sie hinweg zur Tür schauten, wo wartend Leo stand. Gleich würde sie ihr Urteil hören. Oder ihre Verurteilung. Sie rechnete fest damit, dass sie Leo als nicht passend für sie empfanden. Nur: Was konnten sie tun, nachdem
Weitere Kostenlose Bücher