Ein skandalöses Rendezvous (German Edition)
Stockwerke erhoben sich unter dem steilen Dach, und die schlichte Fassade wurde nur von sorgsam proportionierten Fenstern verziert.
Da kein Stallknecht erschien, um sein Pferd in Empfang zu nehmen, knüpfte Sebastian die Zügel an einen Pfahl. Die Zeitspanne, die nach seinem Anklopfen an der Haustür verging, ließ ihn vermuten, dass hier nur wenige Angestellte arbeiteten, obwohl das Anwesen auf einen gewissen Reichtum hindeutete.
Irgendwann wurde die Tür schließlich geöffnet. Eine sehr dürre Haushälterin mittleren Alters starrte ihn unter ihrer gekräuselten Haube hinweg an. Sie las seine Karte und starrte erneut. Ihr Blick verweilte auf der Holzkiste unter seinem Arm.
»Man sagte mir, dass Miss Kelmsleigh hier wohnt«, sagte er. »Ich bin gekommen, um ihr etwas zurückzubringen, was sie verloren hat.«
Ein hübsches blondes Mädchen tauchte hinter der Haushälterin auf. Sie las die Karte ebenfalls. »Ich kümmere mich darum, Mrs Hill.«
Die ältere Frau rauschte davon. Das blonde Mädchen bat ihn herein. »Sie sollten mit Mrs Joyes sprechen«, sagte sie. »Ihr gehört dieses Haus. Sie ist im Gewächshaus. Ich werde Sie dorthin bringen.«
Sie führte ihn durch das Haus. Sie kamen an einer Bibliothek mit hübschen Bänden und vielen bequemen Sesseln vorbei. Ein zweites Wohnzimmer nahm den hinteren Teil des Hauses ein. Durch eines der Fenster konnte er ein Gewächshaus sehen.
Das Gewächshaus war etwa zwanzig Meter vom Hauptgebäude entfernt und viel größer als für Landhäuser üblich, es sei denn, es handelte sich um sehr große Anwesen. Die obere Hälfte der Wände bestand aus einem Mosaik aus rechteckigen Glasscheiben, die in Eisen eingefasst waren.
Der Eingang befand sich am Ende eines Ganges, der vom Wohnzimmer dorthin führte. Seine Führerin öffnete eine Tür, und er wurde von warmer Feuchtigkeit eingehüllt. Er sah nach oben. Auch die Hälfte des Steildaches bestand aus kleinen Glasplatten.
»Warten Sie bitte hier.« Sie verschwand hinter einer großen eingetopften Palme. Ein paar Augenblicke später kehrte sie zurück und winkte ihm zu. Dann wies sie ihm die Richtung, in der er Mrs Joyes finden würde, und verabschiedete sich.
Mrs Joyes arbeitete an einem Tisch, auf dem eine Reihe mit Erde gefüllter Blumentöpfe stand. Die gleiche Erde beschmutzte ihre Schürze, Hände und ihre Haube. Als er näher kam, wischte sie sich mit einem Lappen den gröbsten Dreck ab.
Sie hatte ein wunderschönes Gesicht: sehr blass, absolut perfekte Züge, dunkelgraue Augen. Sie besaß eine natürliche Eleganz, die sogar die Art beeinflusste, wie sie stand. Wenn er sie zum ersten Mal gesehen hätte, wäre er sprachlos gewesen. Aber dies war nicht das erste Mal. Dessen war er sich sicher.
»Lord Sebastian Summerhays, welche Ehre. Wir haben nicht oft solch illustre Gäste. Suchen Sie nach einer speziellen Blume für eine Auserwählte? Wir haben äußerst seltene Pelargonien aus eigener Kreuzung, die immer besonders geschätzt werden.«
»Ich suche nach einer Dame, die hier angeblich wohnen soll. Miss Kelmsleigh.« Er nickte in Richtung der Kiste, die er unter dem Arm trug. »Ich muss ihr etwas wiedergeben.«
»Miss Kelmsleigh ist nicht zu Hause. Ich rechne in Kürze mit ihrer Rückkehr, wenn Sie warten möchten. Oder Sie lassen die Kiste bei mir.«
Nun, darauf lief es also hinaus. Er konnte die Kiste hinstellen und einfach davongehen. Es gab keinen Grund, Mrs Joyes zu misstrauen. Sie würde sie Miss Kelmsleigh übergeben, wenn diese zurückkehrte. Wenn er darauf bestand, dass sie nicht geöffnet werden durfte, würde sie ihre Neugier höchstwahrscheinlich zügeln.
»Wenn Sie sie in Kürze zurückerwarten, würde ich ihr die Kiste lieber persönlich übergeben.«
»Dann werde ich Ihnen Bescheid geben lassen, sobald sie wieder da ist.« Sie drehte ihren Kopf. »Lizzie, würdest du … Wo ist sie denn hin? Sie war doch gerade noch da, bevor Celia Sie herbrachte. Sie hat sogar Ihre Karte gelesen … « Sie schnalzte mit der Zunge und wirkte verärgert. »Bitte warten Sie hier, Lord Sebastian, während ich die anderen persönlich bitte, Miss Kelmsleigh zu uns zu schicken.«
Sie ließ ihn inmitten des Grüns zurück. Die Luft war mit einem saftigen Geruch erfüllt, der in seiner feuchten Dichte ein wenig von allem in sich trug. Zitrus und Rosen sowie der Duft von frisch geschnittenem Gras. Man konnte sich an solch einem Parfüm regelrecht berauschen. Er pikste in die Erde in einem der Blumentöpfe, an denen Mrs
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