Ein skandalöses Rendezvous (German Edition)
erzählen, die erklärt, warum selbst ich nicht alles weiß. Als ich in dieses Haus kam, hatte ich ein Dienstmädchen. Dann stellte ich ein zweites ein. Diese neue Angestellte kam nicht hier aus der Gegend und ich wusste nichts über sie. Sie kam mir ehrlich vor, aber sehr schüchtern, also nahm ich mich ihrer an. Sie wurde wie eine Schwester für mich. Man könnte sagen, dass sie der Grund dafür war, warum es Rarest Blooms überhaupt gibt. Das Gewächshaus, das Sie hier sehen, ist zu einem großen Teil ihrem Gartenbauwissen und dem, was sie mich darüber gelehrt hat, zu verdanken. Außerdem habe ich durch die Freundschaft mit dieser warmherzigen Frau gelernt, dass eine Frau ohne Familie nicht allein sein muss.«
»Es war gütig von Ihnen, sie aufzunehmen, und Sie haben beide davon profitiert. Doch eine gute Erfahrung bedeutet nicht, dass alle dem gleichen Pfad folgen werden.«
»Lassen Sie mich weitererzählen, Sir. Sie freundete sich ebenfalls mit der anderen Angestellten an und gestand ihr eines Tages, was ich bereits wusste. Das sie vor einem Ehemann davongelaufen war, der sie schlug. Sie enthüllte ihren richtigen Namen. Die andere Frau konnte es nicht für sich behalten. Sie wollte nichts Böses, aber das Geheimnis war gelüftet. Der brutale Ehemann kam her und zerrte sie fort, was ihm per Gesetz auch zustand.« Ihr Gesichtsausdruck wurde verschlossen. »Ich werde niemals den Schrecken in ihrem Blick vergessen. Und ich konnte nichts tun, um ihr zu helfen.«
Sie holte tief Luft und schluckte die Emotionen hinunter, die sich in ihre Stimme geschlichen hatten. »Er schlug sie, zweimal, direkt vor meinen Augen. Mit seiner Faust gegen ihr Gesicht. Sie blutete und … Jedenfalls respektiere ich es inzwischen, wenn eine meiner Schwestern nicht über ihre Vergangenheit sprechen möchte, Lord Sebastian, und das Gleiche erwartete ich von den anderen Frauen hier.«
Auf eine solche Geschichte gab es nichts zu erwidern. Doch es bestärkte ihn in seiner Überzeugung, dass sich die Ungewissheit in diesem Haushalt als gefährlich herausstellen konnte. »Ich hoffe, dass Ihre Güte und Großzügigkeit stets auf gleiche Weise bezahlt werden, Mrs Joyes.«
»Ich denke, es wird der Tag kommen, an dem das nicht so sein wird. Doch bis jetzt hat mich mein Urteilsvermögen geschützt.« Sie sah an ihm vorbei zum Gewächshaus. »Da kommt Audrianna. Sie sieht so aus, als würde sie gleich in Tränen ausbrechen. Ich muss zu Celia, um sie zu trösten. Ich werde den Kummer Ihrer Frau Ihnen überlassen, Lord Sebastian.«
Sebastians Zeit wurde bald von Regierungsgeschäften und dem Beginn der Parlamentssitzungen vereinnahmt. Audriannas Tage waren damit gefüllt, den Verpflichtungen eines zunehmend fordernden Gesellschaftslebens nachzukommen.
Sie begann, Besucher zu empfangen. Sie wählte dafür die Dienstagnachmittage, da sie wusste, Lady Wittonbury würde um diese Zeit das Haus verlassen. Sie empfing neugierige und grausame Gäste, freundliche und habgierige. Es gab mehr von ihnen, als sie erwartet hatte. Viel zu viele Leute machten sich vor, sie könnten über Lord Sebastians Frau einen Nutzen für ihre Familie erwirken.
Die Besucher waren meist Frauen, aber bei einigen handelte es sich auch um Männer. Die Ersteren konnten sehr geradeheraus sein, aber Letztere hofften, sie durch Schmeichelei und Zeit für sich zu gewinnen. Sie fragte sich, was Sebastian davon halten würde, sollte er jemals einige der poetischen Komplimente hören, die ihr während dieser Besuche gemacht wurden.
Andererseits fand er es vielleicht gar nicht seltsam. Vielleicht besuchte er ja, während er fort war, die Ehefrau eines Lords oder Parlamentsmitglieds und gab seine eigenen Schmeicheleien zum Besten, um einen seiner politischen Anträge durchzubekommen.
Zwei Wochen nach ihrem Besuch in Airymont brachte Audrianna ein Buch mit in die Bibliothek, wo sie nebst den Visitenkarten ihre Besucher erwartete. Die Straßen draußen waren voll mit Kutschen und Planwagen. Der jährliche Strom der besten Familien nach London hatte mit Wucht begonnen.
Sie zog einen Brief aus ihrem Buch. Celia hatte geschrieben. Sie waren übereingekommen, diese Kommunikation aufrechtzuerhalten, genau wie Audriannas Besuche. Sie betrachtete die vertraute Handschrift, in der die Adresse geschrieben war, und dachte an das Treffen, bei dem sie Celia gefragt hatte, ob Lady Ferris’ Geschichte stimmte.
Celia hatte keine Verlegenheit gezeigt und keine Scham. Das war eine Erleichterung
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