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Ein Sommer und ein Tag

Ein Sommer und ein Tag

Titel: Ein Sommer und ein Tag Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Allison Winn Scotch
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die Gästeliste gleiten. «Es tut mir leid, aber Sie stehen nicht auf unserer Liste. Ich muss mit meiner Schwester sprechen, ob ich Sie einlassen kann.» Ich zucke entschuldigend mit den Achseln. «Im Augenblick schmeißt sie hier den Laden. Ich hoffe, Sie sind mir nicht böse.»
    «Ich bin nicht deswegen hier», entgegnet sie, kramt in ihrer Tasche herum, angelt ein kleines Aufnahmegerät heraus und schaltet es ohne zu fragen ein. «Lässt du uns bitte einen Augenblick allein, Anderson?»
    «Nein», sagt er. «Sicherlich nicht.» Sie presst die Zähne zusammen. Der Blick, den sie ihm zuwirft, lässt keinen Zweifel daran, dass sie ihm am liebsten eine reinhauen würde.
    «Paige ist die Reporterin von Seite sechs. Wir kennen uns schon eine ganze Weile», klärt er mich auf.
    «Ach! Hören Sie, Paige, ich bin durchaus offen für Gespräche mit der Presse, falls Sie mir persönliche Fragen stellen wollen», wende ich mich ihr zu, «aber jetzt eröffnen wir gerade die Ausstellung unserer Künstlerin, und ich habe die Leute von American Profiles hier. Sie haben bis zur Ausstrahlung das Exklusivrecht. Außerdem» – und an dieser Stelle lache ich, ein übertriebenes Glucksen, ha ha , von dem ich glaube, dass es zu einem Mädchen mit Baskenmütze passen würde – «seid ihr in den letzten Wochen zu Anderson nicht gerade nett gewesen. Es besteht da eine gewisse Loyalität …»
    «Sie missverstehen mich schon wieder», sagt sie und hält mir ihr Aufnahmegerät noch dichter unter die Nase, so wie es die Reporter im Film immer machen.
    «Nell!», schreit Rory von hinten, gefolgt von einem splitternden Krachen, und als ich mich umdrehe, fliegen die Scherben einer unserer mundgeblasenen Glasvasen kreuz und quer durch den Raum.
    «Ach du meine Güte!», seufze ich. «Seien Sie mir bitte nicht böse, Paige, der Zeitpunkt ist wirklich schlecht. Versuchen Sie es in ein paar Wochen noch mal. Dann findet sich sicher ein Augenblick für ein gemeinsames Gespräch.»
    Ich schiebe mich an Peter vorbei, der die Scherben mit der Schuhsohle zusammenschiebt, und eile nach hinten ins Büro, um in unserem Vorratsschrank einen Besen zu suchen. Mit leeren Händen komme ich wieder, nehme die Trittleiter aus dem Schrank und steige hinauf zum obersten Regalbrett. Ich weiß, dass ich irgendwo einen Handstaubsauger gesehen habe. Blind tasten meine Finger sich nach hinten durch, finden etwas, das sich nach Hochglanzmagazinen anfühlt, aber keinen Staubsauger. Meine Finger tasten seitlich weiter, bis sie auf etwas Kleines, Metallenes, Scharfkantiges stoßen. Ich drehe das Handgelenk, um es hinunterzuschieben: Es sind Schlüssel. Drei, um genau zu sein. Ich steige von der Trittleiter und sehe genauer hin. Es handelt sich um drei identische Schlüssel an einem Ring – ein offensichtlich unbenutzter Satz.
    «He!», rufe ich auf dem Weg nach vorne zu Rory. Sie hört mich nicht gleich, weil die Musik zu laut ist. Ich gehe zu ihr. «Wo gehören die hin?» Sie kniet mit Schaufel und Besen auf dem Boden und sieht zu mir hoch.
    «Hilfst du mir jetzt oder nicht?», fährt sie mich an. «Wir haben noch fünf Minuten Zeit, bis offiziell die Gäste kommen, und Hope ist immer noch nicht da! Kannst du wenigstens bei ihr anrufen?»
    «Beruhig dich wieder. Ja, ich rufe sie an. Gehören diese Schlüssel dir?»
    Sie steht auf, atmet tief durch und wischt sich mit einer unbewussten Geste die Hände an der Hose ab. Zurück bleiben zwei feine Staubstreifen. Ich überlege kurz, ob ich sie darauf aufmerksam machen soll, aber das wäre wahrscheinlich zu unser beider Nachteil, also lasse ich es sein.
    Rory greift nach dem Schlüsselbund und betrachtet ihn. «Nein. Noch nie gesehen. Okay? Und jetzt ruf bitte Hope an. Ihre Nummer klebt auf dem Schreibtisch. Danach geh auf deinen Posten zurück.» Sie sieht zur Tür, wo Anderson gerade nachdenklich seine Schuhsohle betrachtet, stößt einen höchst dramatischen Seufzer aus und macht sich wieder daran, die Scherben zusammenzukehren.
    Ich schließe die Hand um den Schlüsselbund. Die scharf gezackten Bärte graben sich mir ins Fleisch. Ich habe das Gefühl, dass diese Schlüssel wichtig sind, dass sie eine besondere Rolle spielen. Ich schleiche mich zurück ins Büro, setze mich an den Schreibtisch, versuche, meinen Gedanken freien Lauf zu lassen, frei zu assoziieren, so wie Liv es mir sicher raten würde. Was für ein Klischee, dass ausgerechnet ein Schlüssel etwas in mir aufschließen soll, aber ich spüre intuitiv, dass ich

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