Ein Sommer unwahrscheinlichen Gluecks
Funkenregen vergesse ich, was mir gerade widerfährt, und schreie Ooh und Aah.
Aber danach ist es wieder still. Ich seufze und höre Lass dir Zeit. Hab Vertrauen . Vielleicht sind der Gott des 4. Juli und
meine Italienstimme ein und dasselbe. Ich atme tief und denke an alles, was ich je in Bezug auf Gott geglaubt, gewusst und angestrebt habe. Die Ruhe, die mich danach überkommt, hat so gar nichts Explosives.
Dann meine ich, ihn die Auffahrt heraufkommen zu hören, und auf einmal will ich ihn gar nicht hier haben. Ich will die Heldin sein. Ich möchte sie auf das Feld jenseits der Straße zum großen Feuerwerk fahren. Sie mit Decken aufs Dach des Trucks schicken. Ich möchte diesen Abend für meine Kinder gestalten. Und ich möchte das Lob dafür erhalten.
Aber ich sorge mich umsonst. Blinder Alarm.
Wir erleben unseren patriotischen Moment auf dem Feld. Meine Kinder auf dem Autodach. Ich dagegen gelehnt. So versuche ich den Frieden von vorhin wiederzuerlangen, allerdings mit wenig Erfolg, vor allem angesichts des herzergreifenden Feuerwerks. Bewusst versuche ich, das andere, größere Feuerwerk zu ignorieren, das weiter unten im Tal stattfindet – dort, wo jedes Jahr die große Party steigt, zu der er die Eisskulptur geliefert hat. Dort, wo er jetzt mit größter Wahrscheinlichkeit steht und Oh und Ah macht. Ich frage mich, wie er das überhaupt aushalten kann, in dem Wissen, dass seine Kinder in diesem Moment ohne ihn sein müssen. Sie, und ich auch.
Zuhause krabbeln wir sofort zusammen ins Bett – in das große Bett meines Sohnes. »So was, Dad hat wirklich den 4. Juli verpasst«, sagt er traurig.
Das ist nicht alles, was er verpassen wird , denke ich.
Vielleicht ist er ja irgendwo da draußen und denkt sich gerade: Sie freuen sich für mich, weil ich mein Glück gewählt habe. Meine Wahrheit. Dies ist ein gutes Beispiel.
Ja, genau.
Ich bleibe bei ihnen, bis sie eingeschlafen sind. Dann sperre ich die Türen ab. Wenn er zu Hause ist, sperre ich niemals
ab. Wir leben schließlich auf dem Land. Aber jetzt fühle ich mich so sicherer, und immerhin bin ich jetzt hier die einzige Erziehungsberechtigte. Ich bin für die Kinder verantwortlich. Dann wird mir klar, dass wir gar keine Schlüssel haben. Und ich möchte ihm ja nicht das Gefühl geben, dass ich ihn ausgesperrt hätte. Das entspricht nicht meiner Strategie. Also muss ich mich entscheiden: unsere Sicherheit oder seine Gefühle.
Es gibt unendlich viele Möglichkeiten, seinen Zorn zu erregen.
Ich komme zu dem Schluss, dass er schon einen Weg finden wird, hereinzukommen, wenn er das wirklich möchte. Daher lasse ich im Erdgeschoss ein paar Fenster offen, für den Fall, dass er unsere Gefühle tatsächlich über seine eigenen stellen sollte.
Hab Vertrauen. Geh schlafen.
Genau das mache ich jetzt.
Als ich aufwache, höre ich lautes Schnarchen und gehe in das Zimmer meines Sohnes. Dort schläft mein Mann neben den Kindern.
Er schläft bis elf. Wieder einmal. Aber wir wollen ja nicht Partei ergreifen, erinnern Sie sich? Wir versuchen wirklich, neutral zu bleiben, Sie und ich. Trotzdem nagt es an uns. Es reizt uns. Aber wir geben, verdammt noch mal, alles, um nicht zu leiden. Nicht nach dem gestrigen Tag.
Ich gehe nach unten und mache Frühstück. Kaffee für einen, nicht zwei. Frisch gebackene Semmeln und Speck und Brombeeren. Für drei, nicht vier, nein, drei. Na gut, vielleicht für vier.
Er kommt herunter, geht wortlos an mir vorbei und setzt sich zu meiner Tochter auf die Couch.
»Das war echt mies von dir«, sagt mein Sohn zu ihm.
»Ich weiß. Tut mir leid. Ich weiß, dass es dafür keine Entschuldigung gibt«, sagt er und schaut auch den Disneyfilm,
den die beiden sich gerade ansehen. Es geht irgendwie um einen Sohn, der seinen Vater verlässt, weil der ihn belogen hat … und darum, dass sein Vater sich endlich besinnt und sich auf den Weg in den Dschungel macht, um ihn zu suchen. Der Film heißt Tierisch Wild . Ich schaue auch zu und hoffe, dass er dafür sorgt, dass mein Mann sich endlich besinnt.
»Erzähl uns von der Party«, sagt meine Tochter, die einen rührenden Versuch unternimmt, ihm eine Brücke zu bauen.
Er berichtet ihnen genau darüber. »Es war, als wäre Rummel in der Stadt. Ein Riesenrad und ein Karussell und eine Achterbahn – alle Attraktionen, die es auch auf einem Rummel gibt. Und dann war da auch noch diese berühmte Pop-Band. Die, die du auch auf deinem iPod hast. Und dann gab es bergeweise die größten und
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