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Ein Sommer unwahrscheinlichen Gluecks

Ein Sommer unwahrscheinlichen Gluecks

Titel: Ein Sommer unwahrscheinlichen Gluecks Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Laura Mundson
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Nicht viel Make-up zu tragen und mir über Enthaarung oder perfekte Bauchmuskeln kaum Gedanken zu machen. Doch das ist gar nicht leicht. Es fällt mir schwer, nicht ein bisschen Tamtam zu machen. Geht es denn nicht eigentlich darum? Ist das Leben denn kein Spiel? Ein Spiel mit dem Leben?
    Wollen wir mal sehen, was diese Woche passiert. Wir haben uns zu einem weiteren Gespräch verpflichtet. Am nächsten Tag ist sein Geburtstag. Ich finde, ich sollte ihm etwas Bedeutsames schenken. Aber mir fällt nichts ein. Ich habe ihm schon so viel gegeben. Und wenn ich mir ansehe, wie er sich verhält, dann bezweifle ich, ob irgendwas davon je bei ihm angekommen ist.
    Mit zwei Ausnahmen: unsere beiden Kinder. Als er aus seinem Bürofenster auf den Skiberg starrte und seine Selbstverpflichtungen aufzählte, da konnte ich die Vaterschaft in seinen Augen sehen. Seine Vaterschaft ist so ziemlich das einzige noch funktionierende Element auf dem geborstenen Schiff. Sie macht den Mann aus, von dem ich weiß, dass er irgendwo in ihm noch existiert. Das ist kein Druckmittel, keine Bedrohung. Sondern das Einzige, was ihm auf der ganzen Welt im Moment noch wichtig ist. In diesem Moment. Und für den Moment will ich das gutheißen. Wie soll er mich lieben können, wenn er sich selbst hasst? Die Tatsache, dass er seine Kinder noch liebt, beweist mir, dass er sich vielleicht doch noch nicht so weit entfernt hat. Vielleicht war der 4. Juli der Tiefpunkt. Vielleicht wird er sich aus der Hölle herauskämpfen.
    Dann fällt mir ein gutes Geschenk ein. Gerade rechtzeitig trifft der Scheck für einen Zeitschriftenartikel, den ich geschrieben
habe, ein. So bekommt er einen Dreihundert-Dollar-Gutschein für Helikopter-Flugstunden. Und einen Hubschrauber mit Fernsteuerung. Und eine Karte mit einem Typen drauf, der einen Helikopter steuert und dabei glücklich aussieht. Ich schreibe hinein: »Flieg los und finde ein Zuhause im Himmel.« Und dann wage ich noch hinzuzufügen: »Zwei Ballons.«
    An diesem Abend machen die Kinder ein Foto von uns. Am Seeufer, wo wir eine kleine Geburtstagsfeier für ihn vorbereitet haben. Er und ich lächeln ungekünstelt. Weil wir auf unsere Kinder blicken.
    Doch wie rasch schöpft das Herz Hoffnung und stürzt dann in Verzweiflung.
    »Ich gehe noch mal weg«, sagt er, nachdem wir die Kinder zu Bett gebracht haben. »Ich treffe einen Typen in der Stadt, der mir ein interessantes geschäftliches Angebot gemacht hat.«
    Ich möchte ihm schon sagen, dass ich ihm vertraue. Aber ich muss mir eingestehen, dass mein Vertrauen nicht vollkommen ist. Das mit dem Zweifel einhergehende Leid lässt sich am schwersten abwehren.
    Ich folge ihm bis zur Tür. Ich kann nicht anders. Mit ruhiger Stimme sage ich: »Bitte komm nicht so spät nach Hause.«
    »Die Familie ist es wert«, hat eine Freundin mir geraten, immer im Hinterkopf zu behalten.
    »Mach ich«, sagt er, aber seine Stimme klingt genervt. »Und danke noch mal für den Gutschein.«
    Er kommt nach Hause. Um zwei Uhr morgens höre ich ihn durchs Haus schlurfen. Dann erschallt von der Veranda ein bierseliges Schnarchen. Offenbar feiert der Typ mit dem Geschäftsangebot gern.
    Ich muss daran glauben, dass unsere kleine Familie das durchstehen wird. Ich muss an diese beiden Eltern glauben, die am Seeufer gelächelt haben.

    Dieser Abend ist ein weiterer Schritt beim Umsetzen meiner Strategie. Man kann im Augenblick leben, und man kann etwas Gutes hervorbringen, und zwar unabhängig vom Ergebnis … weil man etwas lieben kann, das außerhalb von einem selbst liegt. Und wenn dem so ist, dann muss der Pfeil dieser Liebe schließlich von irgendwoher kommen. Und wenn man achtgibt, dann kann man ihn bis zu seinem Ausgangspunkt zurückverfolgen. Zu einem selbst.
    Vielleicht kann er durch die Liebe zu unseren Kindern auch die Liebe zu sich selbst wiederfinden. Und vielleicht entdeckt er danach auch wieder die Liebe zu mir. Ich werde jedenfalls so leben, als sei das bereits geschehen.

Unwahrscheinliches Glück
    Mitte Juli.

    In diesem Sommer ist von der Musik beim Zahnarzt über die Zeichentrickfilme, die meine Kinder sich ansehen, bis hin zu den Talkshows im Radio alles bedeutungsvoll an mich gerichtet. Mir war früher nie bewusst, dass es fast überall um die Angst vor Liebesverlust, um die verlorene Liebe selbst oder um den fortdauernden Schmerz aufgrund von – ganz recht – verlorener Liebe geht.
    Um darüber nicht den Verstand zu verlieren, frage ich mich wieder und wieder: Welche

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