Ein Spiel, das die Götter sich leisten
sehen konnte. Aber ich stellte mir vor, daß meine Mutter mich gezwungen hätte, ins Dampfbad zu gehen und meine kleinen Brüste den anderen Frauen zu präsentieren. Manchmal stellte ich mich auch so hin, als würde ich für ein Foto posieren, und malte mir aus, daß meine Mutter diese Aktaufnahmen für viel Geld verkaufte. Ich glaube, ich weiß, wie du dich mit deiner Cousine gefühlt hast, die großen, heftigen Gefühle vermischen sich immer, du wirst bloßgestellt und bist gleichzeitig stolz, du schwankst zwischen Macht und Hilflosigkeit.
Jetzt sah ich Oriana in einem Dampfbad für Aktfotos posieren, ich erinnerte mich an die Dampfbäder in der Türkei, in denen ich gewesen war, und dann fiel mir der Satz ein, der mich so erregt hatte, daß ich ihn nicht vergessen konnte.
– Als ich elf oder zwölf war, habe ich mal mit meinen Eltern einen Sultanspalast besichtigt. In einem großen Innenhof mit schönem Garten und einem Schwimmbecken erklärte mir meine Mutter: Hier sind die Frauen des Sultans geschwommen. Und nach einer kleinen Pause fügte sie hinzu: Natürlich nackt. Ich weiß nicht, warum sie glaubte, das sagen zu müssen. Ich fand es so aufregend, mir vorzustellen, ich wäre der Sultan und würde dasitzen und diesen nackten Frauen beim Schwimmen zusehen. Wenigstens einmal wollte ich ausgiebig eine nackte Frau betrachten. Ich glaube, das war in demselben Sommer, als meine Tante vergessen hatte, die Badezimmertür abzuschließen. Ich ging rein und sah, daß sie sich schon bis auf ein weißes Unterhemd ausgezogen hatte. Sie drehte sich zu mir um, und wir standen vielleicht eine Sekunde so da. Ihr schwarzer Busch kam mir bedrohlich vor, so dicht und vorstehend. Sie stieß einen kleinen Schrei aus, und ich schloß die Tür und rannte weg. Ich habe lange bedauert, so wenig gesehen zu haben.
Oriana lachte.
– Bäder sind etwas Wundervolles, sagte sie, ich habe mir gerne orientalische Badehäuser vorgestellt, Hamams?
Ich nickte.
Ein Hamam, mit Ornamenten an den Wänden und Rundbögen, versteckten Nischen, Kuppeln mit kleinen Fenstern, Dampf, nassen, fast durchsichtigen Badetüchern, lauter halbnackten und nackten Frauen, die klönen und essen und sich entspannen. Es hatte so etwas Ausschweifendes.
– Hat es dich erregt, dir so etwas vorzustellen?
– Nein, das war nichts Sexuelles, es war mehr die überladene Atmosphäre, die mir gefallen hat. Wir hatten ein Buch mit Fotos von verschiedenen Bädern, in dem habe ich oft geblättert. Aber das war wahrscheinlich so, wie du Pirat werden wolltest oder Cowboy.
– Ich wollte nie Pirat werden oder Indianer, vielleicht Bruce Lee, aber im Grunde war immer Borell mein Held. Weißt du, dieser Mann sah so gut aus, so stark, so frei, und ihn gab es wirklich, also konnte ich auch so werden. Er hat manchmal gesungen, wenn er in seinem Hotelzimmer war, französisch, man konnte es bis draußen hören. Ich verstand kaum ein Wort, aber es waren so kraftvolle Lieder. Ich habe Borell nie mit Sex in Verbindung gebracht, nicht mal, als ich wußte, daß das Haus, in das er jeden Tag ging, ein Puff war. Ich habe viel darüber nachgedacht, es gefiel mir nicht, daß er für Sex bezahlte.
Draußen wurde es langsam dunkel, in etwa einer Stunde würden wir da sein. Ich hoffte, daß es nicht wieder so lange dauern würde, ein Hotel zu finden. Solche Gespräche erregten mich. Zumindest die mit Oriana. Ich konnte mich an andere Gespräche über Sex erinnern. Mit Frauen, mit denen ich vorsichtig ein Terrain erkundete, das wir noch nicht oder erst kürzlich betreten hatten. Ein Tasten, Prahlen, Wünschen, jede Menge Koketterie und Stolz. Es hatte mir gefallen, auch solche unschuldigen grammatikalischen Diskussionen, wie es denn nun richtig hieß: Ich ficke dich in den Arsch oder ich ficke dir in den Arsch. Doch das waren bloß Worte, die mich nie aufgeheizt hatten.
Jetzt drückte ich meinen Schwanz durch den Stoff meiner kurzen Hose, mehr eine unbedachte Bewegung als ein Ausdruck von nicht zu zügelnder Gier.
– Nicht mehr lange, flüsterte Oriana mir ins Ohr.
Das fand ich schön, daß sie das nun flüsterte, nachdem wir die ganze Zeit halblaut geredet hatten.
Ich dachte daran, wie wir uns kennengelernt hatten, es schien mir so lange her. Ich hatte am Flughafen auf einen Freund gewartet, der ein halbes Jahr fort gewesen war. Oriana saß auf einer Bank, einen schwarzen alten Lederkoffer neben sich, dessen Ecken mit Metall beschlagen waren. Ihre Haare waren im Nacken zusammengebunden,
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