Ein Stiefel voll Glück - Oskar und Mathilda ; 1
Beweislast ist meines Erachtens noch nicht ausreichend, um Herrn Heinrichen der Tat überführen zu können.«
»Wie bitte?«, keifte Frau Seselfink. »Ich finde, die Beweislast ist erdrückend.« Sie fuchtelte in Richtung Bananenschale. »Fragen Sie mal meinen schönen Rasen.«
»Ihr Rasen tut in dem Fall nichts zur Sache«, sagte der Blondgewellte. »Zumindest wird er uns keine Auskunft geben können.«
»Keine Auskunft?« Frau Seselfink überschlug sich geradezu vor Empörung. »Nichts zur Sache?« Sie schnappte nachLuft und deutete auf die Blumenvase. »Dann heben Sie doch mal das Ding da hoch und machen sich endlich ein Bild von dem Schaden, der mir zugefügt worden ist!«
»Liebe gute Frau, so beruhigen Sie sich doch.« Der Polizist setzte eine verständnisvolle Miene auf und tätschelte Frau Seselfink die Schulter. »Natürlich ist uns allen hier klar, welch gravierender Schaden Ihnen durch diese beiden Attentate auf Ihren Besitz zugefügt worden ist.«
»Meine Begonien nicht zu vergessen«, meldete sich Barbara von Dommel zu Wort.
Mathilda schloss die Augen. Am liebsten hätte sie sich auch noch die Finger in die Ohren gesteckt, aber leider benötigte sie die, um sich im Mauerwerk festzukrallen.
»Die haben doch einen Schuss«, meinte Oskar nüchtern.
»Wem sagst du das«, erwiderte Mathilda. Sie wusste wirklich nicht, wen sie peinlicher fand: Frau Seselfink oder ihre Mutter.
»Niemand vergisst Ihre Begonien, werte Dame«, meldete sich nun der andere Polizeibeamte zu Wort. »Unser Problem besteht im Moment darin, dass es keine eindeutigen Hinweise auf den Täter gibt. Herr Heinrichen verhält sich zwar außerordentlich verdächtig, indem er uns den Zutritt auf sein Grundstück verweigert. Aber dieses Verhalten kann leider nur als Indiz gewertet werden. Diese abscheulichen Anschläge könnte genauso gut auch seine mysteriöse Untermieterin begangen haben.«
Oskar rutschte fast von der Komposterwand. Wenn die Angelegenheit nicht viel zu ernst gewesen wäre, hätte er jetzt lauthals losgelacht. Seine Mutter und mysteriös! Ha! Da fielen ja reihenweise die Hühner von der Stange!
»Oder jemand völlig anderer«, murmelte Mathilda. »Aber da kommen diese Torfköpfe von Polizisten natürlich nicht drauf. Schließlich haben sie es hier mit lauter
ehrenwerten
Leuten zu tun.«
Angespannt blickte sie auf die Menschenansammlung. Auch denen, die sich nicht äußerten, triefte die Empörung über die Gräueltaten, denen Opa Heinrichens Nachbargärten zum Opfer gefallen waren, aus allen Poren.
»Der Täter oder die Täterin müsste einen Hinweis hinterlassen, der eindeutig auf ihn oder sie deutet, habe ich recht?«, fragte Herr zu Blaublut.
Der Blondgewellte zuckte mit den Schultern. »Das wäre sozusagen ideal«, bestätigte er. »Denn damit wäre er quasi überführt.«
Mathilda hatte genug gehört. Mit einem Satz sprang sie ins Gras hinunter.
»Los, komm, Oskar«, zischte sie. »Jetzt ist unser ganzer Einsatz gefragt.«
»Was hast du denn vor?«, wisperte er und ging zuerst in die Hocke, bevor er sich zu Boden gleiten ließ.
»Na, was wohl? Nachtwache halten natürlich«, sagte Mathilda.
»Wie meinst du das?«
»Dass du und ich heute Nacht kein Auge zumachen werden, weil nämlich tatsächlich
wir
den Täter schnappen werden«, sagte Mathilda.
»Und wenn er gar nicht kommt?«, erwiderte Oskar.
»Der kommt. Worauf du dich verlassen kannst«, sagte Mathilda. »Der bescheuerte Polizist hat ihm ja eine Anleitung dafür gegeben, wie er weiter vorgehen muss, damit Opa Heinrichen überführt werden kann.«
Oskar nickte. Jetzt kapierte er, was die Freundin meinte. »Oder meine Mutter«, presste er hervor.
»Glaub ich nicht«, sagte Mathilda. »Ich wette, der Täter hat es ganz klar auf Opa Heinrichen abgesehen. Wenn er eingelocht wird …«
Oskar tippte sich an die Stirn. »Wegen einer Bananenschale, einer Pusteblume und ein bisschen Kompost? Das glaube ich nicht!«
»Okay, dann wird er eben für verrückt erklärt und muss in ein Altersheim oder so«, lenkte Mathilda ein. »Oder er wird dazu gezwungen, seinen Garten genauso zu pflegen wie alle anderen. Und dass dann auch keiner mehr in seinem Gartenhaus wohnen darf, liegt ja wohl auf der Hand«, fuhr sie eifrig fort.
Oskar schüttelte den Kopf. »Ist dir eigentlich klar, dass der Täter auch deine Mutter sein könnte?«, fragte er leise.
Mathilda schluckte. Natürlich war ihr das klar.
»Deshalb ist es ja so wahnsinnig wichtig, dass wir ihn
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