Ein stiller Waldteich: Die Erkenntnismeditation von Ajahn Chah (German Edition)
sind. Es besteht keine Notwendigkeit, alle Dharmaworte zu studieren oder alle Regeln zu kennen. Um einen Pfad durch den Wald zu schlagen, brauchst du nicht alle Bäume zu fällen. Das Fällen nur einer Reihe kann dich zur anderen Seite führen.
Der Zweck jeder Praxis ist, dich zur Freiheit zu führen, dich zu dem werden zu lassen, der das Licht zu allen Zeiten kennt. Der einzige Weg, die Tugendübung zu beenden, ist den Geist zu reinigen.
Geh nach links, geh nach rechts
Die Schwierigkeiten der Praxis und die bis ins kleinste gehenden, scheinbar willkürlichen Verhaltensregeln, denen die Mönche zu folgen haben, frustrierten in Wat Pah Pong einen Mönch aus dem Westen. Er begann, andere Mönche wegen ihrer schlampigen Praxis zu kritisieren und die Weisheit von Ajahn Chahs Lehre anzuzweifeln.
Eines Tages hielt er es nicht länger aus, er ging zu Ajahn Chah und beschwerte sich, daß sogar Ajahn Chah selbst inkonsequent sei und sich oft auf eine unerleuchtete Art und Weise zu widersprechen scheine.
Ajahn Chah lachte bloß und wies darauf hin, wie sehr dieser Mönch bei dem Versuch, andere um ihn herum zu beurteilen, litt. Dann erklärte er, daß seine Art zu lehren sehr einfach sei: »Es ist, als ob ich Leute eine Straße daherkommen sehe, die ich gut kenne. Ihnen mag der Weg unklar sein. Ich schaue auf und sehe, wie einer dabei ist, auf der rechten Straßenseite in einen Graben zu fallen, also rufe ich ihm zu: ›Geh nach links, geh nach links!‹ Entsprechend rufe ich, wenn ich eine andere Person sehe, die dabei ist, in den Graben auf der linken Seite zu fallen: ›Geh nach rechts, geh nach rechts!‹
Das ist meine ganze Lehre. In welchem Extrem du dich auch verfängst, wo immer du auch anhaftest, sage ich: ›Laß auch das los.‹ Laß links, laß rechts los. Komm zur Mitte zurück, und du wirst beim wahren Dharma ankommen.«
Heilmittel für Ruhelosigkeit
Es gibt mehrere Wege, um mit Ruhelosigkeit und der Unfähigkeit, sich zu konzentrieren, zu arbeiten:
Nimm sehr wenig Essen zu dir.
Sprich mit niemandem.
Kehre nach der Mahlzeit in deine Hütte zurück, schließe Türen und Fenster, hülle dich in eine Menge Roben ein und sitz, egal, wie du dich fühlst. Auf diese Weise kannst du die Ruhelosigkeit direkt betrachten. Wenn Gefühle auftreten, befrage sie und erkenne, daß sie lediglich Gefühle sind.
Dringst du tiefer in deine Praxis ein, wird es Zeiten großer innerer Spannung geben, gefolgt von befreienden Momenten, in denen du vielleicht sogar weinst. Wenn du dies nicht wenigstens einige Male erfahren hast, hast du noch nicht wirklich praktiziert.
Die ›tiefere Bedeutung‹ einer Rezitation
Jeden Morgen betreten die Mönche nach dem Almosengang den Speisesaal. Sie sitzen in zwei langen Reihen, und nachdem das letzte Essen verteilt worden ist, heben sie die Hände und legen die Handflächen vor der Brust zu einer Geste des Respekts zusammen, während sie die Rezitationen zur Mahlzeit ausführen. Es sind Segnungen in der alten Palisprache, die auf die Zeit des Buddha zurückgehen. Die Laienanhänger, die gekommen sind, um das Essen darzubringen und an der Mahlzeit teilzunehmen, sitzen während der Rezitation der Mönche still dabei. Im Anschluß daran beginnen die Mönche, ihre Mahlzeit in achtsamer Stille zu sich zu nehmen.
Ein Besucher aus dem Westen, neu im Kloster und nicht vertraut mit dessen Traditionen, fragte Ajahn Chah am Ende der Rezitation, warum die Mönche rezitierten: »Liegt eine tiefere Bedeutung in diesem Ritual?« Ajahn Chah lächelte: »Ja, natürlich. Es ist in der Tat sehr wichtig für hungrige Mönche, auf diese Weise vor dem einzigen Mahl des Tages zu rezitieren. Die Rezitation in Pali bedeutet danke schön, vielen Dank.«
Das Dharma der niedrigen Arbeiten
Diese Praxis ist eigentlich nicht so schwierig, obwohl einige sie nicht gerne tun. In den frühen Tagen Wat Pah Pongs gab es weder Strom noch eine große Versammlungshalle, noch einen Speisesaal. Jetzt haben wir dies alles, und wir müssen uns darum kümmern. Annehmlichkeiten verursachen immer Komplikationen.
Jeder von uns hat verschiedene Verantwortlichkeiten im Kloster. Sich um die Hütten und Waschräume zu kümmern ist wichtig. Einfache Dinge wie das Säubern der Halle und das Waschen der Schalen älterer Mönche, das Sauberhalten der Hütten und Toiletten sind wichtig. Was schmutzig ist, angefangen mit dem Körper, sollten wir als solches erkennen und sauberhalten.
Dies ist keine rohe oder niedrige Arbeit; im Gegenteil, du
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