Ein stiller Waldteich: Die Erkenntnismeditation von Ajahn Chah (German Edition)
verschreibt und nicht die Erleuchtung kostet, hat seine Zeit vergeudet. Laien mit Familie, Besitz und entsprechenden Verpflichtungen haben Erleuchtung erlangt. Einer, der ordiniert ist, sollte sicherlich in der Lage sein, dasselbe zu erreichen.
Die Szenerie wechselt, doch der Geist bleibt derselbe
Man sollte meinen, daß die Sorgen um Besitztümer für eine Weile aufhören, wenn man das weltliche Leben aufgegeben und die Roben und Almosenschale eines Waldmönches angenommen hat. Der Mönch ist frei, besitzt er doch nicht länger Auto und Stereoanlage, Bücher und Kleiderschrank. Doch die Bewegung des anhaftenden Geistes gleicht einem schweren Schwungrad, das sich nur unmerklich verlangsamt.
Daher entwickelten einige der neuen Mönche aus dem Westen bald eine Bindung an ihre Roben, die Schale und die Mönchstasche. Sie färbten ihre Gewänder sorgfältig in genau der richtigen Farbe, oder sie schmiedeten Pläne, wie sie in Besitz der neuen, leichten, rostfreien Almosenschalen aus Stahl kommen könnten. Sorge und Sorgfalt um nur zwei oder drei Besitzstücke, an denen man noch anhaftet, kann eine lange Zeit in Anspruch nehmen, wenn man, außer zu meditieren, nichts zu tun hat.
Viele Mönche aus dem Westen, die vor ihrer Ordination Weltreisende gewesen waren, außergewöhnlich frei in ihrer Kleidung und ihrem Lebensstil, fanden die geforderte Hingabe an die Regeln sowie die Konformität des Klosters bald bedrückend und schwierig. Köpfe werden nur auf diese Weise geschoren, Roben werden nur auf eine bestimmte Weise getragen, selbst die Art und Weise des Stehens und Gehens ist vorgeschrieben. Verbeugungen vor älteren Mönchen sollen auf genau diese Weise vollzogen werden, die Almosenschale wird genau so getragen. Sogar mit den besten Absichten kann jemand aus dem Westen diese Hingabe an die Regeln frustrierend finden.
Einer der Mönche aus dem Westen war nicht nur ein Weltenbummler, sondern, wie er sich selbst beschrieb, auch ein ›Kostümhippie‹ mit langen, geflochtenen Haaren gewesen, der Glöckchen, blumig bestickte Umhänge und phantasievolle Hüte liebte. Die klösterliche Gleichförmigkeit wurde für ihn nach nur wenigen Wochen so schwierig, daß er mitten in der Nacht durch einen heftigen Traum geweckt wurde; er hatte darin seine goldgelben Gewänder genommen und sie rot und grün gefärbt sowie Blumen und tibetanische Muster auf seine schwarze Almosenschale gemalt.
Ajahn Chah lachte, als er diese Geschichte am nächsten Morgen hörte. Dann erkundigte er sich danach, was man in Amerika unter Freiheit verstehe. Hatte sie mit Frisur, mit Kleidung zu tun? Als er den Mönch zu seiner Meditation zurückschickte, erinnerte er ihn daran, daß Freiheit vielleicht eine tiefere Bedeutung habe und daß es nun an ihm selbst liege, die Befreiung, die über alle Verhältnisse und Zeiten hinausgeht, zu entdecken.
Die Gier in einer Umgebung der Entsagung und Einfachheit zu erfahren ist eine ganz besonders erhellende Belehrung. Probleme mit Besitzdrang und Verlangen bestehen ziemlich unabhängig von äußeren Umständen – sie schlagen im Herzen Wurzeln und können jede Situation beherrschen, unabhängig von der Anzahl der zur Verfügung stehenden Güter. Bis dies durch und durch verstanden und die Lektion des Verzichts gründlich gelernt ist, wird die neue äußere Form nur zu einer anderen Arena, in der die Gewohnheiten der Habgier auftreten.
Ajahn Chah ist sich sehr wohl im klaren darüber, daß das Waldleben eine machtvolle Wirkung hat, daß es die Probleme, die im Herz-Geist wurzeln, erhellen und zuweilen auch verschlimmern kann. Seine Meisterschaft besteht darin, den Mönchen durch die asketische Disziplin die Möglichkeit zu eröffnen, sich direkt mit den eigenen Problemen auseinanderzusetzen, mit den Problemen von Gier oder Beurteilungen, von Haß oder Unwissenheit. Und seine Lehren verweisen die Mönche immer zurück auf ihren eigenen Geist – auf die Quelle und Wurzel aller Probleme.
Wohin kannst du gehen?
Viele kommen her und lassen sich zu Mönchen ordinieren, doch wenn sie sich hier mit sich selbst konfrontiert sehen, sind sie nicht friedvoll. Dann denken sie daran, die Roben wieder abzulegen und wegzurennen. Doch wo können sie sonst hingehen, um Frieden zu finden?
Wisse, was gut und was schlecht ist, ob du nun auf Reisen bist oder an einem Ort lebst. Du kannst den Frieden nicht auf einem Berg oder in einer Höhle finden; du kannst den Platz aufsuchen, an dem der Buddha Erleuchtung erlangte, ohne der
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