Ein stiller Waldteich: Die Erkenntnismeditation von Ajahn Chah (German Edition)
geben oder es verkaufen. Falls es niemand kauft, versuchst du sogar, es wegzuwerfen. Warum sind wir so? Unser Leben ist unbeständig, fortwährendem Wandel unterworfen. Du mußt dir seine wahren Merkmale anschauen. Verstehst du erst einmal eines dieser Ereignisse, wirst du sie alle verstehen. Sie sind alle von gleicher Natur.
Vielleicht gefällt dir eine bestimmte Form oder ein spezieller Klang nicht. Merke dir das – später magst du es vielleicht, und du findest vielleicht Vergnügen an dem, was dir früher mißfallen hat. Solche Sachen passieren tatsächlich. Wenn du klar erkennst, daß all diese Dinge unbeständig, unbefriedigend und ohne Selbst sind, wirst du sie alle loslassen, und Anhaftung wird nicht wieder entstehen. Wenn du siehst, daß all die verschiedenen Dinge, die zu dir kommen, gleich sind, wird nur noch das Dharma erscheinen.
Bist du einmal in diesen Strom eingetreten und hast Befreiung gekostet, wirst du nicht zurückkehren; wirst du über falsche Handlungen und falsches Verständnis hinausgegangen sein. Der Geist, das Herz, wird sich gewandelt haben, in den Strom eingegangen sein, und er wird nicht mehr zurück ins Leiden fallen können. Wie könnte er auch?
Er hat unangemessene Handlungen aufgegeben, weil er die in ihnen liegende Gefahr sieht, und er kann nicht mehr dazu veranlaßt werden, Falsches mit Körper oder Rede zu tun. Er hat den Weg vollkommen betreten, kennt seine Pflichten, kennt seine Arbeit, kennt den Pfad, kennt seine eigene Natur. Er läßt davon ab, wovon man ablassen sollte, und fährt fort, ohne zu zweifeln.
Alles, was ich bis jetzt gesagt habe, sind lediglich Worte gewesen. Wenn Leute kommen, um mich zu sehen, muß ich etwas sagen. Aber es ist besser, über diese Themen nicht zuviel zu reden. Besser ist es, ohne Verzögerung mit der Praxis zu beginnen. Ich bin wie ein guter Freund, der dich dazu auffordert, irgendwohin zu gehen. Zögere nicht, geh einfach los. Du wirst es nicht bereuen.
Die Blätter werden immer fallen
Alle ein oder zwei Tage müssen das offene Gelände und die Gehwege des Klosters von den Blättern frei gekehrt werden, die in Asien zu jeder Jahreszeit fallen. Für die großen, offenen Bodenflächen tun sich die Mönche zusammen und kehren, mit langstieligen Bambusbesen ausgerüstet, alle Blätter, die in ihrem Weg liegen, wie ein Staubsturm hinweg. Kehren ist so befriedigend.
Unterdessen gibt der Wald weiterhin seine Art der Belehrung. Die Blätter fallen, die Mönche fegen, und doch, während das Fegen noch andauert und ein langer Pfad fast zu Ende gesäubert ist, können die Mönche bis zum fernen Ende dessen zurückblicken, was sie bereits gefegt haben, und die frisch verstreuten Blätter sehen, die bereits dabei sind, ihre Arbeit zu verdecken.
»Unser Leben ist wie der Atem, wie das Wachsen und Fallen der Blätter«, sagt Ajahn Chah. »Wenn wir das Fallen der Blätter wirklich verstehen, können wir die Pfade jeden Tag fegen und in unserem Leben große Freude auf dieser sich wandelnden Erde haben.«
F ÜNFTER T EIL
Lektionen im Wald
Das tägliche Leben in Wat Pah Pong beginnt, wie in den meisten Waldklöstern, um 3 Uhr morgens mit einer gemeinsamen Rezitation und Meditation, die bis kurz vor Sonnenaufgang dauert. Bei Sonnenaufgang wandern die Mönche barfuß zwischen drei und zwölf Kilometer weit, um das Almosenessen in verschiedenen, nahe gelegenen Dörfern zu sammeln. Bei ihrer Rückkehr wird das eingesammelte Essen zu gleichen Teilen in die Almosenschalen verteilt, und das Verzehren der einzigen Mahlzeit am Tag beginnt mit einer Rezitation als Segnung. Nach dem Aufräumen am Ende der Mahlzeit kehren die Mönche von 9.30 Uhr bis 15.00 Uhr für eine Periode abgeschiedener Meditation, des Studiums oder der Arbeit in ihre Hütten zurück, oder sie schließen sich verschiedenen Klosterprojekten an, wie dem Reparieren von Gebäuden und Zäunen, dem Nähen von Gewändern oder dem Bau neuer Hütten. Um 15.00 Uhr werden alle herbeigerufen, um dabei zu helfen, frisches Wasser aus dem Brunnen zu holen und es zu den Wasserfässern zu tragen sowie das Gelände zu fegen. Nach dem Bad um 18.00 Uhr versammeln sich die Mönche wieder zur Meditation, Abendrezitation und den regelmäßig stattfindenden Dharmavorträgen. Nachdem sie in ihre Hütten zurückgekehrt sind, benutzen sie die späten Abendstunden zur stillen Sitz- und Gehmeditation und als eine Zeit, in der sie den Klängen des Waldes lauschen, der sich auf die Nacht einrichtet
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Die Praxis in Wat Pah
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