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Ein süßer Sommer

Ein süßer Sommer

Titel: Ein süßer Sommer Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Hammesfahr Petra
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Adressen von Tante Gertrud in Augsburg, Vetter Tom in Philadelphia und ein paar weiteren in Hamburg, zu denen jeweils auch nur ein Vorname vermerkt war. Im Plastikeinband des Taschenkalenders steckten ihr Personalausweis und der Führerschein. Der war erst vor einem halben Jahr in Hamburg ausgestellt worden, demnach konnte sie nicht das ganze letzte Jahr Mamis großen Wagen gefahren haben. Kleine Übertreibung, aber sie fuhr ja wirklich gut. Ihren Ausweis hatte sie vor zwei Jahren in Hamburg erhalten. Und allzu kompliziert wollte sie ihre Verschleierungstaktik wohl nicht gestalten, um sich nicht zu verheddern. Sie hatte keinen falschen Namen genannt, lediglich die letzten drei Buchstaben des richtigen unterschlagen. Schmitting, Candida, geboren: . Mai , Geburtsort: Philadelphia, USA, Staatsangehörigkeit: Deutsch. Auf der Rückseite eine Adresse in Hamburg-Blankenese – arm konnte ihre Familie demnach nicht sein –, Körpergröße, Augenfarbe, keine besonderen Kennzeichen. Das Geburtsdatum passte für mein Empfinden nicht so ganz zu dem Foto von Helga im Mai und Candys Behauptung, da wäre sie drei Wochen alt gewesen. Der Kirschbaum auf dem Bild hatte in voller Blüte gestanden, und das taten Kirschen meines Wissens Anfang Mai. Aber war wohl witterungsabhängig. Es mochte ein kaltes Frühjahr gewesen sein. Oder die Bäume in Philadelphia schlugen grundsätzlich etwas später aus als bei uns. Wie hätte ich das wissen sollen? So wichtig schien mir das auch nicht. Ich verstaute alles wieder im Täschchen, zog Jacke, Hemd und Hose aus, einen Jogging-Anzug an und ging zurück in die Küche. Candy stand neben dem Herd, bewachte die beiden zwischen Pilzen in der Pfanne brutzelnden Schnitzel, schnitt zwei dicke Zwiebeln in Scheiben, verteilte sie in Ringen über Fleisch und Champignons und weinte dabei ein paar Zwiebeltränen. Nur ein paar Minuten später saßen wir uns am Tisch gegenüber. Beim Essen erzählte sie, sie habe den gesamten Vormittag auf dem Gelände der Universität verbracht, sich alles angeschaut und sogar noch einen Mann aufgespürt, der sich an ihre Mutter erinnerte. Ein alter Professor. Sie konnte kauen, schlucken, schwindeln und dabei noch an ihrer Coladose nuckeln –
    «Ein Glas brauche ich nicht, Mike, das macht nur mehr Abwasch.» Der alte Professor hatte sich natürlich, trotz der inzwischen vergangenen zwei Jahrzehnte, noch lebhaft an seine Musterstudentin Helga erinnert und es aufrichtig bedauert, dass sie ihr Studium abgebrochen hatte, um in die Staaten auszuwandern. Natürlich wusste er auch noch, wie beliebt Helga bei allen Kommilitonen gewesen war und dass sie zwei besonders gute Freunde gehabt hatte. Leo Scherer und den Mann aus Köln-Sülz. Letzteren hatte Helga ihrem Professor sogar einmal persönlich vorgestellt – auf dem Universitätsgelände. Deshalb vermutete Candy, es sei ein Gastdozent gewesen. Leider hatte es davon so viele gegeben, dass man ihr im Sekretariat überhaupt nicht hatte helfen können. Ein Seufzer und einer von den seelenvoll naiven Blicken. Candy war die Unschuld in Person und flunkerte weiter, was das Zeug hielt. Unglücklicherweise hatte sich der alte Professor nicht mehr auf den Namen des möglichen Gastdozenten entsinnen können. Aber dass dieser Mann in Köln-Sülz gewohnt und einen schwarzen Porsche gefahren hatte, das wusste er noch. Alte Leute hatten ja oft ein Gedächtnis, das nur noch um drei Ecken herum funktionierte. Das Kennzeichen des Porsche war ihm nämlich auch noch bekannt gewesen. Candy war mit dieser Information natürlich sofort zum Straßenverkehrsamt gefahren … Warum sie mir das erzählte – ich war vielleicht ein wenig naiv, im privaten Bereich manchmal wohl auch zu leichtgläubig und manchmal regelrecht blind. Aber wenn mir erst der berüchtigte Kronleuchter aufgegangen war, konnte ich sehr schnell eins und eins zusammenzählen. Ein gutmütiger und hilfsbereiter Steuerberater mochte neben einem so erfolgreichen Privatdetektiv wie Hamacher zweite oder sogar dritte Wahl sein. Doch nach Hamachers herber Abfuhr musste die dritte Wahl zwangsläufig zur letzten Hoffnung werden. Man durfte nicht vergessen, dass Steuerberater regen Kontakt zu Finanzämtern pflegten und dass auch die Kfz-Steuer vom Finanzamt eingetrieben wurde. Ich war ziemlich sicher, dass sie das Autokennzeichen nur aus dem Grund ins Spiel brachte. Und ich war kein Schauspieler, sah ihr Gesicht auf dem Monitor vor mir und die Jammergestalt im Blümchenkleid, hörte Helgas

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