Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Ein süßer Sommer

Ein süßer Sommer

Titel: Ein süßer Sommer Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Hammesfahr Petra
Vom Netzwerk:
Anschließend überlegte ich, eventuell dasselbe zu sagen wie Hamacher. Völlig aussichtslos. Um Candys Enttäuschung im Rahmen des Erträglichen zu halten und nicht als totaler Versager dazustehen, hätte ich ihr eine rührselige Geschichte auftischen können. Dass ich zwar die frühere Mieterin der Wohnung in Köln-Sülz aufgespürt, von ihr aber nur etwas ganz Entsetzliches gehört hätte. Dass nämlich Mamis Herz damals bei der Suche nach ihr – oder später aus Verzweiflung im Suff – mit seinem Porsche tödlich verunglückt sei. Und wenn Candy daraufhin ihre Sachen packte, weil es keinen Sinn mehr machte, noch mehr von Mamis kostbaren, aber gezählten Stunden bei einer Reisebekanntschaft in Köln zu verschwenden? Wenn sie umgehend zurück nach Hamburg fuhr, um Mami beim Sterben Gesellschaft zu leisten? Ich wollte nicht, dass sie ging, nicht sofort. Natürlich konnte ich sie nicht auf Dauer festhalten, das war mir auch klar. In einigen Wochen würde sie so oder so aus meinem Leben verschwinden, ob mit oder ohne den Herrn Ministerialrat. Und wenn Mami unter der Erde war, würde Candy ihren Studienplatz in Hamburg bekommen und ich weiter für Hamacher arbeiten, an allen möglichen und unmöglichen Orten. Ich hatte keine echte Chance, sie an mich zu binden, das wusste ich auch, zumindest während dieser Heimfahrt wusste ich es genau. Nur noch drei oder vier Wochen, bis Mami wieder in die Klinik musste. Dann wollte Candy bestimmt nach Hause. Und wenn ich ihr nicht einen Anreiz bot, wenigstens noch so lange bei mir zu bleiben, wollte sie vielleicht schon früher zurück. Mit dieser Erkenntnis oder Befürchtung wurde Holger Gerswein für mich plötzlich zum Hoffnungsträger. Candy hatte den Tag auf ihre Weise genutzt. Aus lauter Nervosität meine Wohnung auf Hochglanz gebracht, Einkäufe gemacht, ein paar von ihren Sachen gewaschen, in einem auch gleich den Wäschekorb in meinem Bad geleert und in Ermangelung einer Waschmaschine die Badewanne zweckentfremdet. Da meine Mutter sich ja um meine Wäsche kümmerte, und zwar in ihrer Wohnung, hatte ich mir weder Küche noch Bad mit solch einem nützlichen Gerät verschandeln müssen, besaß auch nichts in der Art von Wäscheleinen. Über den Balkon war kreuz und quer eine Rolle Paketschnur gespannt, darauf die nassen Sachen verteilt. Gekocht hatte Candy natürlich auch schon, vielmehr gebacken; im Herd stand ein Auflauf, den sie zur Not noch ein oder zwei Stunden hätte warm halten können. Zur Abwechslung war der Esstisch im Wohnzimmer gedeckt – ganz feierlich. Als ich eintrat, zündete sie zwei Kerzen an und schaute mir entgegen mit einem Blick, bei dem ich das Atmen vergaß. Es war der
    «Alles vergebens?»- Blick – wie hätte ich sie da auch nur eine Minute hinhalten können? Also sagte ich:
    «Ich habe ihn.» Natürlich nannte ich ihr auch sofort seinen Namen, weil ich dachte, damit sei ihr nicht geholfen. Sie hatte nicht damit gerechnet, dass ich so schnell erfolgreich sein könnte, das ging eindeutig aus ihrer Reaktion hervor. Die rechte Hand fuhr mitsamt dem noch brennenden Zündholz zum Mund, beinahe hätte sie ihre Haare in Brand gesetzt. Im letzten Moment zuckte sie vor der Flamme zurück, pustete das Zündholz aus, setzte sich auf einen Stuhl und flüsterte in fassungsloser Ungläubigkeit:
    «Holger Gerswein.» Dann begann sie unvermittelt zu weinen, wahrscheinlich aus purer Erleichterung. Dass ich vorerst weder eine Adresse noch eine Telefonnummer mitlieferte, störte sie nicht.
    «O Mike, ich weiß gar nicht, was ich sagen soll.» Gleich anschließend wurde sie wütend auf Hamacher.
    «Dieser Blödmann, wenn du es in einem Tag geschafft hast, hätte er auch nicht länger gebraucht. Und ihn hätte ich bezahlen können, dann müsste ich jetzt kein schlechtes Gewissen haben.»
    «Das musst du auch so nicht», sagte ich.
    «Habe ich aber», jammerte sie, saß da wie ein Häufchen Elend, das tränennasse Gesicht zu mir erhoben.
    «Ich wollte dich doch damit nicht belasten. Ich wollte nicht, dass du irgendwann denkst, ich hätte dich schamlos ausgenutzt, für meine Zwecke eingespannt und dir den ganzen Urlaub verdorben.»
    «Warum sollte ich denn irgendwann so etwas denken?», fragte ich.
    «Mit den paar Tagen Urlaub hätte ich ohnehin nicht viel anfangen können. Wahrscheinlich hätte ich mich bloß gelangweilt.»

«Das sagst du nur so.»
    «Nein», sagte ich.
    «Ich meine es auch. Und so großartig war meine Leistung gar nicht. Noch bist du keinen Schritt

Weitere Kostenlose Bücher