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Ein süßer Sommer

Ein süßer Sommer

Titel: Ein süßer Sommer Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Hammesfahr Petra
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Reisetasche, sie fuhr mich zum Bahnhof. Dreimal insgesamt gab sie mir das Versprechen, den Wagen jetzt nur wieder heimzufahren und ihn während meiner Abwesenheit nicht zu benutzen. Ganz bestimmt nicht, Mike. Das Versprechen hat sie gehalten. Während der Zugfahrt nach Frankfurt kam ich nicht dazu, die Computerausdrucke zu lesen. Ich ging das Informationsmaterial durch, das Hamacher mir in die Finger gedrückt hatte. In Frankfurt fand ich auch nicht die Zeit, mich mit Helgas Tagebuch zu beschäftigen. Es war ziemlich stressig. Ich schaffte es mit knapper Not nur dienstags und donnerstags am späten Abend, Candy noch anzurufen, ehe es für ein bisschen Liebesgeflüster viel zu spät war. Nachts um drei wollte ich sie dafür nicht unbedingt aus dem Schlaf klingeln. Donnerstags fragte ich auch, ob Gerswein sich inzwischen nochmal bei ihr gemeldet hätte. Sie klang bedrückt bei der Antwort.
    «Nein.» Das glaubte ich ihr, weil ich davon ausging, dass er inzwischen einen Bericht der Agentur erhalten hatte. Und auch wenn dieser Bericht sich nur auf Erika Jungblut bezog, weil er an Candys Familie ausnahmsweise nicht interessiert gewesen war, er musste doch bloß bei der Studienrätin nachgefragt haben, was ihr in den Sinn gekommen sei, woher sie überhaupt seine Geheimnummer hätte, dann würde sich die Sache für Candy in Rauch auflösen. Davon war ich überzeugt, weil ich vieles nicht bedachte. Wie leicht es ist, einem gestressten Ministerialrat einzureden, er müsse die Endsilbe eines Namens überhört haben. Schmitt oder Schmitting, so groß war der Unterschied wirklich nicht. Und eine Lehrerin mit Namen Müller, davon dürfte es in Aachen auch eine oder zwei gegeben haben. Candy hatte Erika Jungblut ja gar nicht als Informationsquelle angegeben. Wie sie sich bei Gerswein aus der Affäre gezogen hat, da kann ich nur spekulieren. Schwer wird es ihr nicht gefallen sein. Möglich, dass sie die Weltkugel um den Hals trug, als sie ihr Märchen in eine neue Fassung brachte. Es war nur niemand mit einem Empfänger in der Nähe. Am Freitagnachmittag rief ich sie zum letzten Mal aus Frankfurt an, weil es ausgeschlossen war, dass ich abends zu Hause wäre.
    «Ich schaffe es leider erst morgen», sagte ich und nannte ihr meine Ankunftszeit.
    «Darf ich dich abholen, Mike?»
    «Wenn du Lust hast.»
    «Mit deinem Mercedes?»
    «Ja, aber fahr vorsichtig.»
    «Mache ich doch immer, Mike. Du bist ein Schatz.» Ich war ein verdammter Idiot, so blind und blöd, so naiv und gutgläubig, dass es per Gesetz verboten werden müsste. Während der Heimfahrt beschäftigte ich mich endlich mit Helgas Tagebuch, das in der Agentur kurz darauf nur noch mit der Bezeichnung Märchenbuch belegt wurde. Der Ausdruck umfasste knapp siebzig Seiten. Die erste Hälfte überflog ich bloß, um mir die Zeit zu vertreiben. Da stand auch nichts von Bedeutung. Nach dem Tod ihres Vaters hatte Helga anscheinend wochenlang keine Einträge mehr gemacht. Dann ging es wieder los mit Querelen in der Wohngemeinschaft. Sieglinde brach den Henkel einer Tasse ab, aus der Vater getrunken hatte. Walter bemächtigte sich zum wiederholten Male Helgas Studienunterlagen. Helga war todunglücklich, völlig vereinsamt, mit Heimweh und Sehnsucht nach ihrer Familie angefüllt bis an die Haarspitzen. Sie hatte in Köln keine Kontakte, abgesehen von Leo, den sie als Neutrum betrachtete, ein Mann war er jedenfalls nicht, und Erika, die Helga insgeheim bewunderte, weil sie unabhängig war und auf alle herabschaute. Leider, und das wusste Helga genau, gab Erika sich nur mit ihr ab, um irgendwelche Arbeiten abzuschreiben. Alle anderen scherte Helga über einen Kamm. Es war nun einmal die Zeit der sexuellen Befreiung, Revolution in allen Betten. Und Helga suchte das ganz große Gefühl. Ich suchte nach dem Beginn des großen Gefühls, aber im Ausdruck gab es keine Herzchen. Da musste ich lesen. Einzug bei Leo und seiner prüden Mutter. Am . März , wie Frau Scherer gesagt hatte. Einerseits war Helga dankbar für das Zimmer und die Privatsphäre, die es ihr bot. Die Abende waren auch nicht mehr gar so trist. Heiße Diskussionen über Gott und die Welt mit Leo, aber immer noch nichts fürs Herz. Semesterferien . Aufenthalt bei Margarete und ihrer Familie. Das deckte sich auch mit dem, was ich von Frau Scherer gehört hatte. Margarete schickte natürlich die Tickets, und Helga genoss ein paar Wochen die Fürsorge ihrer Schwester sowie die Zuneigung von Emanuel, Tassilo und Richard. Tamara

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