Ein süßer Traum (German Edition)
kleinen Gebäude, das von hellem Staub umgeben war, in dem ein paar Hunde dösten. Alle stiegen aus dem Lastwagen, nur Rebeccas Jungen mussten drinbleiben und ihn bewachen, damit nicht sämtliche Teile einschließlich der Reifen gestohlen wurden. Sie bekamen Pepsi und jeder ein Brötchen und wurden angewiesen, dass einer losrennen und ihrer Mutter Bescheid sagen sollte, wenn jemand so aussah, als hätte er einen Diebstahl im Sinn.
Die beiden Frauen gingen zusammen in das Büro, in dessen Wartezimmer schon ein Dutzend Leute waren, und setzten sich auf das Ende einer Bank. Sylvia war die einzige Weiße, aber mit ihrer verbrannten Haut und dem Kopftuch gegen den Staub sah sie genau wie Rebecca aus, zwei kleine, dünne Frauen, beide mit sorgenvollen Gesichtern, in der zeitlosen Szenerie wartender Bittsteller, die vor Langeweile beinahe schliefen. Von drinnen, hinter einer Tür, auf der in ausgeblichener weißer Schrift auf Braun
Mr. M. Mandizi
stand, war eine laute, tyrannische Stimme zu hören. Sylvia sah Rebecca an und verzog das Gesicht, und Rebecca grimassierte zurück. Die Zeit verging. Plötzlich ging die Tür auf, und ein schwarzes Mädchen erschien, in Tränen aufgelöst.
»Schande«, sagte ein alter schwarzer Mann, der ziemlich weit hinten in der Schlange war. Er schnalzte mit der Zunge und schüttelte den Kopf und sagte laut: »Schande«, als plötzlich ein großer, stattlicher Schwarzer im obligatorischen dreiteiligen Anzug erschien, der allen imponierte. Er sagte: »Der Nächste«, und trat zurück und schloss die Tür, damit der nächste Bittsteller anklopfen und auf das »Herein« warten musste.
Die Zeit verging. Dann kam der Bittsteller heraus und schien Erfolg gehabt zu haben – zumindest weinte er nicht. Er klatschte leise in die Hände und sah niemanden an; dieser Gruß oder Applaus galt ihm selbst.
Die laute Stimme von drinnen: »Der Nächste.«
Sylvia schickte Rebecca mit etwas Geld los, damit sie für die Kinder Mittagessen und etwas zu trinken kaufte und nachsah, ob sie noch da waren. Sie waren noch da, aber sie schliefen. Rebecca brachte eine Fanta mit, die sich die beiden Frauen teilten.
Ein paar Stunden vergingen.
Dann waren sie an der Reihe, und als der Beamte sah, dass es um eine Weiße ging, wollte er den Mann aufrufen, der als Nächster auf der Bank saß, aber der alte Mann sagte: »Schande. Die weiße Frau wartet wie wir alle auch.«
»Ich bestimme hier, wer als Nächster kommt«, sagte Mr. Mandizi.
»O.k.«, sagte der alte Mann, »aber was Sie machen, ist nicht richtig. Uns gefällt das nicht, was Sie machen.«
Mr. Mandizi zögerte, zeigte aber dann auf Sylvia und ging wieder hinein.
Sylvia lächelte dem alten Mann dankbar zu, und Rebecca sagte in ihrer Sprache leise etwas zu ihm. Allgemeines Gelächter. Was war das für ein Witz? Wieder dachte Sylvia, dass sie es nie erfahren würde. Aber als sie in das Büro gingen, flüsterte Rebecca ihr zu: »Ich habe ihm gesagt, dass er wie ein alter Bulle ist, der weiß, wie man die jungen im Zaum hält.«
Als sie vor Mr. Mandizi traten, lächelte sie immer noch. Er blickte von seinen Papieren auf, runzelte die Stirn, sah, dass auch Rebecca eingetreten war, und wollte gerade etwas Schroffes zu ihr sagen, als Sylvia mit der rituellen Begrüßung begann.
»Guten Morgen – nein, eigentlich ist ja schon Nachmittag. Also guten Tag.«
»Guten Tag«, antwortete er.
»Ich hoffe, es geht Ihnen gut.«
»Es geht mir gut, wenn es Ihnen gut geht …«, und so weiter, und obwohl es sich um eine abgekürzte Version handelte, war das eine eindrucksvolle Erinnerung an die guten Manieren.
Dann sagte er zu Sylvia: »Was wollen Sie?«
»Mr. Mandizi, ich bin von der St. Luke’s Mission, und ich komme, um zu fragen, warum man uns den Kondom-Vorrat nicht geschickt hat. Wir hätten ihn eigentlich im letzten Monat erhalten müssen.«
Mr. Mandizi schien anzuschwellen, er erhob sich halb, und sein erschrockener Gesichtsausdruck verwandelte sich in einen beleidigten. Er sank zurück und sagte: »Und warum sollte ich mit einer Frau über Kondome reden? So etwas sollte ich mir eigentlich nicht anhören.«
»Ich bin die Ärztin im Missionskrankenhaus. Die Regierung hat letztes Jahr gesagt, dass Kondome für alle Buschkrankenhäuser bereitgestellt werden.«
Mr. Mandizi hatte von diesem Ukas offensichtlich noch nie etwas gehört. Um Zeit zu gewinnen, tupfte er sich die Stirn, die vor Schweiß glänzte, mit einem sehr großen weißen Taschentuch ab.
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