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Ein süßer Traum (German Edition)

Ein süßer Traum (German Edition)

Titel: Ein süßer Traum (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Doris Lessing
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Simlia« schreibe. Jemand müsse es tun.
    Sie trat hinaus auf die Straße, und als sie ein Hotel sah, ging sie hinein.
    Sie hatte gesagt, sie werde zum Mittagessen kommen. Am Morgen ging sie durch die Buchläden und kaufte und kaufte. Beladen mit zwei großen Paketen mit Büchern, kam sie in Julias Haus – denn das war es für sie noch immer. An der Tür wurde sie von Frances begrüßt, die sie wie Colin in die Küche führte, wie eine lang verlorene Tochter umarmte und ihr den alten Platz anbot, zu ihrer Linken.
    »Erzähl mir nicht, dass ich aufgepäppelt werden muss«, sagte Sylvia.
    Frances stellte einen Korb mit geschnittenem Brot auf den Tisch. Bei seinem Anblick dachte Sylvia daran, wie sehr Pater McGuire diesen Anblick genießen würde: Sie würde ihm einen Laib gutes Brot mitbringen. Ein Teller mit glänzenden Butterflocken: Die konnte sie nicht mitnehmen. Sylvia betrachtete das Essen und dachte an Kwadere, während Frances den Tisch deckte. Sie war eine füllige, gut aussehende Frau, und der Schnitt ihres flachsfarbenen Haars – gefärbt – musste eine Stange Geld gekostet haben. Sie war gut angezogen: Julia wäre endlich zufrieden gewesen.
    Vier Plätze … für wen? Ein hochgewachsenes Kind kam herein und betrachtete Sylvia, die Fremde. »Das ist William«, sagte Frances, »und Sylvia hat früher hier gewohnt. Sylvia ist die Tochter von Meriels Freundin Phyllida.«
    »Ach, hi«, sagte er so förmlich wie guten Tag und setzte sich hin, ein schöner Junge, der die hellen Brauen zusammenzog und die Stirn runzelte, weil er versuchte, die Zusammenhänge zu verstehen. Dann gab er es auf und sagte: »Frances, ich muss um zwei beim Schwimmen sein. Kann ich bitte schnell essen?«
    »Und ich muss zur Probe. Aber ich gebe dir zuerst etwas.«
    Was aufgetragen wurde, war von der üppigen Hausmannskost der Vergangenheit weit entfernt. Alle möglichen gekauften Gerichte tauchten auf, Frances schob eine Pizza in die Mikrowelle und stellte sie dann vor William hin. Er fing sofort an zu essen.
    »Salat«, befahl Frances.
    Mit einem Ausdruck heroischer Anstrengung gabelte der Junge zwei Salatblätter und ein Radieschen auf seinen Teller und aß sie wie Medizin.
    »Gut gemacht«, sagte Frances. »Colin hat dir sicher erzählt, was es bei uns Neues gibt, Sylvia?«
    »Ich denke schon.« Die beiden Frauen erlaubten sich, die Blicke sprechen zu lassen. Und Sylvia schloss daraus, dass Frances mehr gesagt hätte, wenn das Kind nicht dabei gewesen wäre. »Anscheinend werde ich eine Hochzeit verpassen«, sagte sie.
    »So würde ich das kaum nennen. Ein Dutzend Leute auf dem Standesamt.«
    »Ich wäre trotzdem gerne dabei.«
    »Aber du kannst nicht. Du lässt dein – Krankenhaus nicht gern allein?«
    Dieses Zögern zeigte Sylvia, dass Andrew Frances nichts Gutes darüber berichtet hatte. »
Das
kann man nicht nach unseren Standards beurteilen.«
    »Ich habe gar nichts beurteilt. Wir fragen uns nur, ob du deine Fähigkeiten nicht verschwendest. Immerhin hattest du eine glänzende Karriere vor dir.«
    Sophie kam herein. Sie trug eine Art altmodisches Nachmittagskleid oder Negligé, weiß mit großen schwarzen Blumen, eine Vision wie Ophelia, die auf dem Wasser treibt, das lange schwarze Haar dramatisch weiß gesträhnt, die schönen Augen unverändert. Ihre Schwangerschaft war die eleganteste kleine Beule, die man sich vorstellen konnte.
    »Sieben Monate«, sagte Sylvia. »Wie machst du das bloß?«
    Sie versank in Sophies Umarmung. Beide weinten, und während man von Sophie nichts anderes erwarten konnte und es ihr stand, sagte Sylvia: »Verdammt«, und wischte sich die Augen. Frances weinte auch. Der Junge beobachtete alles mit distanziertem Ernst und aß seine Pizza. Sophie lehnte sich in dem großen Stuhl am Fußende des Tisches zurück, und ihre ausdrucksvollen Hände zeichneten ihren Bauch nach.
    »Sylvia«, sagte sie tragisch, »ich bin dreiundvierzig.«
    »Ich weiß. Kopf hoch. Hast du die Tests gemacht?«
    »Ja.«
    »Na dann.«
    »Aber Colin …« Und sie fing wieder an zu weinen. »Wird er mir je verzeihen?«
    »Ach, Unsinn«, sagte Frances ungeduldig, denn diese Leier hatte sie schon oft genug gehört.
    »Nach dem, was er gestern Abend erzählt hat«, sagte Sylvia, »glaube ich nicht, dass es um Verzeihen oder Nichtverzeihen geht.«
    »Ach, Sylvia, du bist so gut. Alle sind so gut. Und in dieses Haus zu kommen, in
dieses
Haus – ich habe immer gespürt, dass es mein wahres Zuhause ist, und Frances … du warst

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