Ein süßer Traum (German Edition)
geht.«
»Das meinst du nicht ernst.«
»Süße Sylvia, wenn ich mich recht erinnere, dann hast du noch nie an die übleren Aspekte der menschlichen Natur glauben können. Aber jetzt hat das Schicksal eine Wendung genommen, und du wirst es nicht glauben … Meriel ist zu Phyllida in eine Therapie gegangen. Frances hat es bezahlt. Dann hat Frances Phyllida besucht, die immerhin eine ganz vernünftige Frau ist – überrascht dich das?«
»Natürlich.«
»Und sie hat Phyllida gebeten, Meriel als Beraterin auszubilden, sie würde es bezahlen.«
Und jetzt fing Sylvia an zu lachen. »Ach, Colin. Ach, Colin …«
»Ja, wirklich. Denn weißt du, Meriel hat keinerlei Qualifikation. Sie hat ihren akademischen Abschluss nicht gemacht. Aber als Beraterin ist sie finanziell unabhängig. Beratung ist inzwischen der Ausweg für unqualifizierte Frauen – so wurde die Nähmaschine der früheren Generationen ersetzt.«
»Aber in Simlia nicht. Dort ist die Nähmaschine gesund und munter und sorgt für den Lebensunterhalt der Frauen.« Und sie lachte wieder.
»Endlich«, sagte Colin. »Ich hatte allmählich schon gedacht, dass du nie lächeln würdest.« Und er schenkte ihr mehr Wein ein. Sie hatte ihr Glas tatsächlich ausgetrunken. Dann goss er sich selbst nach. »Also, Meriel wird zu Phyllida ziehen, weil Phyllidas Partnerin sich als freie Physiotherapeutin selbstständig macht. Dann wird unsere Wohnung unten frei, und ich benutze sie zum Schreiben. Und natürlich, um meiner Verantwortung als Vater aus dem Weg zu gehen.«
»Und so macht man aus Frances die böse Stiefmutter. Ist sie, abgesehen von den Kindern, glücklich?«
»Sie ist ganz aus dem Häuschen. Vor allem hat sie diesen Rupert wirklich gern, und wer sollte ihr das verdenken? Aber hast du nichts davon gehört? Sie steht wieder auf der Bühne.«
»Wie meinst du das? Ich wusste gar nicht, dass sie einmal Schauspielerin war.«
»Wie wenig wir doch über unsere Eltern wissen. Es zeigt sich, dass das Theater schon immer die erste Liebe meiner Mutter war. Sie tritt mit meiner Sophie in einem Stück auf. Gerade in diesem Moment bekommen die beiden donnernden Applaus.« Er sprach jetzt schleppend und runzelte die Stirn, während er sich auf das Sprechen konzentrierte. »Verdammt«, sagte er. »Ich bin betrunken …«
»Bitte, lieber Colin, nicht trinken, bitte nicht.«
»Du redest wie Sonja. Gut gemacht.«
»Ach, Tschechow. Ja. Verstehe. Gut, ich stehe auf ihrer Seite.«
Sie lachte auf, aber traurig. »In der Mission gibt es einen Mann …« Aber wie sollte sie Colin wirklich vermitteln, wer Joshua war? »Ein Schwarzer. Wenn er nicht bekifft ist, ist er betrunken. Wenn du sein Leben kennen würdest …«
»Und meins rechtfertigt den Alkohol nicht?«
»Nein. Und wenn es nicht Sophie wäre …«
»Wenn es keine Frau von dreiundvierzig wäre.« Und jetzt brach ein Heulen aus ihm hervor, das schon die ganze Zeit gewartet hatte. »Verstehst du, Sylvia, ich weiß, es ist lächerlich, ich weiß, ich bin ein trauriger, jämmerlicher Idiot, aber ich wollte eine glückliche Familie, ich wollte Mummy und Daddy und vier Kinder. Das wollte ich alles, und mit meiner Sophie kriege ich so etwas nicht.«
»Nein«, sagte Sylvia.
»Nein.« Er versuchte, nicht zu weinen, und rieb sich die Augen mit den Fäusten wie ein Kind. »Und wenn du nicht hier sein willst, um meine glückliche Sophie und meine triumphierende Mutter zu begrüßen, die noch ganz high sind von
Romeo und Julia
…«
»Du meinst, Sophie spielt Julia?«
»Sie sieht aus wie ungefähr achtzehn. Sie sieht wunderbar aus. Sie ist wunderbar. Schwangersein steht ihr. Man merkt gar nicht, dass sie schwanger ist. Aber die Zeitungen machen Wind darum. Sarah Bernhardt hat mit hundert Jahren Julia gespielt, und zwar mit einem Holzbein. Eine schwangere Julia fügt
Romeo und Julia
eine unerwartete Dimension hinzu. Aber das Publikum liebt sie. Sie hat noch nie so viel Applaus bekommen. Sie trägt weiße, fließende Gewänder und weiße Blumen im Haar. Sylvia, erinnerst du dich an ihr Haar?« Und jetzt fing er doch an zu weinen.
Sylvia ging zu ihm, brachte ihn dazu, dass er aufstand, und führte ihn dann die Treppe hinauf, und in dem Zimmer, wo sie mit Andrew gesessen hatte, hielt sie Colin fest und hörte zu, wie er sich in den Schlaf schluchzte.
Sie wusste nicht, wo sie in diesem Haus ein Bett finden konnte. Also hinterließ sie eine Nachricht für Colin. Sie sagte ihm, sie wolle, dass er »die Wahrheit über
Weitere Kostenlose Bücher