Ein süßer Traum (German Edition)
gehen zu lassen. »Und ich warte auf gute Nachrichten von dir. Du wirst mir deine Artikel schicken. Ich warte darauf.« Er ging auf die Tür der Lounge zu, wo ihn ein paar massige Männer erwarteten – seine Leibwächter.
Sie hatte Frank Diddy erzählt, dass sie es geschafft habe, ein Interview mit Minister Franklin zu bekommen, und hatte gesehen, dass er beeindruckt war. Jetzt beschrieb sie das Interview, als wäre es ein Sieg, und obendrein einer über ihn, aber er sagte nur: »Du also auch. Vielleicht willst du dein Glück mit einem kleinen Leitartikel bei uns versuchen?«
Sie beschloss, dass sie nicht über die Dürre schreiben wollte, denn das hätte jeder gekonnt. Sie brauchte etwas … Und in der
Post
, die sie mit professioneller Verachtung am Frühstückstisch las, stand: »Die Polizei berichtet von einem Diebstahl im neuen Krankenhaus von Kwadere. Ausstattung im Wert von mehreren tausend Dollar ist verschwunden. Man vermutet, dass Ortsansässige die Diebe sind.«
Roses Puls schlug eindeutig schneller. Sie zeigte Frank Diddy den Artikel, aber der zuckte mit den Schultern und sagte: »So was kommt dauernd vor.«
»Wo kann ich etwas darüber herausfinden?«
»Mach dir keine Mühe, das ist es nicht wert.«
Kwadere. Barry hatte gesagt, dass Sylvia dort sei. Ja, da war noch etwas. Wenn Andrew nach London kam, wurde das oft in der Zeitung angekündigt: Andrew hatte Nachrichtenwert, oder zumindest Global Money. Beim letzten Mal, vor Monaten, hatte sie ihn angerufen: »Hi, Andrew, hier ist Rose Trimble.«
»Hi, Rose.«
»Ich arbeite inzwischen bei
World Scandals
.«
»Ich glaube nicht, dass es
World Scandals
interessiert, was ich treibe.«
Aber schon einmal, vor ein paar Jahren, war er einverstanden gewesen, sich mit ihr auf eine Tasse Kaffee zu treffen. Warum? Ihr erster Gedanke war: Schuldgefühle, das war es! Sie hatte zwar vergessen, dass sie je behauptet hatte, er habe sie geschwängert – Lügner haben ein schlechtes Gedächtnis –, aber sie wusste, dass er ihr etwas schuldig war. Und während dieses Treffens fiel ihr wieder ein, dass sie ihn früher nicht hatte gehen lassen können, weil sie ihn so attraktiv fand. Er war immer noch attraktiv: diese lässige Eleganz, dieser Charme. Sie sagte sich, dass er ihr das Herz gebrochen hatte. Sie hatte Andrew schon beinahe auf die Position »Der Mann, den ich im Leben am meisten geliebt habe« gehoben, merkte aber langsam, dass er sie warnte. Mit all diesem lächelnden Geschwafel wollte er ihr sagen, dass sie die Lennox in Ruhe lassen sollte. Für wen hielt er sich? Als Journalistin war es ihr Beruf, die Wahrheit zu sagen! Und dann diese Upper-Class-Arroganz! Er versuchte die Pressefreiheit zu untergraben! Die Tasse Kaffee reichte ziemlich lange, während sie geziert tat und dies und jenes durchblicken ließ, aber sie hatte Neuigkeiten über die Familie aus ihm herausbekommen, zum Beispiel, dass Sylvia in Kwadere war, dass sie Ärztin war. Ja, das hatte sie im Hinterkopf gehabt. Und Sylvia, die sie nach wie vor hasste, war noch immer Ärztin in Kwadere, wo man Krankenhausausstattung gestohlen hatte. Rose hatte ihr Thema gefunden.
Ein paar Tage nachdem Sylvia und Rebecca die neuen Bücher in die Regale in Sylvias Zimmer gestellt hatten, standen Leute aus dem Dorf da und warteten, dass sie herauskam, um zum Krankenhaus zu gehen. Ein Junge lief lächelnd auf sie zu. »Doktor Sylvia, bitte geben Sie mir ein Buch. Rebecca hat gesagt, Sie haben uns Bücher mitgebracht.«
»Ich muss jetzt ins Krankenhaus. Kommt am Abend wieder.«
Wie widerwillig sie gingen und sich nach Pater McGuires Haus umsahen, wo die neuen Bücher nach ihnen riefen.
Den ganzen Tag arbeitete sie mit Clever und Zebedee, welche die Stellung gehalten hatten, während sie in London gewesen war. Sie waren so schnell, so gewandt, und ihr tat das Herz weh angesichts ihrer Begabung und dessen, was wahrscheinlich aus ihnen werden würde. Sie dachte – musste denken: Wo in London, nein, wo in England oder in Europa sind Kinder so wissensdurstig? Sie hatten sich anhand der Aufdrucke auf Lebensmittelverpackungen selbst beigebracht, Englisch zu lesen. Wenn die beiden mit ihrer Arbeit bei ihr fertig waren, saßen sie zu Hause bei Kerzenlicht und lasen immer schwierigere Bücher.
Ihr Vater saß noch immer den ganzen Tag dösend unter seinem Baum, eine Skeletthand baumelte über einem erhobenen Knie, das aussah wie ein knochiger Klumpen zwischen zwei schlaksigen, mit trockener, gräulicher
Weitere Kostenlose Bücher