Ein süßer Traum (German Edition)
sie von dem offiziellen Empfang, davon, dass der Genosse Führer nicht da gewesen sei, vom roten Chiffon und den Diamanten der Mutter der Nation und von den Bemerkungen, die der Unterminister über das Krankenhaus in Kwadere gemacht hatte. Eine nigerianische Abgesandte war anlässlich der Konferenz von Wealth of Nations in Senga. Als diese Frau von der Spionin in Kwadere hörte, sagte sie, sie höre nichts anderes als Spione, Spione, seit sie in Simlia angekommen sei; und wenn sie aus den Erfahrungen in ihrem eigenen Land spreche, seien Spione und Kriege dann nützlich, wenn die eigene Wirtschaft in keinem guten Zustand sei. Daraufhin entbrannte eine lebhafte Diskussion, und bald beteiligten sich alle im Café daran. Ein Mann, ein Journalist, war als Spion verhaftet, aber freigelassen worden. Andere kannten Leute, die als Agenten verdächtigt wurden, und … Rose wurde klar, dass man jetzt den ganzen Abend über südafrikanische Agenten sprechen würde, sie schlüpfte hinaus und ging in ein kleines Restaurant um die Ecke. Zwei Männer, die ihr aus dem Café gefolgt waren, ohne dass sie es bemerkt hatte, fragten sie, ob es ihr etwas ausmache, ihren Tisch mit ihnen zu teilen, denn das Restaurant war voll. Rose hatte Hunger und war ein bisschen betrunken, und ihr gefielen die beiden Männer ganz gut, die auf eine schwer zu beschreibende Weise Eindruck auf sie machten. Jeder in Simlia hätte wahrscheinlich auf den ersten Blick gesehen, dass sie von der Geheimpolizei waren, aber um eine hilfreiche Formel zu verwenden: Es war so lange niemand mehr in Großbritannien einmarschiert, dass seine Bürger eine gewisse Unschuld besaßen. Rose glaubte tatsächlich, dass sie an diesem Abend attraktiv aussah. Menschen aus den Ländern der Welt mit einem aktiven Geheimdienst hätten sofort erkannt, dass es bei solchen Männern besser war, den Mund zu halten. Die beiden wollten jedenfalls etwas über Rose erfahren: Warum hatte sie das Café so überstürzt verlassen, als man anfing, über Spione zu sprechen?
»Wissen Sie vielleicht etwas über das Missions-Krankenhaus in Kwadere?«, plapperte sie. »Ich habe eine Cousine, die da arbeitet, eine Ärztin. Ich habe gerade mit dem Unterminister für Gesundheit gesprochen, und er hat mir erzählt, sie steht im Verdacht, Spionin zu sein.«
Die beiden Männer tauschten Blicke. Sie wussten von der Ärztin in Kwadere, weil ihr Name auf ihrer Liste stand. Sie hatten die Sache nicht besonders ernst genommen. Was für einen Schaden konnte sie schon anrichten, wo sie doch da draußen in der Pampa festsaß? Aber wenn der Unterminister selbst …
Die beiden waren noch nicht lange beim Geheimdienst. Sie hatten die Stellen bekommen, weil sie mit dem Minister verwandt waren. In der Zeit vor der Befreiung hatten sie noch nicht für den Geheimdienst gearbeitet. In den meisten neuen Staaten wechselt man zwar gern die ganze Regierung aus, behält aber den Geheimdienst der vorherigen Regierung, teils weil man beeindruckt ist von der Reichweite und dem Umfang des Wissens dieser Leute, die die eigene Seite vor so kurzer Zeit noch bespitzelt haben, und teils weil ziemlich viele Leute Geheimnisse haben, die nicht enthüllt werden sollen. Diese Männer mussten sich noch einen Namen machen, und ihre Vorgesetzten wollten beeindruckt werden.
»Wurde in Simlia jemals jemand ausgewiesen, weil er Agent war?«, fragte Rose.
»Oh ja, schon oft.«
Das stimmte nicht, aber sie fühlten sich wichtig, weil sie so einem strengen und effektiven Dienst angehörten.
»Ach, wirklich«, sagte Rose aufgeregt und witterte eine Geschichte.
»Einer hieß Matabele Smith.« Der andere ergänzte: »Matabele Bosman Smith.«
Eines Abends hatten in dem Café, das Rose gerade verlassen hatte, ein paar Journalisten Witze über die Spionagegerüchte gemacht, und sie hatten einen Spion mit einem Namen erfunden, der – nach dem Verständnis der augenblicklichen Regierung – möglichst viele unangenehme Eigenschaften verkörperte. (Gegen Whitesmith als Analogie zu Blacksmith hatten sie ihr Veto eingelegt.) Diese Figur war ein Südafrikaner, der oft geschäftlich in Simlia war, und er hatte versucht, die Kohlenminen in Hwange, das Regierungsgebäude, das neue Stadion und den Flughafen in die Luft zu sprengen. Die Geschichten um den erfundenen Spion hatten das Café ein paar Abende lang unterhalten, aber dann hatte man das Interesse verloren. Inzwischen war der Name in den Akten der Polizei angekommen. Im Café wurde Matabele Bosman
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