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Ein süßer Traum (German Edition)

Ein süßer Traum (German Edition)

Titel: Ein süßer Traum (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Doris Lessing
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Smith zu einer Abkürzung für die Spionagehysterie, und die Agenten, die das Café besuchten und den Namen hörten, fanden nichts weiter heraus.
    »Und Sie haben ihn abgeschoben?«, sagte Rose.
    Die beiden Männer schwiegen und tauschten wieder Blicke, und dann sagte einer: »Ja, wir haben ihn abgeschoben.« Und der andere: »Wir haben ihn zurück nach Südafrika abgeschoben.«
    Am nächsten Tag ergänzte Rose ihre Meldung über Sylvia: »Wie man weiß, war Sylvia Lennox eine enge Freundin von Matabele Bosman Smith, der als südafrikanischer Spion abgeschoben worden ist.«
    Der allgemeine Stil und die Aggressivität dieses Beitrags passten zu den Zeitungen, die sie in Großbritannien gern als Transportmittel für ihre Einfälle nutzte, aber sie beschloss, ihn zunächst Bill Case zu zeigen und dann Frank Diddy. Beide Männer wussten, woher der berühmte Abgeschobene kam, aber sie sagten es ihr nicht. Sie mochten sie nicht. Sie war schon viel länger da als erwünscht. Außerdem gefiel ihnen der Gedanke, dass jemand dem berühmten Smith neues Leben einhauchte, denn so war für ein paar weitere amüsante Abende im Café gesorgt.
    Der Beitrag erschien in der
Post
, wo ein Hetzartikel unter so vielen anderen wahrscheinlich nicht auffiel. Sie schickte ihn an
World Scandals
, und er erreichte Colin, gemäß der Regel, dass man alles Unangenehme, was über einen gedruckt wird, von einem wohlmeinenden Menschen zugeschickt bekommt. Colin verklagte die Zeitung sofort auf einen saftigen Betrag und verlangte eine Entschuldigung, aber wie immer bei solchen Zeitungen wurde die Richtigstellung in winzigen Buchstaben dort gedruckt, wo sie kaum jemand lesen würde. Julia war abermals als Nazi gebrandmarkt worden; die Unterstellung, dass Sylvia eine Spionin war, kam Colin so lächerlich vor, dass er sich nicht darum kümmerte.
    Pater McGuire las die Meldung in der
Post
, aber er zeigte sie Sylvia nicht. Sie fand ihren Weg zu Mr. Mandizi, der sie in die Akte über die St. Luke’s Mission legte.
     

Etwas, das Sylvia in all den Jahren in der Mission gefürchtet hatte, geschah. Ein Mädchen mit einer akuten Blinddarmentzündung wurde von Clever und Zebedee aus dem Dorf zu ihr getragen. Pater McGuire war mit dem Wagen zur alten Mission gefahren, und Sylvia konnte die Pynes nicht anrufen – entweder ihr Telefon oder das der Mission funktionierte nicht. Das Mädchen musste sofort operiert werden. Sylvia hatte sich diesen oder einen ähnlichen Notfall oft vorgestellt und beschlossen, dass sie nicht operieren würde. Sie konnte es nicht. Einfache – und Erfolg versprechende – Operationen, ja, damit kam sie schon zurecht, aber ein Todesopfer, nein, man würde sofort über sie herfallen.
    Die beiden Jungen knieten in ihren frischen weißen Hemden (von Rebecca für sie gebügelt), mit ihrem perfekt gekämmten Haar und den immer wieder geschrubbten Händen rechts und links neben dem Mädchen in dem strohgedeckten Schuppen, den man Krankenstation nannte, und sahen sie an, während ihnen die Tränen in die Augen traten und schließlich überquollen.
    »Sie glüht, Sylvia«, sagte Zebedee. »Fühlen Sie mal.«
    Sylvia sagte: »Warum ist sie nicht früher zu mir gekommen? Warum nicht? Wenn wir das gestern erkannt hätten. Das passiert immer wieder.« Ihre Stimme klang angespannt und rau, und zwar vor Angst. »Ist euch klar, wie ernst das ist?«
    »Wir haben ihr gesagt, dass sie kommen soll, haben wir wirklich.«
    Wenn das Mädchen starb, war das nicht ihre Schuld, aber wenn sie, Doktor Sylvia, operierte und das Mädchen dann starb, dann würde man urteilen, dass es ihre Schuld war. Die beiden jungen Gesichter flehten tränenüberströmt: bitte, bitte. Das Mädchen war ihre Cousine und auch mit Joshua verwandt.
    »Ihr wisst, dass ich keine Chirurgin bin. Ich habe es euch gesagt, Clever, Zebedee, ihr wisst, was das bedeutet.«
    »Aber Sie müssen es tun«, sagte Clever. »Ja, Sylvia, bitte, bitte.«
    Das Mädchen zog die Knie an den Bauch und stöhnte.
    »Also gut, holt mir unser schärfstes Messer. Und heißes Wasser.« Sie bückte sich, sodass ihr Mund am Ohr des Mädchens war. »Bete«, sagte sie. »Bete zur Jungfrau.« Sie wusste, dass das Mädchen katholisch war: Sie hatte es in der kleinen Kirche gesehen. Sein Immunsystem würde jede erdenkliche Hilfe brauchen.
    Die Jungen brachten die Instrumente. Das Mädchen lag nicht auf dem »Operationstisch«, sondern auf einer Pritsche unter dem Strohdach, ganz nah am Staub des Fußbodens, denn

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