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Ein süßer Traum (German Edition)

Ein süßer Traum (German Edition)

Titel: Ein süßer Traum (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Doris Lessing
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die gedämpften Töne von Palestrina oder Vivaldi, aus Colins hörte man traditionellen Jazz, aus dem Wohnzimmer, wo der Fernseher stand, abgehackte Musik und Stimmen und aus dem Souterrain das Gehämmer, das die »Kinder« brauchten.
    Das ganze große Haus war erleuchtet, kein Fenster dunkel, und von den Wänden wie von den Fenstern schien Licht abzustrahlen: Das Haus verströmte Licht und Musik.
    Als Frances Johnnys Schatten auf der Küchengardine sah, sank ihre Stimmung sofort. Er war mitten in einem Sermon, das konnte sie an den gestikulierenden Armen sehen, und als sie in die Küche kam, war er richtig in Fahrt. Schon wieder Kuba. Um den Tisch herum saßen einige junge Leute, aber sie hatte keine Zeit nachzusehen, wer dabei war. Andrew, ja, Rose, ja … das Telefon klingelte. Sie stellte die schweren Taschen ab und nahm den Hörer, es war Colin aus seiner Schule. »Mutter, hast du es schon gehört?« »Nein, was denn, ist alles in Ordnung, Colin, du bist heute Morgen einfach weggegangen …« »Ja, ja, hör mal, wir haben es gerade erfahren, es kommt in den Nachrichten. Kennedy ist tot.«
»Wer?«
»Präsident Kennedy.« »Bist du sicher?« »Er ist erschossen worden. Mach den Fernseher an.«
    Über die Schulter sagte sie: »Präsident Kennedy ist tot. Er ist erschossen worden.« Schweigen, als sie nach dem Radio griff und es einschaltete. Funkstille. Sie drehte sich um und sah, dass alle Gesichter ausdruckslos waren vor Schreck, Johnnys auch. Das Bedürfnis, eine
korrekte Formulierung
zu finden, hatte ihn stumm gemacht, und wenig später konnte er sagen: »Wir müssen die Lage einschätzen …«, aber es war ihm nicht möglich weiterzusprechen.
    »Der Fernseher«, sagte Geoffrey Bone, und wie ein Mann standen die »Kinder« vom Tisch auf und gingen zur Tür hinaus und die Treppe hinauf ins Wohnzimmer.
    Andrew rief ihnen nach: »Vorsicht, Tilly schaut zu.« Und rannte ihnen nach.
    Frances und Johnny waren allein und sahen einander an.
    »Du bist doch bestimmt gekommen, um dich nach deiner Stieftochter zu erkundigen?«, fragte sie.
    Johnny trat von einem Fuß auf den anderen: Er wollte unbedingt nach oben gehen und die 6 -Uhr-Nachrichten sehen, aber er hatte etwas zu sagen, und sie blieb, an das Regal neben dem Herd gelehnt, stehen und dachte: Also, lass mich raten … Und wie sie erwartet hatte, rückte er schließlich damit heraus: »Es geht um Phyllida, fürchte ich.«
    »Ja?«
    »Es geht ihr nicht gut.«
    »Das habe ich von Andrew gehört.«
    »Ich fahre in ein paar Tagen nach Kuba.«
    »Dann nimmst du sie am besten mit.«
    »Ich fürchte, dafür reichen die Mittel nicht, und …«
    »Wer zahlt?«
    Daraufhin erschien der ärgerliche »Was-soll-man-schon-erwarten«-Gesichtsausdruck, an dem sie immer ablesen konnte, wie dumm sie war.
    »Du solltest wissen, dass man das nicht fragt, Genossin.«
    Früher wäre sie in einem Sumpf aus Unzulänglichkeits- und Schuldgefühlen versunken – damals hatte er ganz leicht dafür sorgen können, dass sie sich fühlte wie eine Idiotin.
    »Ich frage aber. Du vergisst offenbar, dass ich Grund habe, mich für deine Finanzen zu interessieren.«
    »Und wie viel verdienst du mit deinem neuen Job?«
    Sie lächelte ihn an. »Nicht genug, um deine Söhne und jetzt auch noch deine Stieftochter zu unterhalten.«
    »Und um Krethi und Plethi und alle durchzufüttern, die hier auftauchen und eine warme Mahlzeit wollen.«
    »Was? Du willst doch nicht, dass ich potenzielles Material für die Revolution abweise?«
    »Das sind Nichtstuer und Junkies«, sagte er. »Gesindel.« Er beschloss, es dabei bewenden zu lassen, schlug einen anderen Ton an und appellierte als Genosse an das Gute in ihr. »Phyllida geht es wirklich nicht gut.«
    »Und was soll ich da deiner Meinung nach tun?«
    »Ich will, dass du ein Auge auf sie hast.«
    »Nein, Johnny.«
    »Dann Andrew. Er hat nichts Besseres zu tun.«
    »Er ist damit beschäftigt, sich um Tilly zu kümmern. Weißt du, sie ist wirklich krank.«
    »Ihr geht es vor allem darum, Mitleid zu erregen.«
    »Warum hast du sie dann bei uns abgeladen?«
    »Ach … Scheiße«, sagte Genosse Johnny. »Psychologische Störungen sind nicht mein Gebiet, das ist deins.«
    »Sie ist krank. Sie ist wirklich krank. Und wie lange bleibst du weg?«
    Er blickte zu Boden und runzelte die Stirn. »Ich hatte gesagt, ich fahre für sechs Wochen. Aber bei dieser Krise jetzt …« Weil ihm die Krise einfiel, sagte er: »Ich gehe die Nachrichten sehen.« Und schon war er

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