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Ein süßer Traum (German Edition)

Ein süßer Traum (German Edition)

Titel: Ein süßer Traum (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Doris Lessing
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ein Gesicht hervor, einen blendend weißen Anzug, das Aufblitzen eines Kolliers. Die Leute grüßten Andrew: Wie beliebt er war, dieser gut aussehende und vornehme grauhaarige Herr, der das glamouröse Mädchen wohl verdiente, das bei ihm war, denn das war durch das
fait accompli
der Heirat bewiesen.
    Das Essen fand in einem abgetrennten Raum statt, groß genug für die ungefähr hundert Gäste, ein entzückender Saal, dessen Einrichtung die beabsichtigte Wirkung hatte: Die Privilegierten, die ihn benutzten, konnten nicht sagen, ob sie in Benares waren oder in Bogotá oder in Senga.
    Sylvia kannte einige Gesichter vom selben Morgen im Café, aber andere musste sie immer wieder ansehen … Du lieber Gott, das war doch Geoffrey Bone, gut aussehend wie immer, und neben ihm der inzwischen gemäßigte und wohlgebürstete rotbraune Feuerkopf von Daniel, seinem Schatten. Und James Patton war da. Bei manchen Leuten dauerte es Jahrzehnte, bis man verstand, was die Natur von Anfang an für sie vorgesehen hatte: In diesem Fall war jemand vollkommen zum Mann des Volkes geworden, umgänglich und liebenswürdig, gemütlich und rundlich, und seine rechte Hand war immer bereit, das Fleisch zu tätscheln, das sich ihm präsentierte. James Patton, Mitglied des Unterhauses mit sicherem Labour-Mandat und bei dieser Gelegenheit auf Geoffreys Einladung hin Gast von Caring International. Und Jill … ja, Jill, eine füllige Frau mit ergrauender Frisur, seit Jahren schon Gemeinderätin in einem Londoner Stadtbezirk, der für Misswirtschaft im Umgang mit seinen Mitteln berüchtigt war. Das Wort korrupt würde man natürlich nie mit dieser soliden Bürgerin in Verbindung bringen, bei der die Zeit der Schlachten mit der Polizei, der Krawalle, des Sturms auf die amerikanische Botschaft schon so lange zurücklag, dass sie sie ganz bestimmt vergessen hatte oder murmelte: Ach ja, früher war ich ziemlich rot.
    Man hatte Sylvia nicht neben Andrew platziert, der, von zwei wichtigen Südamerikanern flankiert, am Kopfende des Tisches saß, sondern neben Mona, einige Plätze weit weg. Sylvia wusste, dass sie so unsichtbar war wie ein namenloser kleiner brauner Vogel neben einem Rad schlagenden Pfau, denn die Leute sahen ständig Mona an, deren Namen jeder kannte, der sich irgendwie für Mode interessierte. Und warum war Mona hier? Sie sagte zu Sylvia, sie nehme als Andrews persönliche Assistentin an der Konferenz teil, und gratulierte Sylvia kichernd zu ihrem neuen Status als Andrews zweite Sekretärin, denn so bezeichnete man sie jetzt, wenn sie vorgestellt wurde. Sylvia konnte still dasitzen und beobachten und sich im Geiste ausmalen, wie Clever und Zebedee in diesen attraktiven Uniformen aussehen würden, die, purpurrot und weiß, zusammen mit der schwarzen Haut der lächelnden Kellner umwerfend waren. Sie wusste ganz genau, wie die jungen Leute für diese Jobs hatten arbeiten müssen, intrigieren, betteln, und was ihre Eltern geopfert hatten, damit sie diesen internationalen Stars Gerichte servieren durften, von denen die meisten noch nie etwas gehört hatten, bevor sie in das Hotel gekommen waren.
    Sylvia konnte zwischen Krokodilschwänzen in rosa Mayonnaise und aus Südostasien importierten Palmherzen wählen, und die ganze Zeit weinte ihr Herz, ja, das tat es, es klagte leise in ihr, während sie neben Andrews schöner Frau saß. Sie würde nicht lange halten, diese Ehe, man musste nur zusehen, wie sie auftraten, mit der geschmeidigen Selbstzufriedenheit wohlgenährter Katzen, und schon wusste man, dass sie zu Andrew wahrscheinlich nur ja gesagt hatte, weil sie es genoss zu sagen: »Ich habe schon immer ältere Männer gemocht«, um die Jüngeren zu ärgern. Und er hatte ja gesagt, weil er nie verheiratet gewesen war und die üblichen Gerüchte hatte ertragen müssen. Obwohl er mit einem Dutzend berühmter Frauen »befreundet« gewesen war, hatte er endlich Flagge zeigen und sich festlegen müssen, und das hatte er getan, denn hier war sie, seine kindliche Braut.
    Sylvia sah sich um und verzweifelte und dachte an ihr Krankenhaus, das man geschlossen hatte, während im Dorf Leute krank waren oder gebrochene Glieder hatten oder … Es waren nie weniger als dreißig oder vierzig am Tag, die Hilfe brauchten; sie dachte an den Wassermangel, an den Staub, an Aids, sie kam gegen all diese schalen, alten Gedanken nicht an, die sie zu oft und ohne jeden Nutzen gedacht hatte. Sie stellte sich die Gesichter von Clever und Zebedee vor, die

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