Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Ein süßer Traum (German Edition)

Ein süßer Traum (German Edition)

Titel: Ein süßer Traum (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Doris Lessing
Vom Netzwerk:
fertig waren, schwebten ihre Löffel gleichzeitig über dem Pudding. Und nach ein paar Bissen war er verschwunden.
    »Kein Christmas Pudding?«, fragte Colin. »Kein Christmas Pudding zu Weihnachten?«
    Frances stand auf, holte eine Büchse Christmas Pudding aus dem hohen Regal, wo er in Ruhe gereift war, und wenig später stand er dampfend auf dem Herd.
    »Wie lange braucht er?«, fragte Colin.
    »Eine Stunde.«
    Sie legte Brotlaibe auf den Tisch, dann Butter, Käse, Teller. Sie putzten den Stilton weg und fingen an, ernsthaft zu essen, nachdem sie das geplünderte Tablett zur Seite geschoben hatten.
    »Mutter«, sagte Colin, »wir müssen Sophie fragen, ob sie hier bei uns wohnen will.«
    »Aber sie wohnt doch praktisch hier.«
    »Nein – richtig, meine ich. Es hat nichts mit mir zu tun … Ich meine, ich sage nicht, dass Sophie und ich eine feste Einrichtung sind, so ist das nicht. Das geht bei ihr zu Hause nicht so weiter. Du würdest nicht glauben, wie sie ist, Sophies Mutter. Sie weint und schnappt sich Sophie und sagt, dass sie zusammen von der Brücke springen oder Gift nehmen müssen. Stell dir vor, so zu leben!« Es klang, als würde er ihr, Frances, Vorwürfe machen, und er schien es selbst zu bemerken, als er in anderem Ton, quasi entschuldigend, sagte: »Wenn du nur einen Eindruck hättest von diesem Haus, es ist, als fiele man in ein schwarzes Loch.«
    »Du weißt, wie gern ich Sophie habe. Aber ich sehe wirklich nicht, wie Sophie ins Souterrain ziehen und da mit Rose wohnen soll, oder mit wem auch immer, der hier auftaucht. Ich nehme doch an, du meinst nicht, dass sie bei dir einzieht?«
    »Also … nein, so weit ist es nicht. Aber sie kann doch im Wohnzimmer kampieren, wir benutzen es kaum.«
    »Wenn mit dir und Sophie Schluss ist, kann ich dann mit deiner Erlaubnis mein Glück versuchen?«, fragte Andrew. »Ich bin wahnsinnig verliebt in Sophie, wie wohl jeder weiß.«
    »Ich habe nicht gesagt …«
    Die beiden jungen Männer fielen in den Zustand von Schuljungen zurück und fingen an, sich mit Ellbogen und Knien zu schubsen.
    »Frohe Weihnachten«, sagte Frances, und sie hörten sofort auf.
    »Apropos Rose, wo ist sie denn?«, fragte Andrew. »Ist sie nach Hause gefahren?«
    »Natürlich nicht«, sagte Colin. »Sie ist unten und heult sich abwechselnd die Augen aus oder schminkt sich das Gesicht.«
    »Woher weißt du das?«
    »Du kennst die Vorteile einer progressiven Schule nicht. Ich weiß alles über Frauen.«
    »Ich wünschte, ich auch. Meine Ausbildung ist zwar in jeder Hinsicht besser als deine, aber in der Abteilung Menschliches bin ich ein absoluter Versager.«
    »Immerhin kommst du gut mit Sylvia klar«, sagte Frances.
    »Ja, aber das ist doch keine Frau! Eher der Geist von einem kleinen Kind, das einer ermordet hat.«
    »Das klingt ja grauenhaft«, sagte Frances.
    »Aber wahr«, sagte Colin.
    »Wenn Rose wirklich unten ist, dann laden wir sie wohl besser ein«, schlug Frances vor.
    »Muss das sein?«, fragte Andrew. »Es ist so schön, dass wir einmal
en famille
sind.«
    »Ich frage sie«, sagte Colin, »sonst nimmt sie eine Überdosis und sagt dann, wir sind schuld.«
    Er sprang auf und lief die Treppe hinunter. Frances und Andrew sahen einander nur an, als sie das Heulen von unten hörten, mit dem Colin empfangen wurde. Dann ließ Colins laute, vernünftige Stimme sich vernehmen, und schließlich kam Rose, von Colin getrieben, herein.
    Sie war stark geschminkt, die Augen dunkel von falschen Wimpern und lila Lidschatten umrahmt. Sie war wütend, ihr Blick vorwurfsvoll und flehend, und es schien, als würde sie jeden Moment anfangen zu weinen.
    »Es gibt gleich Christmas Pudding«, sagte Frances.
    Rose hatte jedoch das Obst auf dem Tablett gesehen und untersuchte es. »Was ist das hier?«, fragte sie aggressiv. »Was ist das?« Sie hielt eine Litschi hoch.
    »Die hast du sicher schon probiert, man bekommt sie als Dessert nach einem chinesischen Essen«, sagte Andrew.
    »Was für chinesisches Essen? Ich kriege nie chinesisches Essen.«
    »Gib her.« Colin schälte die Litschi, und die knusprigen Fragmente der zart zerfurchten Schale enthüllten die perlmuttfarben schimmernde Frucht, die wie ein kleines Mond-Ei war, und als er den glänzenden schwarzen Kern entfernt hatte, reichte er sie Rose. Sie schluckte sie hinunter und sagte: »Nichts Besonderes, ist den Aufstand nicht wert.«
    »Du musst sie auf die Zunge legen und ihr Inneres zu deinem Inneren sprechen lassen.« Colin legte

Weitere Kostenlose Bücher