Ein süßer Traum (German Edition)
sie nicht davor schützen.« Andrew dachte daran, dass er jeden Morgen sein Horoskop las, obwohl er natürlich nicht daran glaubte, und dass er mit dem Gedanken gespielt hatte, sich die Zukunft vorhersagen zu lassen. »Ich finde, du machst dir zu viel daraus«, wagte er zu sagen und war zufrieden, dass sie zumindest nickte und dann seufzte.
»Also gut«, sagte sie. »Aber wie kommt es, dass diese … diese … skandalösen Sachen plötzlich überall sind?«
»Eine gute Frage«, sagte Andrew. Als er sie umarmte, war sie ganz steif in seinen Armen.
Julia und Sylvia vertrugen sich wieder. »Wir haben uns wieder vertragen«, sagte das Mädchen zu Andrew, als wäre etwas Schweres, Trauriges leicht und harmlos geworden.
Allerdings wollte Julia über Sylvias neue Entdeckungen nichts hören, sie wollte keine Stängel werfen für das I Ging und auch nicht über Buddhismus reden, und damit war ihre vollkommene Intimität zu einem Ende gekommen. Eine Intimität, die vertrauensvoll und zutraulich war und so leicht wie das Atmen und nur möglich ist zwischen einem Erwachsenen und einem Kind. Sie musste enden, weil der junge Mensch erwachsen werden muss. Aber auch wenn der Erwachsene das weiß und erwartet, müssen Herzen bluten und brechen. Julia hatte diese Art Liebe zu einem Kind nie erlebt, ganz bestimmt nicht bei Johnny, und sie wusste nicht, dass aus dem Kind, das erwachsen wird, eine Fremde werden muss – und Sylvia hatte bei ihr einen rapiden Prozess des Erwachsenwerdens durchgemacht. Plötzlich war Sylvia nicht mehr das Mädchen, das glücklich hinter Julia hertrottete und Angst bekam, wenn es sie nicht mehr sah. Sie war reif genug, um aus dem Muster der Schafgarbenstängel – die sie um Rat gefragt hatte – herauszulesen, dass sie ihre Mutter besuchen musste. Das tat sie auch, allein, und Phyllida kreischte nicht und war nicht hysterisch, sondern ruhig, zurückgezogen und sogar würdevoll. Sie war allein: Johnny war bei einer Versammlung.
Sylvia erwartete die Vorwürfe und Anschuldigungen, die sie nicht ertragen konnte – sie wusste, dass sie dann weglaufen würde –, aber Phyllida sagte: »Du musst tun, was du für richtig hältst. Ich weiß, dass es dort besser für dich ist, bei den jungen Leuten. Und deine Großmutter mag dich, wie ich höre.«
»Ja. Ich liebe sie«, sagte das Mädchen schlicht und zitterte dann, weil es Angst vor der Eifersucht seiner Mutter hatte.
»Liebe ist einfach, wenn man reich ist«, sagte Phyllida, und das war ihre kritischste Bemerkung. Weil sie beschlossen hatte, sich gut zu benehmen und die Dämonen nicht loszulassen, die in ihr zerrten und heulten, wirkte sie apathisch und hohl. Sie wiederholte: »Es ist besser für dich, ich weiß das.« Und: »Du musst das selbst entscheiden.« Als wäre nicht alles schon lange entschieden. Sie bot dem Mädchen keinen Tee und keine Erfrischung an, sondern saß nur da, umklammerte die Armlehne ihres Sessels, starrte ihre Tochter an und blinzelte in unregelmäßigen Abständen. Und dann, als alles aus ihr herausplatzen wollte, sagte sie schnell: »Geh jetzt lieber, Tilly. Ja, ich weiß, du heißt jetzt Sylvia, aber für mich heißt du Tilly.«
Sylvia ging und wusste, dass sie kurz davor gewesen war, angeschrien zu werden.
Als Erster kam Colin zurück. Er sagte, es sei großartig gewesen, und sonst sagte er nichts. Er war jetzt oft in seinem Zimmer und las.
Sophie kam und sagte, sie fange mit der Schauspielschule an und werde von zu Hause aus hingehen, weil ihre Mutter sie noch brauche. »Aber kann ich bitte oft kommen – ich habe doch unsere Abendessen so gern, Frances, und unsere Abende.« Frances beruhigte sie und nahm sie in die Arme, und so spürte sie, dass das Mädchen Probleme hatte.
»Was ist los?«, fragte sie. »Liegt es an Roland? War es nicht schön mit ihm?«
Sophie sagte: »Ich glaube, ich bin nicht alt genug für ihn.« Und das meinte sie vollkommen ernst.
»Ah, verstehe. Hat er das gesagt?«
»Er hat gesagt, wenn ich mehr Erfahrung hätte, würde ich das verstehen. Es ist ulkig, Frances. Manchmal habe ich das Gefühl, er ist gar nicht da. Und trotzdem liebt er mich, Frances, das hat er gesagt …«
»Na also.«
»Wir haben schöne Dinge unternommen. Wir sind meilenweit gelaufen, sind ins Theater gegangen, wir haben uns mit anderen Leuten zusammengetan, und es war groovy.«
Geoffrey fing an der London School of Economics an. Eines Tages kam er vorbei und sagte, er habe das Gefühl, jetzt ein großer Junge zu
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