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Ein süßer Traum (German Edition)

Ein süßer Traum (German Edition)

Titel: Ein süßer Traum (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Doris Lessing
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der man erwartete, dass sie ihre A-Level-Prüfung bestehen würde, wenn sie dafür arbeitete.
    Und wo sollte sie wohnen? Sie fragten Phyllida, ob Jill das Zimmer haben könne, das Franklin benutzt hatte, und Phyllida sagte: »Ich kann es mir leider nicht aussuchen.«
    Kaum war Jill da, fing Phyllida mit ihren Vorwürfen an, die sie auf das Mädchen richtete. In der Küche konnte man das schwere, klagende Schwanken von Phyllidas Stimme hören, das immer weiterging, und schon nach einem Tag wandte Jill sich an Sylvia, und die beiden Mädchen gingen zusammen zu Frances und Andrew.
    »Niemand hält das aus«, sagte Sylvia. »Gebt nicht ihr die Schuld.«
    »Aber nein«, sagte Frances. »Aber nein«, sagte Andrew.
    »Ich kann doch im Wohnzimmer kampieren«, schlug Jill vor.
    »Dann kannst du unser Badezimmer benutzen«, sagte Andrew.
    Was man Rose verwehrt hatte, wurde Jill gewährt, denn sie würde keine Gewitterwolken aus Zorn und Misstrauen ins Zentrum des Hauses tragen. Und Julia sagte: »Ich wusste es. Ich wusste es immer. Jetzt ist dieses schöne Haus endlich ein Obdachlosenasyl. Es wundert mich, dass das nicht schon lange so ist.«
    »Wir benutzen das Wohnzimmer kaum«, sagte Andrew.
    »Das ist nicht der Punkt, Andrew.«
    »Das weiß ich, Großmutter.«
    Und das war also die Situation seit Herbst 1964 : Andrew kam immer wieder aus Cambridge, Jill lernte eifrig und war verantwortungsbewusst, Sylvia arbeitete so schwer, dass Julia weinte und sagte, das Mädchen würde krank werden, und Colin war manchmal zu Hause und manchmal nicht. Frances arbeitete daheim und immer öfter an interessanten Unternehmungen mit Rupert Boland und oft im Cosmo. Phyllida hielt sich unten auf, benahm sich gut und ließ Sylvia in Ruhe, die sich ohnehin von ihr fernhielt.
    1965 kam es zur Aussöhnung zwischen Jill und ihren Eltern, und sie ging zur LSE , »um bei meinen Freunden zu sein«. Sie sagte, sie werde nie die Freundlichkeit vergessen, die sie gerettet habe. »Ihr habt mich gerettet«, sagte sie ernst. »Ich wäre fertig gewesen ohne euch.« Danach hörten sie über andere von ihr: Sie stürzte sich ganz in das politische Geschehen und traf häufig Johnny und seine Genossen. So war der Sommer 1968 gekommen, und vier Jahre waren vergangen.
    Es war Wochenende. Weder Andrew noch Sylvia waren in die Ferien gefahren, sie lernten. Colin war nach Hause gekommen, um einen Roman zu schreiben, wie er verkündet hatte. Ohne dass er es hören konnte, hatte Julia gesagt: »Natürlich! Genau der richtige Beruf, um zu scheitern!«, aber man hatte es ihm hinterbracht. Also war für das gesorgt, was ein beginnender Romancier braucht, nämlich die Entmutigung durch die Nächsten und Liebsten, Frances jedoch gab sich Mühe, unverbindlich zu sein, während Andrew skurrile Witze machte.
    Johnny rief an, um seinen Besuch anzukündigen. »Nein, macht euch nicht die Mühe zu kochen, wir haben dann schon gegessen.« Frances beschloss – während ihr Blutdruck in die Höhe schoss und wieder fiel –, dass Johnny diese erstaunliche Frechheit wahrscheinlich für schmeichelhaftes Benehmen hielt. Interessant, dieses »wir«. Stella konnte er nicht meinen, denn die war in den Staaten. Sie war weggefahren, um an den großen Schlachten teilzunehmen, die der schlimmsten Diskriminierung der Schwarzen im Süden ein Ende bereiten sollten, und war inzwischen berühmt für ihren Mut und ihr organisatorisches Geschick. Weil ihr Besuchervisum abzulaufen drohte, hatte sie einen Amerikaner geheiratet. Sie hatte Johnny angerufen, um ihm zu sagen, es sei nur eine Formsache, er müsse das verstehen, es sei ihre revolutionäre Pflicht. Sie werde zurückkommen, wenn die Schlacht gewonnen sei. Inzwischen kamen über den Atlantik Gerüchte, die besagten, dass diese Form-Ehe gut lief, besser als ihr Intermezzo mit Johnny, das eine ziemliche Katastrophe gewesen war. Sie war viel jünger als Johnny und hatte zuerst Ehrfurcht vor ihm gehabt, aber bald gelernt, mit eigenen Augen zu sehen. Sie hatte viel Zeit zum Nachdenken gehabt, denn oft war sie allein gewesen, während er zu Versammlungen ging und mit anderen Delegierten fremde Länder bereiste.
    Johnny hätte gerne am großen amerikanischen Kampf teilgenommen, er sehnte sich danach wie ein Kind, das nicht zu einer Party eingeladen worden ist, aber er bekam kein Visum. Er ließ durchblicken, dass das an seiner Akte aus dem Spanischen Bürgerkrieg lag. Stattdessen ging er dann nach Frankreich, und wie berichtet wurde, kämpfte er an

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