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Ein süßer Traum (German Edition)

Ein süßer Traum (German Edition)

Titel: Ein süßer Traum (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Doris Lessing
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worden. Julia, die seinen Aufstieg zum Ruhm verfolgt hatte, nannte ihn eine »rasende rote Eminenz – wie Johnny«.
    »Johnny glaubt, ich bekomme von Alan mehr Geld, als ich tatsächlich bekomme. Ich habe seit zwei Jahren keinen Penny mehr von ihm gesehen.«
    »Ich sagte, ich will das nicht wissen.«
    Sie saßen in einem beinahe unmöblierten Zimmer, denn Johnny hatte für sein neues Leben mit Stella fast alles mitgenommen. Es gab einen kleinen Tisch, zwei Stühle, ein altes Sofa.
    »Ich hatte so ein schweres Leben«, setzte Phyllida an, und der Ton war Sylvia so vertraut, dass sie sofort aufstand – ohne List, ohne Taktik: Ihre Angst trieb sie fort von ihrer Mutter. Sie spürte schon, wie das innere Zittern begann, das sie in der Vergangenheit hilflos, schlaff und hysterisch gemacht hatte.
    »Das ist nicht meine Schuld«, sagte Sylvia.
    »Das ist nicht
meine
Schuld«, sagte Phyllida im schwankenden Ton ihrer Klagelitanei. »Ich habe nichts getan, womit ich verdient hätte, dass man mich so behandelt.« Jetzt merkte sie, dass Sylvia am anderen Ende des Zimmers stand, so weit wie möglich weg, die Hand vor den Mund presste, und sie anstarrte, als hätte sie Angst, dass ihr schlecht werden könnte.
    »Es tut mir leid«, sagte sie. »Bitte geh nicht. Setz dich, Tilly – Sylvia.«
    Das Mädchen kam zurück, zog den Stuhl ein Stück weg, setzte sich und wartete mit kaltem Gesichtsausdruck ab.
    »Wenn ich in dieser Wohnung wohnen würde, könnte ich es schaffen. Ich würde Julia fragen, aber ich habe Angst vor Frances, sie sagt sicher nein. Bitte frag du sie für mich.«
    »Kann man ihr das verdenken?«, schnappte Sylvia. Jemand, der das entzückende Geschöpf kannte und liebte, das, wie Julia sagte, »dieses alte Haus erleuchtet wie ein kleiner Vogel«, hätte dieses unnachgiebige Gesicht nicht wiedererkannt.
    »Aber das ist nicht meine Schuld …« Als Phyllida sah, dass Sylvia aufgesprungen war und gehen wollte, sagte sie: »Oh, warte, warte. Es tut mir leid.«
    »Ich halte das nicht aus, wenn du dich beklagst und mir Vorwürfe machst«, sagte Sylvia. »Verstehst du das nicht?
Ich ertrage das nicht
, Mutter.«
    Phyllida versuchte zu lächeln und sagte: »Ich tue es nicht mehr, versprochen.«
    »Versprichst du das wirklich? Ich will mein Examen fertig machen und Ärztin werden. Wenn du im Haus bist und ständig an mir herumnörgelst, laufe ich einfach weg.
Ich ertrage das nicht

    Phyllida war erschrocken über ihre Heftigkeit. Sie seufzte und sagte: »Oje, war ich wirklich so schlimm?«
    »Ja, das bist du. Und sogar, als ich ganz klein war, hast du immer zu mir gesagt, es ist alles deine Schuld, ohne dich würde ich dies machen oder das machen. Einmal hast du gesagt, du willst mich zwingen, dass ich den Kopf in den Gasherd stecke, zusammen mit dir, und sterbe.«
    »Wirklich? Dann hatte ich sicher einen guten Grund.«
    »Mutter.«
Sylvia stand auf. »Ich gehe jetzt. Ich spreche mit Julia und Frances. Aber ich werde mich nicht um dich kümmern. Erwarte das nicht. Du würdest die ganze Zeit nur an mir herumnörgeln.«
    Als Frances also gerade freudig beschlossen hatte, den Journalismus und Tante Vera für immer aufzugeben, und die seriösen soziologischen Artikel auch, ganz zu schweigen von den gelegentlichen Beiträgen, die sie mit Rupert Boland schrieb, eröffnete Julia ihr, sie werde Phyllida ein Taschengeld geben müssen und »generell für sie sorgen. Sie ist nicht wie du, Frances. Sie kann nicht für sich selbst sorgen. Aber ich habe ihr gesagt, dass sie genügsam sein muss und dich nicht belasten darf.«
    »Und Sylvia nicht belasten darf, was wohl wichtiger ist.«
    »Sylvia meint, sie kommt damit zurecht.«
    »Das will ich hoffen.«
    »Aber wenn ich Phyllida ein Taschengeld gebe … kannst du dann die Gebühren für Andrew übernehmen? Verdienst du genügend Geld?«
    »Natürlich.« Und wieder war das Theater dahin. All das geschah im Herbst 1964 , und Folgendes auch: Rose war ausgezogen. Sie wusste, dass sie bei ihren Prüfungen gut abgeschnitten hatte: Sie musste die Ergebnisse nicht abwarten, um das zu wissen. Sie kam nach oben, als Frances, Colin und Andrew zusammen im Wohnzimmer saßen, und sagte: »Und jetzt habe ich eine tolle Neuigkeit. Ich ziehe aus. Dann seid ihr mich endlich los. Ich bin für immer weg. Ich gehe zur Universität.« Sie rannte die Treppe hinunter und war mit einem Mal verschwunden. Sie warteten darauf, dass sie anrief oder schrieb – aber nichts. In der Wohnung hatte sie ein

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