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Ein süßer Traum (German Edition)

Ein süßer Traum (German Edition)

Titel: Ein süßer Traum (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Doris Lessing
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verrückt nach ihr ist.«
    »Sophie?«, stammelte Franklin.
    »Oh ja, ihr seid doch alle scharf auf Sophie.«
    »Es war ein Irrtum«, sagte Franklin. »Ein Irrtum, weiter nichts.«
    »Ach, wirklich«, sagte Rose. »Jetzt hättest du mich beinahe hereingelegt.« Und sie drehte sich um und ging ins Bett.
    Sie war natürlich nicht in Franklin verliebt, sie hatte nicht einmal eine Schwäche für ihn, aber es hätte ihr gefallen, wenn er es versucht hätte. Eine Schwester, von wegen Schwester. Sie konnte doch zu einem schwarzen Jungen nicht nein sagen, oder? Das würde seine Gefühle verletzen.
    Und Franklin lag zusammengekrümmt in seinem Bett, geballt wie eine Faust, und weinte bitterlich.
     

Jenes turbulente Jahr 1968 war einigermaßen friedlich in Julias Haus, in dem sich schon lange nicht mehr die »Kinder« drängten, sondern nüchterne Erwachsene.
    Vier Jahre: Das ist eine lange Zeit – jedenfalls, wenn man jung ist.
    Sylvia hatte sich als geradezu unnatürlich begabt erwiesen, sie packte Arbeit für zwei Jahre in eines, nahm an Prüfungen teil, als wären sie angenehme Herausforderungen, und hatte offenbar keine Freunde. Sie war katholisch geworden, traf sich oft mit einem attraktiven Jesuitenpriester namens Pater Jack in der Farm Street und ging jeden Sonntag in die Westminster Cathedral. Sie war auf dem Weg, Ärztin zu werden.
    Auch Andrew hatte sich gut entwickelt. Er kam oft aus Cambridge nach Hause. Warum hat er keine Freundin, sorgte sich seine Mutter. Aber er sagte, ihm sei der Appetit vergangen, er habe zu lange zusehen müssen, wie »euer Verein« saure Trauben vertilgte.
    Colin hatte zunächst erklärt, die Abschlussprüfung zu machen, die Schule dann aber abgebrochen. Wochenlang blieb er im Bett und schrie jeden an, der an seine Tür klopfte: »Geh weg!« Eines Tages stand er auf, als wäre nichts passiert, und sagte: »Es wird Zeit, dass ich ein bisschen was von der Welt sehe, Mutter.« Und schon war er weg, und es kamen Postkarten aus Italien, aus Deutschland, den Vereinigten Staaten, Kuba. »Du kannst Johnny von mir ausrichten, dass er komplett verrückt ist. Das hier ist die Gosse.« Brasilien, Ecuador. Zwischen den Reisen kam er zurück und war höflich, erzählte aber nichts.
    Sophie war mit der Schauspielschule fertig und spielte kleine Rollen. Sie kam zu Frances und beklagte sich darüber, dass sie ihrem Aussehen entsprechend Rollen bekam. Und Frances sagte nicht: »Keine Sorge, das gibt sich mit der Zeit.« Sophie lebte jetzt mit Roland Shattock zusammen, der schon einen Namen hatte und Hamlet spielte. Sie sagte Frances, sie sei nicht glücklich und wisse, dass sie ihn eigentlich verlassen sollte.
    Frances wäre fast zum Theater zurückgekehrt. Sie hatte sogar ja zu einer verlockenden Rolle gesagt, dann aber wieder ablehnen müssen. Geld, wieder war es das Geld. Colins Schulgeld fiel jetzt weg, und Julia war bereit, weiterhin Sylvia und Andrew zu übernehmen, aber dann kam Sylvia und fragte, ob Phyllida in der Souterrainwohnung wohnen könne. Folgendes war passiert: Johnny hatte Sylvia angerufen und gesagt, sie müsse ihre Mutter besuchen. »Und sag nicht nein, Tilly, das geht so nicht.«
    Sylvia wurde schon von ihrer Mutter erwartet, die sich angezogen hatte, um den Eindruck zu erwecken, allem gewachsen zu sein. Aber sie sah krank aus. Es war nichts zu essen da, nicht einmal ein Laib Brot. Johnny war ausgezogen und wohnte bei Stella Linch, und er gab Phyllida weder Geld, noch bezahlte er die Miete. »Such dir eine Stelle«, hatte er zu ihr gesagt.
    »Wie soll ich mir denn eine Stelle suchen, Tilly?«, hatte Phyllida zu ihrer Tochter gesagt. »Es geht mir nicht gut.«
    Das war offensichtlich.
    »Warum nennst du mich nicht Sylvia?«
    »Oh, das kann ich nicht. Ich höre immer noch, wie mein kleines Mädchen sagt: ›Ich bin Tilly.‹ Die kleine Tilly, so werde ich mich immer an dich erinnern.«
    »
Du
hast mich Sylvia genannt.«
    »Ach, Tilly, ich will es versuchen.« Und Phyllida tupfte sich die Augen mit einem Papiertaschentuch ab, bevor das eigentliche Gespräch begonnen hatte. »Wenn ich in dieser Wohnung wohnen könnte, dann könnte ich es schaffen. Manchmal gibt mir dein Vater doch Geld.«
    »Ich will nichts von ihm hören«, sagte Sylvia. »Er war nie ein Vater für mich. Ich kann mich kaum an ihn erinnern.«
    Ihr Vater war Genosse Alan Johnson, der so berühmt war wie Genosse Johnny. Er hatte im Spanischen Bürgerkrieg gekämpft – das hatte er wirklich – und war verwundet

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