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Ein Tag im Maerz

Ein Tag im Maerz

Titel: Ein Tag im Maerz Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jessica Thompson
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DVD s zu Hause«,erwiderte die Frau, errötete leicht und spielte an dem großen Goldring an ihrem Ringfinger.
    Rita sah auf ihr dunkelgrünes Kostüm herunter und fühlte sich mit einem Mal schlecht. Schlecht, weil sie so kühl und voreingenommen war, ohne überhaupt zu wissen, wer diese Frau war; weil sie hier gesessen hatte, ein Glas gekühlten Weißwein in der Hand, und herabsetzende Mutmaßungen anstellte, während sie selbst nie etwas anderes als Komfort, Kultur und Privilegien gekannt hatte.
    »Ach, das ist schön. Nun, Sie sind bestimmt sehr aufgeregt, es sich hier anzusehen.«
    »Ja, ich kann es gar nicht abwarten. Meine Tochter ist mit dabei«, sagte die Frau und schwoll vor Stolz sichtlich an.
    »Tatsächlich?«, fragte Rita. Sie wandte sich der Frau ganz zu, sodass sie einander in die Augen blickten.
    »Ja«, hörte sie die Antwort, dann verdunkelte sich das Licht, und das Orchester begann zu spielen.
    Rita fragte sich, wer ihre Tochter sein konnte: Sie hatte viele Angehörige der Ensemblemitglieder auf der Eröffnungsparty kennengelernt   … Vielleicht arbeitete die Tochter hinter den Kulissen oder in der Beleuchtung, und die Frau meinte das, wenn sie »mit dabei« sagte.
    »Ach, wunderbar, hilft sie hinter der Bühne?«, fragte Rita mit gesenkter Stimme wegen der Leute ringsum und hob das Weinglas an die Lippen.
    »Von wegen. Es ist wirklich aufregend. Sie hat die Hauptrolle. Sie ist Swanilda«, sagte die Frau, als sich der Vorhang hob. Ihr breites Lächeln offenbarte eine Lücke an der Stelle eines vorderen Backenzahns.
    Rita begann zu husten und spuckte prompt ihr Getränk über das frisierte Haar in der Reihe vor sich. Während Rachel anmutig auf die Bühne kam, blickte Rita die Frau voller Entsetzen an.
    Sie hatte die Hand an die jeansbekleidete Brust gepresst, und ihr zerklüftetes Gesicht wirkte wieder jugendlich und strahlte vor überwältigendem Stolz und unermesslicher Liebe.

29
    »Soll ich die Schuhe ausziehen?«

    Freitag, 19. Juni 2009
    Angel, Nord-London
    18 Uhr
    »Willkommen in meinem bescheidenen Domizil, holde Dame«, sagte Adam, als er mit einem breiten Lächeln die Tür öffnete.
    Bryony verharrte auf der Schwelle, in der Hand eine Flasche Weißwein. Im Bauch hatte sie Schmetterlinge. Er sah so gut aus. Nein   – gut sah er immer aus, aber heute Abend war er hinreißend. Flüchtig fragte sie sich, wie es wohl wäre, ihn zu küssen, und schämte sich im nächsten Moment. Sie fragte sich, ob er es ihrem Gesicht anmerkte.
    »Soll ich die Schuhe ausziehen?«, fragte sie und sah auf ihre Füße. Sie trug ein rotes Top, enge schwarze Jeans und brandneue weiße Converse.
    »Nein, sei nicht albern. Komm rein und fühl dich wie zu Hause«, sagte er mit einer komischen Stimme, zog die Tür ein bisschen weiter auf und winkte sie mit einer ausladenden Armbewegung herein wie ein Zirkusdirektor. Er wirkte aufgekratzt und nervös.
    Adam war leger, aber irgendwie doch »passend« in einen grauen, grobgestrickten Pullover mit einer schwarzen Jeans gekleidet. Bryony fiel auf, dass der Saum seiner Unterhose wieder einmal aus dem Bund guckte; diesmal war sie weiß mit grünenPunkten. Ihr Herz schlug heftig, doch sie konnte nicht genau sagen, wieso eigentlich.
    »Oh, die Unterhose«, sagte er, als er bemerkte, wohin sie blickte, und zerrte den Pullover herunter.
    »Tut mir leid, war das so offensichtlich?«, fragte Bryony und ging an ihm vorbei in den Wohnungsflur.
    Adam verzog das Gesicht und riss rasch die Jeans hoch, solange sie ihm den Rücken zukehrte, dann strich er sich den Pony glatt, der mit ärgerlicher Geschwindigkeit nachgewachsen war. »Hier lang«, sagte er, überholte Bryony und führte sie ins Wohnzimmer.
    Einer seiner Mitbewohner saß mit heraushängender Zunge auf dem Sofa. Er versuchte, sich eine riesengroße Zigarette zu drehen, und scheiterte kläglich. Er hatte eine beträchtliche Menge Tabak in seinen Schoß fallen lassen, und an seiner Hand klebten insgesamt drei Blättchen. Im Hintergrund spielte leise Rockmusik, und an den weißen Wänden des Zimmers hingen gerahmte Albencover, darunter viele von Pink Floyd und David Bowie.
    »Was zum Teufel machst du da?«, fragte Adam ihn mit verlegenem Gesichtsausdruck.
    »Was meinst du denn wohl? Ich versuche, der Welt längste Zigarette zu drehen«, erwiderte der Mitbewohner tonlos. Er hatte dichtes, lockiges Haar, das irgendwie schief um sein schmales Gesicht wuchs, und war auf jeden Fall sehr groß   – Bryony sah, dass seine Knie

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