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Ein Tag im Maerz

Ein Tag im Maerz

Titel: Ein Tag im Maerz Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jessica Thompson
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hätte schwören können, dass ihr Haar in der wirklichen Welt keine solch erstaunliche Farbe besessen hatte. Er konnte sich nicht erinnern, dass sie solch eine pfirsichglatte Haut gehabt hatte, die fast unglaublich perfekt aussah, während ihre Augen ihn wie Dolche geradewegs zu durchstoßen schienen und an das grüne Meer in Urlaubsprospekten erinnerten. Es war schwer, alles aufzunehmen; er brauchte fast eine Sonnenbrille, um es zu ertragen.
    »Also, wie geht’s so?«, fragte Keon und hoffte, dass ihn nicht die Eifersucht befallen würde.
    »Ach, du weißt schon. Ich komme gut zurecht an der Uni und so. Hab jetzt einen festen Freund. Blablabla«, sagte sie gummikauend und überging die Einzelheiten. Einzelheiten, die Keon ganz dringend wissen wollte.
    Sie sah so anders aus. Ihr Stil hatte sich verändert. Sie war hip geworden, und Keon konnte sich gut vorstellen, wie sie abends von Club zu Club zog und mit den Jungs trank, eine Yankees-Baseballmütze trug und mit ihrem neuesten Tattoo angab.
    Keon wünschte sich, er wäre ebenfalls auf der Universität. Er hätte es schaffen können.
    »Und, wie geht es dir, Babe?«, fragte sie und zog eine sorgsam nachgezeichnete Augenbraue hoch.
    Keon wurde plötzlich klar, dass sie etwas an sich hatte, das ihn störte. Die äußere Welt saß in Leopardenmuster, Goldkettchen und ironischen Turnschuhen vor ihm. Er wollte aber auch nicht, dass sie wieder ging.
    »Ach ja, ich habe gestern meinen ersten Roman beendet, das Marathontraining läuft auch gut, und ich hab in Chemie eineEins bekommen.« Keon grinste und zeigte seine perfekt geraden weißen Zähne.
    Sie schwieg lange. »Ich vermisse dich, Mann«, sagte Chantal unvermittelt und lehnte sich zurück. In ihren Augen war ein Tränenschleier. »Warum hast du das gemacht, Key?«
    Sein Gesicht fiel zusammen. »Ich hab doch schon gesagt, dass ich nicht darüber reden will.« Seine Mundwinkel sackten ab, und er ballte die Fäuste. Er spürte, wie sein Herzschlag sich beschleunigte.
    »Okay, okay. Es tut mir leid.«
    »Kannst du mich bitte ganz normal behandeln, Chants? Ich möchte einfach so tun, als wären wir in einer Bar oder einem Park oder so was, und ich wäre nicht ein komplett erbärmlicher   –«
    »Stopp«, sagte Chantal, beugte sich vor und nahm Keons Hände.
    Er blickte auf ihre Fingernägel, die im Meergrün ihrer Augen lackiert waren. Sie trug einen Goldring, in den das Wort »Pow« graviert war.
    »Erinnerst du dich noch, wie sich das anfühlt?«, fragte sie, ganz eng bei ihm, und lächelte.
    Mehrere Köpfe drehten sich ihnen zu; sie nahmen vermutlich an, dass sie seine Freundin war. Ein Wächter beobachtete sie genauer.
    Ihre Hände fühlten sich weich an, und Keon erinnerte sich an einen Sonntagnachmittag im Park, als sie vierzehn Jahre waren. Er hatte entschieden, dass sie sein Mädchen sein sollte, und nach ihrer Hand gegriffen. Sie hatte sie ihm entzogen, und er hatte es nie wieder versucht.
    »Aber sicher. Du hast sie aber weggenommen, Chants«, brummte Keon. Sein Gesicht zeigte noch immer die Verletzungdurch ihre Zurückweisung. Die herzzerreißende, schmerzliche Wirklichkeit.
    »Ich weiß, ich weiß. Ich habe es bedauert. Mit fünfzehn sahst du auf einmal so gut aus, und ich war ganz gewaltig in dich verknallt, aber es war zu spät, weil du dich nur noch mit den Coolen abgabst, und die Mädchen waren ganz anders als ich.« Ihre Augen wirkten wieder tief wie Teiche.
    »Wow, echt? Schon komisch, wie sich die Dinge verändern   – sieh dich jetzt an«, sagte er, und die Intensität, mit der er sie begehrte, machte ihm Angst. Es war unmöglich, genau wie alles andere. Genau wie die Pistole.
    Sie errötete leicht und nahm sanft ihre Hände weg.
    »Warum bist du gekommen und besuchst mich?«, fragte Keon.
    »Ich bin mir nicht sicher, Key   … Ich glaube, ich wusste sofort, dass du das, was du getan hast, gar nicht tun wolltest. Vor allem aber gefiel mir der Gedanke nicht, dass du mutterseelenallein bist   – egal, wie schlimm das ist, was du getan hast. Ich musste ständig an dich denken, und ich wollte begreifen, was passiert ist.«
    »Ich verstehe«, sagte Keon leicht verwirrt.
    »Pass auf, ich muss gleich gehen, aber vorher   …« Sie griff in ihr T-Shirt und zog etwas unter dem BH hervor.
    Keon sah gespannt zu.
    Eine Plastiktüte schob sich am Saum ihres Shirts vor, und sie zog sie zwischen ihre Knie.
    »Nein, Chants, das geht nicht, das darfst du nicht, du kannst mir nicht   …«, wisperte er

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