Ein Tag im Maerz
sie lächeln.
Eliza spürte einen riesigen Kloß in der Kehle. Sie durfte aber nicht traurig sein. Sie musste Stärke zeigen. Bryony durfte sie nicht weinen hören. »Das verstehe ich. Ich muss ihn mir auch ansehen.«
Bryony hörte, wie Eliza die Hintertür aufschloss und in den Garten ging.
Und tatsächlich, dort hing er. Groß, hell und schön. »Er winkt uns zu«, flüsterte Eliza. Sie neigte den Kopf zur Seite und spürte, wie ihr die Augen feucht wurden.
Bryony kicherte. »Glaubst du, er kann da oben essen, was er will, ohne dass er dick wird?«, fragte sie und dachte an Max’ viele Lieblingsspeisen: Spaghetti Carbonara. Pizza. Hummus. Schokoladentorte.
»Ja, ich glaube schon. Und er bekommt jeden Abend Whisky-Cola.« Eliza konnte ihn fast schon selbst sehen.
Zwischen beiden herrschte Schweigen, bis eine Polizeisirene zu hören war, die wütend an Bryony vorbeiraste. Eliza zog eine gequälte Miene.
»Glaubst du, er hat wieder mit dem Rauchen angefangen?«, fragte Bryony und kniff die Augen leicht zusammen.
»Davon gehe ich aus«, sagte Eliza. Sie erinnerte sich, dass er wie ein Rockstar aussah, wenn er sich eine Zigarette aus dem Mundwinkel hängen ließ. Nachdem er das Rauchen aufgegeben hatte, entwickelte er die scheußliche Angewohnheit, mit allem Möglichen in seiner Reichweite herumzufummeln.
»Hast du mit Adam gesprochen?«, fragte Eliza.
»Nein. Seit dem Kuss-Desaster habe ich von ihm nicht mehr gehört … Mich würde es nicht überraschen, wenn er nie wieder ein Wort mit mir reden würde.«
»Wieso?«
»Weil ich ihn verarscht habe, Eliza. Nicht absichtlich, aber trotzdem. Ich bin monatelang mit ihm ausgegangen. Er glaubt, ich wäre solo – ich habe ihm von Max kein Wort erzählt. Und als er mich küsste, bin ich aus dem Lokal gestürmt und habe ihn ratlos zurückgelassen …«
»Findest du nicht, du solltest dich bei ihm entschuldigen, Bry?«
»Ja, doch, das finde ich wirklich. Ich weiß nur nicht, wie ich es anstellen soll.«
»Vermisst du ihn?«
»Unglaublich«, sagte Bryony und spürte, wie das Schuldgefühl über sie hereinbrach. »Ich … ich weiß echt nicht, was ich als Nächstes tun soll.«
»Na, als Erstes würde ich dich wirklich bitten, wieder vom Fenster runterzuklettern.« Eliza versuchte, sich nichts an der Stimme anmerken zu lassen, doch ihr lief dabei eine Träne nach der anderen die Wangen hinunter.
»Das will ich aber nicht, Eliza. Ich möchte Max sehen können«, entgegnete Bryony ruhig. Sie konnte die Augen nicht vom Mond nehmen. »Der Mond ist an einem blöden Fleck am Himmel«, sagte sie.
»Na, dann stell einen Spiegel auf die Kommode – den Spiegel, den ich dir zum Geburtstag geschenkt habe – und dreh ihn in den richtigen Winkel. Dann kannst du dich ins Bett legen und den Mond so lange ansehen, wie du willst.«
»Gute Idee … darauf wäre ich nie gekommen.« Eliza merkte am Klang ihrer Stimme, dass Bryony lächelte. »Aber ich meinte es nicht wörtlich, also, was ich als Nächstes heute Abend tun soll.«
»Was meintest du denn?«
»Ich meinte, im Leben. Ich habe das Gefühl, ich müsste unbedingt etwas tun. Vielleicht sollte ich umziehen. Es wird hier sehr schwierig für mich. Was meinst du denn?« Bryony glaubte eigentlich nicht, dass sie umziehen, die Tür der gemeinsamen Wohnung mit Max hinter sich schließen könnte, aber sie fühlte sich dort unbehaglich. Noch immer umgab ein Haufen von Max’ Hemden das Bett, und wer wagte, etwas zu verändern, bekam inganz eindeutiger Weise zu hören, dass das absolut nicht akzeptabel war. Der Abwasch geriet regelmäßig außer Kontrolle, bis gute Freundinnen sich entschieden, die Ärmel hochzukrempeln und zu helfen, und alle paar Wochen kam Bryonys Mutter unaufgefordert in ihrer Abwesenheit und putzte die Wohnung von oben bis unten.
Eliza dachte einen Moment lang darüber nach und zog sich die Strickjacke enger um die Brust. Die Wohnung war jetzt unordentlich, anders als früher. Max und Bryony hatten immer perfekte Ordnung gehalten: Immer brannten schöne Kerzen, neue Kissen lagen auf den Sofas, und an den Wänden hing eine Sammlung cooler Drucke, die sie auf Märkten gekauft hatten. Es war die Art Zuhause gewesen, auf das viele neidisch gewesen waren. Und auf die Liebe zwischen ihnen. »Vielleicht ist es so am besten«, flüsterte sie.
»Ich glaube, ich bin jetzt so weit. Ich muss Dinge erledigen. Zum ersten Mal seit langer Zeit fühle ich mich besser.«
Etwas Positiveres hatte Bryony
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