Ein Tag im Maerz
Brauen hoch, grinste und folgte ihr.
Sie drängten sich durch eine kleine Menge, aus der sie durch ihre schicke Kleidung und die Haltung ihrer angenommenen Rollen hervorstachen. Der »Sänger« hatte gerade seine »Darbietung« von Ronan Keatings When You Say Nothing At All beendet, und ein leichter, wenig begeisterter Applaus verklang langsam. Aus den Lautsprechern kam YMCA .
Bryony hatte ein wenig Schwierigkeiten mit der Aussicht auf eine Karaokedarbietung. Das war etwas, das sie oft mit Max gemacht hatte. Schon bald verschwanden ihre trüben Gedanken, als sie einen Mann entdeckte, der als Vampir verkleidet war, ein rotes Cape über den schmalen Schultern trug und sich ein kleines Keyboard um den Hals gehängt hatte. Er konnte es offensichtlich nicht erwarten, als Nächster aufzutreten. Nervös klopfte er mit knochigen Fingern auf die Tasten. Bryony war fasziniert.
Während sie an der Bar wartete, ging Adam zu dem Event-Organisator und flüsterte ihm ins Ohr. Er bewegte sich lebhaft und wies mit Leidenschaft und Nachdruck auf Bryony. Der Mann sah zuerst überrascht drein, doch dann nickte er und lächelte Bryony zu. YMCA ging zu Ende, und er trat ans Mikrofon. Bryony rutschte das Herz in die Hose.
»Ähem … ähem«, sagte er über Lautsprecher. Niemand schenkte ihm die leiseste Beachtung.
Plötzlich fuhr Bryony eine Todesangst durch die Glieder. Adam drehte sich zu ihr um, rieb sich die Hände und lachte spitzbübisch.
»Äh, Leute?«, sagte der Organisator. In den Lautsprechern quietschte es laut, und mehrere Gäste legten sich die Hände über die Ohren und verzogen das Gesicht. Der Mann klopfte genervt auf das Mikro. »He, hört mal zu, ja?«, rief er, und sein Cockney-Akzent kam deutlicher durch.
In dem stillen Raum wurde es tatsächlich noch leiser.
»Wir haben heute Abend einen ganz besonderen Gast, äh, wie’s aussieht. Eine berühmte Sängerin aus dem Ausland oder so – Leila White. Ich hab nie von ihr gehört, aber ihr vielleicht. Sie wird für uns singen. Danke.«
Bedachte man den Beruf des Mannes, hätte die Ansage schlechter nicht sein können.
Die Worte »berühmte Sängerin« hatte immerhin die Aufmerksamkeit von wenigstens der Hälfte aller Gäste erweckt, und die Leute applaudierten und pfiffen, auch wenn sie offensichtlich nicht die leiseste Ahnung hatten, wer Leila White sein sollte.
Bryony wünschte sich plötzlich, sie wäre nicht da. Sie wusste nicht einmal, welches Lied sie singen sollte. Ein Songname nach dem anderen schoss ihr durch den Kopf, während sie zaghaft zu der kleinen Bühne in der Ecke ging; sie hatte völlig vergessen, wer sie angeblich sein sollte.
Der Organisator wartete am Rand auf sie.
»Äh, kann ich einen Hintergrundtrack bekommen oder so was?«, wisperte sie.
Er sah sie verdutzt an. »Ihr Freund da hat gesagt, Sie singen a cappella, Liebes.«
»Acka-was?«
»Ohne Hintergrundtrack. Viel Spaß«, sagte er und trottete an die Bar.
»Komm schon, Leila!«, rief Adam, als sie zaghaft auf die behelfsmäßige Bühne trat, die aussah, als wäre sie aus alten Milchkästen und festem Klebeband zusammengebastelt worden.
Ein paar Gäste fielen ein, und noch mehr Klatschen und Pfeifen war zu hören.
Bryony hatte solche Angst, dass sie fürchtete, sie könnte ohnmächtig werden. Sie versuchte sich etwas einfallen zu lassen, das sie singen konnte. Es würde einfach schrecklich werden.
Die Lichter gingen wieder aus, und ein Spotlight wurde in ihre Richtung gelenkt. Eine tätowierte Frau bediente die Lichtanlage von einem hohen Hocker, kaute Kaugummi und spielte mit ihrem Haar.
Bryony dachte an ihre liebsten musikalischen Erinnerungen zurück: an das erste Mal, als sie auf einer Hochzeit mit Max getanzt hatte, an die Lieder, die sie in den ersten Teenagerjahren mit ihren Freundinnen ins Ende einer Haarbürste gesungen hatte. Dann kam ihr ein Gedanke: Wicked Game.
Einmal hatte sie das Lied Max vorgesungen, im Badezimmer. Er stand unter der Dusche, und sie saß auf dem Klodeckel und lackierte sich die Zehennägel pink. Bryony hatte nicht einmal gemerkt, was sie tat. Sie war in dem Augenblick einfach entspannt gewesen, und Max hin und weg.
»Hi«, sagte sie ruhig ins Mikrofon, hielt es fest, als hinge ihr Leben davon ab, und lächelte.
Im Raum blieb es still.
»Wie sind wir denn heute Abend drauf?«, fragte sie der Form halber und viel zu ungelenk für ihren eigenen Geschmack. Plötzlich missfiel ihr der Klang ihrer eigenen Stimme, und sie fragte sich, wie
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