Ein toedlicher Verehrer
zwar noch gelogen, aber sie würde irgendwann wieder zurechtkommen. Sie musste sich wieder fangen, viel schlafen und abwarten, bis die Zeit Abstand zwischen sie und die Morde brachte. Außerdem brauchte sie etwas Abstand von Cahill, sie brauchte Zeit, in der sie vollkommen in Ruhe gelassen wurde. Wenn auch nicht, um alles zu überdenken; denken wollte sie vorerst überhaupt nicht.
»Nur damit ich ruhig schlafen kann, okay?«, bat er leise. »Ich weiß, dass zwischen uns nichts klar ist, noch nicht, darum muss ich dich so oft wie möglich sehen, um sicherzugehen, dass du noch da bist.«
»Ich laufe nicht davon, Cahill.« Dass er ihr so etwas zutraute, versetzte ihr einen Stich. »Wenn ich gehen sollte, werde ich es dich wissen lassen. Und du weißt, dass ich schon den Job bei Mr. Densmore angenommen habe.«
Er grunzte. Obwohl bei ihnen der Teufel los war, hatte er Zeit gefunden, Trevor Densmore zu überprüfen. »Gegen ihn liegt nichts vor, so wenig das auch heißt.«
»Alles andere hätte mich auch gewundert. Eigentlich kann ich ihn gleich anrufen und vereinbaren, wann ich zu ihm ziehen soll.«
Er sah sie besorgt an. »Warum lässt du dir nicht noch ein bisschen Zeit? Du siehst immer noch total k.o. aus.«
Sie wusste genau, wie sie aussah: leichenblass und mit schwarzen Ringen unter den Augen. Sie fühlte sich k.o., auch nachdem sie so lange geschlafen hatte. Es war keine physische Müdigkeit; der unerträgliche Stress zermürbte sie.
»Vielleicht würde es mir besser gehen, wenn ich beschäftigt wäre. Schaden kann es jedenfalls nicht.«
Der Umzug in Mr. Densmores Haus war schnell und problemlos bewerkstelligt. Haus war eigentlich nicht das richtige Wort; es handelte sich eher um eine Domäne, eine Trutzburg, ein zwanzigtausend Quadratmeter großes Anwesen in erstklassiger Lage, umfriedet von einer hohen grauen Steinmauer. Die Zufahrt wurde von mächtigen schmiedeeisernen Toren versperrt, die sich elektrisch öffnen ließen und von allgegenwärtigen Kameras überwacht wurden.
Das Haus selbst war dreistöckig und ebenfalls aus grauem Stein gemauert, der ihm etwas Mittelalterliches verlieh. Innerhalb der Gartenmauern wirkte das Gelände wie manikürt; kein Zweiglein, kein Blättlein lag auf dem Boden, und nicht ein einziger Grashalm ragte über seine Mithalme heraus.
Im Haus sah es ähnlich aus. Entweder hatte der schüchterne Mr. Densmore ein ausgesprochenes Faible für monochrome Kompositionen, oder sein Innenarchitekt war gefühlsarm und ausgesprochen phantasielos. Auch hier war alles Grau in Grau gehalten. Der Marmor in den schnittigen Badezimmern war grau. Der flauschige Teppichboden war grau, eisgrau. Sämtliche Möbel waren grau oder weiß, unterbrochen von sorgsam gesetzten Akzenten in Dunkelgrau. Alles in allem fühlte Sarah sich wie in einer Eishöhle.
Doch Trevor Densmore war so stolz auf sein Heim und führte es mit so jungenhafter Begeisterung vor, dass sie den Innenarchitekten von jeder Schuld freisprechen musste. Ihr neuer Arbeitgeber liebte ganz zweifelsfrei diese sterile Atmosphäre. Aus Höflichkeit gab sie anerkennendes Gemurmel von sich, obwohl es sie wunderte, dass ihm ihre Meinung so wichtig zu sein schien. Schließlich war sie der Butler und keine Kaufinteressentin.
Sie war froh, von vornherein klargestellt zu haben, dass es sich um ein vorübergehendes Arrangement handelte, denn ihre Unterkunft sagte ihr ganz und gar nicht zu. Sie hätte eine eigene kleine Einliegerwohnung vorgezogen, eine kleine Oase für sich allein, in der sie ein Leben außerhalb ihres Jobs führen konnte. Der Raum, in den er sie eskortierte, war weitläufig und verschwenderisch eingerichtet wie ein protziges Hotelzimmer. Das Zimmer war zu groß, es hatte etwas Höhlenartiges. Es gab ein Doppelbett mit Himmel und auch eine Sitzgruppe, doch die Möbel schienen den Raum nicht auszufüllen. Sie begann schon zu frieren, wenn sie die Einrichtung nur ansah. Das dazugehörige elegante Bad war in dunkelgrauem, fast schwarzem Marmor gehalten und hatte Armaturen aus glänzendem Chrom. Selbst die flauschigen Handtücher waren grau. Ihr wurde schlecht.
Er glühte beinahe vor Aufregung. »Ich mache uns einen Tee«, sagte er und rieb sich die Hände, als könnte er sich kaum bremsen. »Den können wir trinken, während wir Ihre zukünftigen Aufgaben besprechen.«
Sie hoffte, dass es jede Menge zu tun gab, um sie abzulenken. In einem so großen Anwesen gab es bestimmt Personal; das Haus des Richters war nicht halb so groß
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