Ein toedlicher Verehrer
Liebesaffäre mit ihm einlassen. Der Sex war bestimmt... sie konnte sich den
Sex nicht mal vorstellen, weil sie noch nie so stark auf einen Mann reagiert hatte. Und genau da lag das Problem. Es war nicht der Sex, sondern ihr Gefühl dabei. Sie hätte sich auf der Stelle bis über beide Ohren in ihn verlieben können, aber ihm das Herz allzu weit zu öffnen hieß wahrscheinlich, es sich von ihm brechen zu lassen.
Am klügsten war es wohl, in einem anderen Bundesstaat auf Jobsuche zu gehen. In Florida etwa, auf einem der riesigen Landsitze rund um Palm Beach. Dort wäre sie auch näher bei ihren Eltern. Kalifornien bot sich immer an, ebenso die Hamptons im Osten von Long Island; einen neuen Job zu finden war nicht weiter schwierig. Sie musste ihren Lebenslauf ohnehin auf den neuesten Stand bringen; sie hatte keine Arbeit mehr und auch keine Wohnung. Das hatte sie sich bis jetzt noch gar nicht richtig klar gemacht, weil sie ganz auf das schreckliche Geschehen konzentriert gewesen war, doch allmählich ließ der Schock nach, und sie begann darüber nachzudenken, was die veränderte Situation für sie bedeuten würde.
Wahrscheinlich stand eine heiße Affäre mit ihm überhaupt nicht zur Debatte, und wenn, dann höchstens ein kurzes Intermezzo - oder eine Fernbeziehung. Cahill schien ihr nicht der Typ für eine Fernbeziehung. Die ganzen Ängste, das ganze Hin und Her war also reine Zeitverschwendung; sie musste sich der Realität stellen, und die verlangte, dass sie einen neuen Job fand. Sie hatte sich bei ihrer Berufswahl auf ein sehr exklusives Feld spezialisiert, weshalb sie nur an einigen wenigen Orten eine Stelle finden konnte; sie war auf Nobelviertel wie Beverly Hills, Buckhead oder Mountain Brook beschränkt.
Möglich, dass sie in Mountain Brook bleiben würde; ein Angebot hatte sie bereits bekommen, das allerdings bestimmt nicht erneuert würde, nachdem sie es so energisch abgelehnt hatte.
Ohnehin stand in den Sternen, ob sie die Stellung überhaupt angetreten hätte; das Vorstellungsgespräch musste beide Seiten überzeugen. Der Arbeitgeber musste mit ihr zufrieden sein, aber sie musste auch mit dem Arbeitgeber zufrieden sein. Immerhin würde sie in seinem Haus wohnen und seinem Alltag ein festes, komfortables Gerüst geben. War ihr der Arbeitgeber nicht sympathisch, so war die Hingabe, die sie von sich selbst forderte, nur schwer zu leisten, und das würde sie auf Dauer unglücklich machen.
Sich auf die harten Fakten zu konzentrieren, war deutlich beruhigender, als verlockenden Phantasien über eine Beziehung mit Cahill nachzugeben; der Boden unter ihren Füßen hatte sich wieder verfestigt. Solange sie nicht den Kopf verlor, konnte sie ihn auf Abstand halten. Ganz abgesehen davon, gab es in den nächsten Tagen wahrlich wichtigere Dinge, um die sie sich kümmern musste.
Auch am nächsten Tag fiel Regen, diesmal dichter und kälter. Der Gerichtsmediziner gab den Leichnam frei, und die Hinterbliebenen machten sich daran, die letzten Angelegenheiten zu regeln. Sarah übernahm es, den Nachruf in den örtlichen Zeitungen zu platzieren und stand der Familie rund um die Uhr zur Verfügung.
Sie fuhr die Angehörigen zu dem Bestattungsinstitut, das sie ausgesucht hatten, wählte mit ihnen einen Sarg aus und half, das Finanzielle zu regeln. Der Richter hatte neben seiner Frau beerdigt werden wollen und schon bei ihrem Tod einen Doppelgrabstein aufstellen lassen, auf dem bereits sein Name eingemeißelt war, sodass in dieser Sache keine weiteren Entscheidungen gefällt werden mussten. Den Sarg auszuwählen war hingegen eine zutiefst deprimierende Pflicht. Randall und Jon hielten sich
tapfer, schienen jedoch nicht in der Lage, einen Entschluss zu fassen; immer wieder sahen sie zu Barbara hinüber, die leise vor sich hin weinte.
Schließlich trat Sarah vor und nahm Barbara in die Arme. »Ich weiß«, flüsterte sie mitfühlend. »Trotzdem müssen wir uns entscheiden.«
Mit tränenblinden Augen sah Barbara sie an. »Welcher gefällt Ihnen denn?«
Die Frage traf sie wie ein Schlag. Verwirrt ließ Sarah den Blick über die Särge wandern und sah dann auf Randall und Jon. Beide sahen sie fast flehend an. Ganz offensichtlich waren sie der Situation nicht gewachsen.
Sarah atmete tief aus. »Mir gefällt der Bronzefarbene.« Er war teuer, aber bezahlbar, und es würde für alle angenehmer sein, wenn sie das Gefühl hatten, ihrem Vater das Beste gegönnt zu haben.
»Der gefällt mir auch am besten«, bestätigte Randall
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