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Ein Toter hat kein Konto

Ein Toter hat kein Konto

Titel: Ein Toter hat kein Konto Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Léo Malet
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Nachricht lieber in Anwesenheit
seines Hausarztes verdauen. Sonst könnte es schiefgehen, und dann sind Sie Ihre
Stellung los. Überlegen Sie sich’s gut!“
    „Aber ich weiß nicht...“
    „Den Namen des Arztes, Mann, schnell!“
    „Na schön! Der Arzt von Monsieur ist Dr. Georges
Péricat, Cité de là Muette 15.“
    „Na also... Und bitte, Albert, Mund halten! Sie
wissen ja: Schweigen ist Gold... Und widersprechen Sie Ihrem Chef unter keinen
Umständen!“
    „Das ist ohnehin nicht meine Art, Monsieur.“
    „Um so besser. Er wird all seine Kräfte
brauchen. Wie geht’s ihm? So wie heute morgen oder schlechter?“
    „Offensichtlich hat ihm die Unterhaltung mit
Ihnen gutgetan.“
    „Freut mich zu hören.“
    Unsere Begegnung hatte ihn also erleichtert. Die
zweite würde ihn vielleicht vollkommen von seinen Sorgen befreien, und zwar
endgültig. Ich legte auf, sah im Telefonbuch nach und wählte die Nummer von
Georges Péricat.
    „Hallo! Dr. Péricat?“
    „Am Apparat.“
    „Hier Nestor Burma, Privatdetektiv. Ich arbeite
für Monsieur Flauvigny. Gleich werde ich bei Ihnen sein. Warten Sie auf mich
und halten Sie sich ein paar Stündchen frei. Ich muß Ihnen etwas sehr Wichtiges
mitteilen und möchte Sie bitten, den Tod eines jungen Mannes festzustellen.
Danach gehen wir zusammen zu Monsieur Flauvigny. Ich komme sofort!“
    Ohne eine Antwort abzuwarten, legte ich auf.
Bestimmt machte der gute Mann sich jetzt Vorwürfe, weil er nicht rechtzeitig
ein paar Vorlesungen in Psychiatrie gehört hatte.
    Zusammen mit Hélène verließ ich das Café. An der
Place du Panthéon erwischten wir ein Taxi.
    „Da Roland inzwischen tot ist“, sagte ich zu
meiner Sekretärin, als sich der Wagen in Bewegung gesetzt hatte, „frage ich
mich, ob wir Ihre Informationen über ihn noch gebrauchen können... Was haben
Sie rausgekriegt?“
    „So gut wie nichts“, gestand sie. „Nicht, daß
ich kein Glück gehabt hätte! Der erste Kerl, der mit mir im Biarritz anbändeln wollte, kannte zufällig Roland und seine Kreise. Aber viel war’s
nicht, was ich aus ihm rauskitzeln konnte. Anscheinend ist... war Roland
Stammgast in einem arabischen Nachtclub.“
    „Ja, im Antinéa .“
    „Stimmt. Und...“
    Sie verstummte plötzlich, sah mich erschrocken
an und unterdrückte einen Schrei.
    „Sagen Sie mal, Chef, haben Sie nicht eben von
einem Araber gesprochen?“
    „Ja, hab ich. Von einem toten Araber. Meine
erste Leiche heute morgen. Erklär ich Ihnen später. Was hat Ihr Verehrer Ihnen
übers Antinéa erzählt?“
    „Anscheinend ist es nicht sein Lieblingslokal.
Nicht mehr. Er beklagte sich, daß er, als Gründungsmitglied des Clubs...“
    „...von den Arabern ausgebootet wurde“,
vervollständigte ich ihren Satz.
    Hélène seufzte.
    „Ich möchte bloß wissen, warum Sie mich
losschicken, um Informationen zu sammeln, die Sie schon längst besitzen! Und
das auf die Gefahr hin, daß ich meinen guten Ruf verliere.“
    Ich stopfte meine Pfeife.
    „Man muß sich seinen Monatslohn verdienen.“
    „Apropos Lohn...“
    „Sie werden gleich dreitausend bekommen“,
unterbrach ich sie und hüllte mich in Rauch. „Frauen! Heute morgen mußte ich
schon einer tausend Francs geben...“
    „Dann war Ihr Mittelsmann also eine
Mittelsfrau?“
    Ich wies mit meinem Zeigefinger nach oben auf
eine imaginäre sechste Etage und sagte:
    „Die Schwester des andern.“
    „Die Schwester des... Also wirklich, eine
hübsche Familie!“
    „Sieht wirklich nicht schlecht aus, die Kleine“,
bestätigte ich.
    „Im Gegensatz zu ihrem Bruder. Übrigens, was ist
Ihrer Meinung nach mit ihm passiert?“
    „Na ja... Auf den ersten Blick sieht’s nach
Unfall aus. Der Kaffee auf dem Herd kocht über und löscht die Gasflamme, und
das Gas zischt und zischt... Ausgerechnet zur selben Zeit ist der Junge
eingeschlafen. Der Tod überrascht ihn sozusagen im siebten Himmel. Eigentlich
ein schöner Tod... Ach ja, das wissen Sie vielleicht noch gar nicht: Roland
rauchte eine ganz besondere Tabakmischung...“
    Ich fischte die dicke Zigarettenkippe, die im
Aschenbecher des Toten gelegen hatte, aus meiner Tasche und legte sie auf den
Tisch.
    „Haschisch“, erklärte ich. „Vielleicht ist er im
letzten Moment wachgeworden — wir haben ihn neben dem Sofa gefunden — , aber da
war es schon zu spät. Unfall durch Unvorsichtigkeit oder fahrlässiger
Selbstmord.“
    „Ein Unfall also“, wiederholte Hélène,
„jedenfalls auf den ersten Blick. Und auf den zweiten, nach

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