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Ein Traum von einem Schiff. Eine Art Roman

Ein Traum von einem Schiff. Eine Art Roman

Titel: Ein Traum von einem Schiff. Eine Art Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Christoph Maria Herbst
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Enkelin in die Flitterwochen«, denke ich, sagen tu ich aber:
     
    »Wow.«
    »Wie wow?«,
     
    fragt Christiane, und ich lenke ab:
     
    »Das hier ist ja genau das richtige Restaurant für mich!«
    »Wieso? Weil’s hier Miesmuscheln, Morchel und arme Ritter gibt?«
    »Nee.«
     
    Ich überhöre ihre schlagfertige Frechheit.
     
    »Weil es ›Vier Jahreszeiten‹ heißt!«
     
    Wieder werde ich wenig denkstark angeglotzt.
     
    »Hallo!? Jah-res-zei-ten!?«
     
    Ich zeige dabei auf mich. Zum Glück werden wir vom Sommelier unterbrochen, der uns mit funkelnden Augen seine Weine anpreist und ich höre mich einen weiteren Scherz machen:
     
    »Sagen Sie bloß, das Schiff ist unterkellert?«
     
    Der Weinkellner lächelt, allerdings eher höflich als ehrlich, die anderen drei am Tisch sind nicht mal höflich. Er lässt uns wissen, dass die Weine in großen Vinidoren bei gleichbleibender Temperatur gelagert würden und man damit bessere Erfahrung gemacht habe als mit großen Käfigen, in denen man die Flaschen hinter sich herzöge.
    Alle lachen über diesen Brüller, ich finde ihn eher mittel, bin aber höflich. Da die Produktion zahlt, entscheiden wir uns für einen biologisch angebauten, australischen Shiraz aus dem letzten Jahrtausend. Endlich haben wir etwas Verbindendes gefunden: wir vier sind alle Parasiten, die den Wirt mal so richtig bluten lassen wollen. Darüberhinaus hat auch jeder Filmfuzzi einen Raubtiermagen. Er kann viele, viele Tage lang ohne Nahrung auskommen, um sich dann aber mit einem Mal den Wanst über Gebühr vollzuschlagen, vor allem, wenn es nichts kostet. Für ein richtig schönes Kennlerndinner ist die Gemeinsamkeit, dasselbe charakterliche Defizit zu haben, natürlich nicht ausreichend und so schleppt sich der Abend dahin wie das Schiff, auf dem er stattfindet.
    Zucke mehrfach zusammen, weil mich unter dem Tisch Beine berühren. Ob mit Absicht oder ohne, vermag ich nicht zu sagen. Ich zucke auch eher, weil ich glaube, es seien die weißlich-faltigen Stelzen von Hammerzeh. Die Vorstellung, er könne mich absichtlich mit ihnen berührt haben, wird nur davon übertroffen, dass es auch die elefantösen Stummel meiner Ex-Bläserin gewesen sein könnten. Es wird sich nicht klären lassen, es sei denn, einer der anderen Kollegen im Saal hat seine Handykamera draufgehalten, dann werde ich das Filmchen nämlich morgen auf YouTube finden mit den Stichworten »Fußfetisch«, »offene Beine« oder »Bäääääh!«
    Kulinarisch zeigt sich der Abend von seiner allerbesten Seite.
    Es gibt Hummer, so frisch, als sei er erst vor zwei Minuten lebendig in siedendes Wasser geworfen worden, um dort dann stumm schreiend elendig zu verrecken. Der Hauptgang besteht aus einem kross gebratenen Rippendeckel vom Ibericoschwein an friaulischer Spinatpolenta mit einem handgeschnittenen Artischocken-Büffelmozzarella-Salat oder wahlweise frühem rheinischem Sauerbraten, also vom Fohlen, mit Püree der Kartoffel.
    Ausgezeichnet hat alles gemundet, selten so gut gespeist, wird mir von allen Seiten bestätigt, zu dumm nur, dass ich Vegetarier bin. Aber auch meine Eiernudel ist so was von gut durch, und das fingernagelgroße Stückchen Butter, das in ihrer Mitte liegt, ist die schmelzende Krönung der ganz und gar ungesalzenen fleischlosen Alternative.
    Satt ist was anderes. Halte mich aber zu vorgerückter Stunde an der Eisbombe schadlos.
    Das Einzige, was alle richtig up-gewarmed hat, war die Rede Wolfgang Rademanns, der wie das Oberhaupt einer Familie zu uns sprach, und zu der es eine der zahllosen Spirituosen gab. Unglaublich, wie er es auch mit angeknipster Lampe noch schafft, Worte zu finden, die er nicht nur verständlich auszusprechen in der Lage ist, sondern mit denen sich ein jeder ganz individuell angesprochen und gebauchpinselt fühlt – zwischendurch meinte ich die entfernten Klänge einer Orgel zu hören.
    Als persönliches Betthupferl stellt sich mein letzter und auch längster Dialog des Abends heraus, der sich vor den Toiletten des Restaurants abspielt. Bin grad auf dem Weg dahin, als mir auf halber Strecke eine Dame entgegenkommt. Schätze sie auf 110 – Kilo natürlich, das Alter ist schlicht unschätzbar, da sie die rundeste Person ist, die ich jemals gesehen habe. Sie ähnelt einer überdimensionierten Marzipankartoffel, die sich allerdings als Cremetörtchen tarnt, denn sie trägt zu einem eierschalenfarbenen Kostüm, unter dem ich ein Fatsuit vermute, ein Hütchen auf ihrer 60er-Jahre-Frisur in der

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