Ein Traummann auf Mallorca
tun?“, fragte sie scheinbar beiläufig. Er sollte auf keinen Fall merken, welch überwältigende Wirkung er auf sie ausübte. Aber war ihm das nicht schon längst klar? Sie wandte sich ab und tat so, als würde sie etwas suchen. Doch das war nur ein Vorwand, um Javier nicht direkt ansehen zu müssen.
Durch die offene Balkontür drang leise Musik ins Zimmer. Irgendjemand unten am Strand hörte George Gershwins Rhapsody in Blue . Charlene liebte das Stück genauso, wie sie Songs von Frank Sinatra und Ella Fitzgerald liebte – und überhaupt Musik von vor über fünfzig Jahren, die sich bei ihrer Generation nicht gerade allergrößter Beliebtheit erfreute. Ein weiterer Punkt auf der langen Liste von Absonderlichkeiten, die sie zeit ihres Lebens zur Außenseiterin stempelten. Doch den Versuch, sich für andere zu verbiegen, hatte Charlene schon vor vielen Jahren aufgegeben. Es war ihr nicht einmal gelungen, ihre Mutter und ihren Vater an sich zu binden – wie sollte es ihr dann bei anderen Menschen gelingen?
Als Javier keine Anstalten machte, sein Anliegen zu erklären, drehte sie sich mit einem nervösen kleinen Seufzen zu ihm um. „Du möchtest sicher über Aurora reden. Sie ist ein wunderbares kleines Mädchen, und die Aufmerksamkeit, die du ihr schenkst, tut ihr sichtlich gut.“
„Ich weiß, ich habe mich viel zu lange nicht so um meine Tochter gekümmert, wie sie es verdient hätte. Aber das ist nicht der Grund, warum ich dich sprechen wollte.“
Unruhig fuhr Charlene sich mit der Hand durchs Haar. Sie ging zur Kommode und warf einen prüfenden Blick auf die viereckige Glasvase, die dort stand. Die Blumen darin brauchten dringend frisches Wasser. „Sondern?“, fragte sie und hob die Vase an, um sie im Badezimmer aufzufüllen.
Javier trat neben sie. „Mir geht nicht aus dem Kopf, was am Strand geschehen ist, Charlene. Wir sollten darüber reden, was …“
Das Glasgefäß entglitt Charlenes Händen und zerschellte auf dem Fußboden. Beinahe gleichzeitig gingen Javier und sie in die Hocke, um die Scherben aufzusammeln.
„Das ist nicht nötig“, murmelte sie heiser. „Bitte, ich schaffe das schon …“
Doch er ließ sich nicht davon abbringen, ihr zu helfen. Im selben Moment griffen sie nach der letzten Scherbe. Als ihre Finger sich streiften, durchlief es Charlene heiß und kalt.
Hastig zog sie ihre Hand weg, doch es war zu spät. Irgendetwas hatte sich verändert. Die Luft war von einer Spannung erfüllt, so deutlich greifbar, dass Charlene sie als Knistern auf ihrer Haut zu spüren glaubte.
„Javier …“ Sie erhob sich und wich zurück, bis sie mit dem Rücken gegen die Kommode stieß.
Draußen verklangen die letzten Töne der Rhapsody in Blue . Kurz darauf hallten die ersten Takte von O Fortuna durch die Luft – jener monumentalen Eröffnung der Carmina Burana , die Charlene schon immer eine wohlige Gänsehaut beschert hatte.
Auch Javier richtete sich auf. Er sah sie unverwandt an. In seinen dunklen Augen erkannte sie die gleiche Leidenschaft, die in ihr selbst loderte, und während sie seinen Blick erwiderte, wurde es unwichtig, wer sie war, wer Javier war. Die Grenzen zwischen ihnen verschwammen, und die warnende Stimme ihrer Vernunft wurde übertönt vom heftigen Klopfen ihres Herzens.
Charlene versuchte nicht einmal, Javier zurückzuweisen, als er sie in seine Arme zog und leidenschaftlich küsste. Stattdessen vergrub sie die Finger in seinem dichten Haar und gab sich dem grenzenlosen Verlangen hin, das sie erfüllte.
Noch nie zuvor hatte sie sich so danach gesehnt, von einem Mann berührt zu werden. Sie erwiderte seinen Kuss, als hinge ihr Leben davon ab. Ihr Puls raste, ihr Blut fing an zu kochen. Das Verlangen überrollte sie mit einer solchen Macht, dass ihr die Knie weich wurden und die Beine zitterten.
Ein ersticktes Stöhnen entrang sich ihrer Kehle, als Javier seine Hände über ihren Rücken bis hinunter zu ihren Hüften wandern ließ. Durch den dünnen Stoff des Tops spürte sie seine Berührungen genauso intensiv, als stünde sie nackt vor ihm. Und genau das wünschte sie sich. Sie wollte seine Haut an ihrer spüren. Die Hitze seines Körpers fühlen, seinen männlichen Duft atmen, ihn schmecken. All ihre Sinne schienen nur noch auf diesen Mann fokussiert zu sein.
Er löste seine Lippen von ihren und zog eine Spur Küsse über ihre Wangen und ihre Kehle. Seufzend legte Charlene den Kopf in den Nacken. Sie wollte mehr. Und sie war kurz davor, ihn anzuflehen, ihr zu
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