Ein unauffälliger Mann - Chadwick, C: Ein unauffälliger Mann - It's All Right Now
Hustenanfall aus, und während sie das Cover anstarrte, meinte ich, durch die Tränen hindurch, die das Husten hervorgebracht hatte, auch in ihren Augen Tränen zu erkennen.
Als mein Spucken und Keuchen endlich aufhörte, tätschelte sie die Bettdecke, wo mein Knie war, und sagte: »Mein Eltern wollten, daß ich so werde wie sie, jemand ganz Besonderes. Als ich damals die ersten Stunden nahm und alle sagten, ich sei so vielversprechend, erfand mein Vater sogar einen Namen für mich — seine kleine Margot nannte er mich. In gewisser Weise erinnern Sie mich an ihn. Inzwischen ist er tot.«
Ich wischte mir die Augen und sagte: »Vielen Dank. Mein Vater war ein Lebensmittelhändler und wollte, daß ich Premierminister
werde, aber die Konkurrenz weiter unten im Süden hatte die gleiche Idee.«
Sie stieß ein kurzes, schrilles Lachen aus, worauf ich ein großen Löffel voll heißer Zitrone auf meinen Bademantel kleckerte — wenigstens die passende Farbe. Das alles löste einen weiteren Hustenanfall mit jeder Menge Schleim darin aus, deshalb winkte ich sie weg. An der Tür drehte sie sich noch einmal zu mir um und wedelte mit den Fingern. Die Mischung aus Mitleid und Belustigung auf ihrem blassen, unglücklichen Gesicht half mir, auf die gewohnte Art einzuschlafen, und ist noch immer bei mir.
Ich hatte Mrs. Bradecki bereits mehr oder weniger vergessen, als ich einige Wochen später von einem Rekonvaleszenz-Schleichgang um den Block zurückkam und an der Haustür Foster traf.
»Sie sehen aus wie frisch ausgebuddelt«, sagte er. »Waren Sie krank oder so was?«
»Lungenentzündung«, sagte ich.
»Wissen Sie, wie man die nennt? Den Freund der alten Leute.«
»Ich hatte eher die andere Art.«
Er sah an diesem Tag besonders fit und elegant aus, und so atemlos und müde, wie ich nach meinem Gang war, hatte ich große Lust, ihm seine graue Seidenkrawatte kräftig um den Hals zuzuziehen.
»Sie sollten aufhören mit diesen beschissenen, kleinen Zigarren, die Sie immer rauchen.«
»Habe ich schon.«
»Hat mein Leben verändert, als ich das Rauchen aufgab. Meine Frau konnte es nicht riechen. Ein solides Leben, das ist das wichtigste. In Afrika konnte man einfach so vor die Hunde gehen.« Er schnippte dicht vor meiner Nase mit den Fingern. »Leben in freier Natur und das ganze verdammte Afrika vor einem auf dem Präsentierteller. Hart leben, hart spielen.«
Ich ahmte behutsam die Bewegung eines Tennisaufschlags nach. »Angeln«, schrie er beinahe. »Das ist doch kein Sport. Weil wir gerade dabei sind, wie geht’s eigentlich unseren süßen, kleinen Ballerinen? Machen sie Ihnen Schwierigkeiten?«
»Überhaupt nicht.«
»Das möchte ich auch verdammt noch mal hoffen. Hab ihnen gesagt, daß Sie ein guter Freund von mir sind, und wenn ich noch irgendwelche Beschwerden höre, dann sitzen sie mit ihren süßen, kleinen Ärschen auf der Straße. Ich könnte zwanzig Pfund mehr für diese Wohnung bekommen oder sie verkaufen, nicht? Sie wissen ja, was Sie für Ihre bezahlt haben. Wie auch immer. Sie müssen nur was sagen, alter Knabe.«
»Danke, allerdings ...«
Er hielt mich am Ellbogen fest. »Allerdings, Madam Polackin. Keine Miete aus dieser Ecke, seit der Alte den Löffel abgegeben hat. Trauer ist Trauer, sage ich immer, aber deswegen bleibt die Welt nicht stehen. Habe erst unlängst mit ihr gesprochen, schön taktvoll, wie es sich gehört. Problem ist nur, nach den ganzen Jahren spricht sie kaum ein Wort Englisch oder tut zumindest so. Hat mich immer nur angestarrt, als würden Insekten auf mir rumkrabbeln. Eigentlich traurig, wenn man sich’s überlegt, aber ich kann auch nicht ewig darauf warten, daß die Tränen endlich trocknen.«
In diesem Augenblick kamen ein Junge und ein Mädchen die Treppe von der Wohnung hoch und tuschelten sehr schnell auf polnisch. Sie sahen uns erschrocken an, und ich sagte »Dzień dobry« , was sie mit einem breiten Lächeln wiederholten, und das Mädchen fügte noch hinzu: »Guten Morgen. Ein wunderschöner Tag heute, nicht?«
Was er in diesem Augenblick auch wurde. Während sie, weiterhin schnell und laut plappernd, die Straße hinunter davoneilten, schaute Foster ihnen mit noch verächtlicherer Miene als sonst nach.
»Das ist die andere Sache, nicht? Hätte ja fast Lust, mir ihre Arbeitserlaubnis zeigen zu lassen. Andererseits, viel Glück für sie und das alles. Was meinen Sie?«
Ich erinnerte mich an ihr bereitwilliges, dankbares Lächeln. »Also ich kann da nichts
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