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Ein unauffälliger Mann - Chadwick, C: Ein unauffälliger Mann - It's All Right Now

Ein unauffälliger Mann - Chadwick, C: Ein unauffälliger Mann - It's All Right Now

Titel: Ein unauffälliger Mann - Chadwick, C: Ein unauffälliger Mann - It's All Right Now Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Charles Chadwick
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Detail dokumentiert. Auf die Innenseite
des Deckels hatte er eine Kopie seiner Anzeige in der Lokalzeitung geheftet: Name, Adresse und Telefonnummer, gefolgt von: »Elektro- und Installationsservice, sämtliche Reparaturen im Haushalt, Maler-, Tapezier- und Schreinerarbeiten. Vierundzwanzig-Stunden-Service. Niedrigste Preise.« Offensichtlich war er der einzige Mann in ganz England gewesen, der seine sämtlichen Bareinkünfte, wirklich jeden einzelnen Betrag, dem Finanzamt gemeldet hatte. Dasselbe dürfte auch auf Schottland und Wales zutreffen, beschwören kann ich es allerdings nicht. Eine Lebensversicherungspolice war nirgendwo zu entdecken.
    Es gab auch eine Akte mit seinen Royal-Air-Force-Papieren und seinen Orden und Auszeichnungen. Dazu gehörten auch ein Empfehlungsbrief von Air Chief Marshal Dowding und einer vom König. Die Unterschriften sahen sogar aus, als wären sie Originale. Einen der Orden erkannte ich als das Distinguished Flying Cross, und ein Querstreifen auf halber Höhe des Bandes bedeutete vermutlich, daß er ihn zweimal erhalten hatte. Ich schaute hoch zu einem der Fotos über dem Schreibtisch — all diese etwas unscharfen, grinsenden, tollkühnen Gesichter. Sie schienen sich prächtig zu amüsieren, aber irgendwie wirkte alles etwas gespielt. Im Hintergrund war ein von Kugeln durchsiebtes Flugzeug zu erkennen. Ich fragte mich, was aus diesen Männern geworden war. Ich suchte in der Gruppe nach seinem Gesicht, konnte es aber nicht finden.
    Er war bereit gewesen für den Tod und hatte sein Leben aufgeräumt. Ich stellte mir vor, daß er alles für mich vorbereitet hatte, so daß ich sehr schnell sah, was er getan hatte. Was ich zu tun hatte, wäre bald erledigt: Briefe an Sozialversicherung und Gemeindeverwaltung, Finanzamt, Bank und Bausparkasse, und die Rechnungen mußten bezahlt werden. Aber im Hinterkopf wußte ich, daß die zwanzigtausend ihr nicht reichen würden, um unbegrenzt dort zu bleiben, wo sie jetzt war, auch wenn sie den Strom der Untermieter aufrechterhielt und die zur Miete beitrugen. Aber das ging mich nichts an. Bestimmt würde sich der Polnische Club um sie kümmern, wozu war er denn sonst da? Seine letzten Worte an mich fielen mir wieder ein. »Bringen Sie sie zurück!
Bringen Sie sie zurück!« Zu der Zeit war es mir einfach als Teil seiner Masche vorgekommen. Jetzt war es lachhaft, nur daß es daran überhaupt nichts zum Lachen gab.
    Ich klopfte an ihre Tür. Sie öffnete sie vorsichtig und schien mich anfangs gar nicht hereinlassen zu wollen. »Ich habe die Papiere durchgesehen«, sagte ich. »Alles ist in Ordnung, aber es sind ein oder zwei ...« Ich hielt ihr die Rechnungen hin und bemerkte, daß ich zu laut und zu langsam gesprochen hatte, als wäre sie ein Einfaltspinsel oder ich, zwei Einfaltspinsel miteinander. Aber genau so sah sie aus, der Mund offen, die Augen zusammengekniffen, als hätte sie vergessen, wer ich bin, oder hätte jemand ganz anderen erwartet, als sie Geräusche aus dem Zimmer ihres Mannes hörte. Dann schaute sie mich an und sagte: »Kommen Sie herein, bitte.«
    Die Vorhänge waren geschlossen, und die Farben waren verblaßt, als hätte der Sommer einem triefenden, grauen Herbst Platz gemacht. Wieder trug sie ihr loses, schwarzes Kleid mit dem schiefen Kragen, und sie stand seitlich von mir und schaute zu den Vorhängen, als wären sie offen, und sie suchte etwas in einer weit entfernten, trüben Landschaft. Ihre Schultern zeichneten sich unter dem Kleid ab, sie hoben und senkten sich, und ich konnte ihr zittriges Atmen hören.
    »Möchten Sie, daß ich irgendwann noch einmal vorbeikomme?« fragte ich.
    Sie schüttelte den Kopf, drehte sich dann mir zu und sagte sehr ruhig: »Bitte, Sie setzen sich.«
    Ihr Blick wirkte jetzt verächtlich, als hätte sie beschlossen, mich wie irgendeinen kleinen Beamten zu behandeln, der lediglich seine Pflicht tat, und das war mir nur recht. Ich setzte mich auf die Kante des Sessels, blätterte die Papiere durch und berichtete ihr dann mit langsamen Worten, was getan werden mußte. Ich bot ihr an, alle notwendigen Briefe zu schreiben, und fragte sie, ob sie wolle, daß ich die Schecks gleich ausstellte. Sie nickte, und ich füllte die Vordrucke aus und gab ihr das Scheckbuch. Mit sehr langsamen Bewegungen setzte sie ihre Unterschrift darunter und drückte dabei den Stift aufs Papier, als würde sie gegen ihren Willen
unterschreiben. Dann gab sie mir mit einem Achselzucken das Scheckbuch zurück, als wäre es

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