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Ein unauffälliger Mann - Chadwick, C: Ein unauffälliger Mann - It's All Right Now

Ein unauffälliger Mann - Chadwick, C: Ein unauffälliger Mann - It's All Right Now

Titel: Ein unauffälliger Mann - Chadwick, C: Ein unauffälliger Mann - It's All Right Now Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Charles Chadwick
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einem leichten Stirnrunzeln über die Papiere in ihrem Schoß, ohne auch nur einen einzigen Blick darauf zu werfen. Noch immer dankte sie mir nicht. Mir machte das nichts aus, denn ich existierte für sie nicht außer als ein Agent des Schicksals in Vertretung eines Abwesenden.Allmählich wünschte ich mir, o ja, daß sie auch für mich nicht existierte. Wir waren wie zwei Schauspieler, die zwei völlig unterschiedliche Stücke probten. Einmal sah ich sie im Supermarkt um die Ecke, wo sie sehr wenig sehr sorgfältig auswählte. In ihrem dunkelbraunen Mantel und dem vermutlich immergleichen schwarzen Kleid, das darunter hervorlugte, wirkte sie überaus auffällig und entwürdigt, wie sie konzentriert die Auslagen musterte, beständig die Hand ausstreckte und wieder zurückzog, dann noch einmal die Ware anstarrte, um das Etikett zu entziffern. Da sie ein schwarzes Kopftuch trug, konnte ich von ihrem Gesicht nur wenig erkennen. Ihre schwarzen, huschenden Augen wirkten wütend, weil man ihr so banale Arbeiten aufzwang, und dann noch für sie allein. Eigentlich aber war es etwas jenseits von Wut und Verzweiflung, etwas, das mein Begriffsvermögen überstieg. Sie war wie ein Flüchtling, der aus diesen schrecklichen, schwarzen Fotos in dieses üppige Paradies gewandert war, für mich und die anderen Kunden dort das Maß des guten Lebens, wie wir es kannten, und für uns konnte nichts fremder sein als sie, bestürzender oder übersehbarer. Als sie dann in meine Richtung kam, wechselte ich schnell in einen anderen Gang, um ihr nicht zu begegnen. Um ihr
die Peinlichkeit der Überraschung zu ersparen, die Peinlichkeit, nicht zu wissen, was sie sagen sollte? Natürlich nicht. Sondern um mir das alles zu ersparen ...
     
    Ich hatte mehrere Abende gebraucht, zwischen einigen ziemlich guten Fernsehsendungen, um das alles niederzuschreiben, in der Hoffnung, nachdem ich es getan hatte, endlich meine Ruhe zu haben, nicht nur um fernzusehen, sondern auch ein bißchen zu lesen und ein bißchen »gute Musik« zu hören. Und das erinnert mich normalerweise natürlich an Maureen. Am liebsten habe ich Klaviermusik, Schubert und Chopin, aber es gibt auch ein paar Violin- oder Cellosonaten, die ich ebenfalls mag, eigentlich sehr sogar, allerdings mehr, wie ich vermute, wegen der Erinnerungen, die sie wecken, als wegen dem, was sie an und für sich sind. Erinnerungen nicht nur an Maureen, sondern allgemeiner, an eine Welt des Sehnens und des Liebens, die mir inzwischen völlig abhanden gekommen ist, von der ich aber früher eine gewisse Ahnung gehabt haben muß. Inzwischen habe ich etwa dreißig Schallplatten und Kassetten. Ich glaube, wenn ich Maureen jetzt wiedersehen würde, dann würden wir diesmal besser oder länger miteinander zurechtkommen. Ich weiß nicht, warum ich sie nicht anrufe, nur um der alten Zeiten willen, sie vielleicht einfach so in ein Konzert einlade. Nur für den Fall, daß Sie es nicht schon vermutet haben, genau das könnte jetzt anschließend oder irgendwann später passieren oder auch nicht oder auf keinen Fall das, woran ich ebenfalls denke. Oder ein Kerl könnte sich melden, oder sie könnte mir einen Korb geben. Ist das Risiko nicht wert. Jane kann ich damit nicht belästigen. Nicht schon wieder. Sie hat volles Vertrauen in mich. Ganz im Gegensatz zu Foster.
     
    Foster schaute den Scheck für die Miete an, als könnte er eine Fälschung sein, faltete ihn dann zweimal zusammen und steckte ihn sich in die Brusttasche.
    »Würde mich da nicht zu sehr hineinziehen lassen, wenn ich Sie wäre«, sagte er. »Man tut den Leuten einen Gefallen, und sie werden von einem abhängig. Ist mir in Afrika passiert. Hab mal
einen Mann vor dem Ertrinken gerettet, eigentlich ein anständiger alter Knabe mit vier Frauen und Kindern, daß man das Zählen aufhört. Hat mich danach nie mehr in Ruhe gelassen, abgelegte Kleider, Geld, Schulgebühren für die Kinder, Obstkonserven, alles mögliche. Das ging so weit, daß ich ihm irgendwann sagen mußte, er solle verschwinden. Ist immer zu Fuß aus seinem Dorf gekommen. Mindestens zwanzig Meilen. Kamen danach immer noch zu meiner Frau, wenn ich unterwegs war. Brachte immer ein oder zwei Kinder mit. Diejenigen, denen etwas fehlte. Irgendwelche mordsmäßigen Geschwüre. Solche Sachen. Meine Frau hatte eine Schwäche für so was. Habe den alten Knacker eines Abends mal herumlungern sehen. Sie hat natürlich nie was gesagt. Über solche Sachen haben wir nicht gesprochen. Wissen Sie, sie

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