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Ein unauffälliger Mann - Chadwick, C: Ein unauffälliger Mann - It's All Right Now

Ein unauffälliger Mann - Chadwick, C: Ein unauffälliger Mann - It's All Right Now

Titel: Ein unauffälliger Mann - Chadwick, C: Ein unauffälliger Mann - It's All Right Now Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Charles Chadwick
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verschiedenen Orten gewohnt«, sagte sie. »Sie sehen aus wie ein weitgereister Mann. Ein Professor, glaube ich, wie Mrs. Hirst mir sagte.«
    »London. Suffolk. Ich fürchte, das ist so ziemlich alles. Sehr langweilig.«
    Sie senkte die Stimme. »Ich dachte, es wäre mal eine Abwechslung für sie. Nicht nur ich und manchmal Charlotte. Eine ganz gewöhnliche Unterhaltung. Einfach mal ein normaler Mensch aus der Außenwelt. Sie sehen ja, was hier ...« Sie schaute sich im Zimmer um. »Wir könnten einfach reden über, ich weiß auch nicht, über Klatsch oder irgendwas ganz Natürliches. Ich sage das ja nicht gern, aber bei Charlotte, meiner Schwester, herrscht so eine Anspannung, wenn Julia dort ist. Sie spricht dann sehr laut und nur mit einsilbigen Wörtern mit ihr, als wäre sie ein Kind ...«
    Ich sah, bevor sie es sah, daß Julia uns sehr konzentriert zuhörte, und stieß sie unauffällig an. Eine normale Unterhaltung aus der Außenwelt ...
    »Ich habe die Strände noch nie so überfüllt gesehen«, sagte ich
viel zu laut. »Aber im Winter haben wir sie wieder ganz für uns. Es wird dann wieder zu unserem Meer. Meine Tochter kommt mit ihren Kindern her, allerdings nicht so oft, wie ich es mir wünschen würde. Ihr Mann arbeitet in einem Gartencenter. Mein Sohn ist im Augenblick in New York. Buchhalter. Sehr intelligenter Junge. Es sieht so aus, als würde Mrs. Hirst Gefahr laufen, für immer in Australien zu bleiben. Hat allerdings auch einiges für sich. Ich könnte nicht nach London zurückgehen. Wobei das allerdings auch einiges für sich hat ...«
    Ich sprach jetzt mehr zu Julia, da sie nickte, als hätte ich angefangen, interessant zu klingen. Mit einer ausholenden Geste meiner Hand schaute ich zum Fenster hinaus.
    »... Doch das hier ist kaum zu schlagen, diese offene, unverdorbene Landschaft. Die Luft. Wunderbar für Spaziergänge ... Gehen Sie ... ?«
    »Du magst das sehr, nicht, Julia, mein Liebling? Deine kleinen Spaziergänge.«
    Julia beugte sich vor und konzentrierte sich sehr auf das, was wir sagten. Ich fragte mich, warum wir das nicht jetzt tun konnten, einfach aufstehen und hinausgehen und die frische Frühlingsluft einatmen. Da gäbe es dann jede Menge von normalen, natürlichen Dingen, über die man reden könnte: die sprießenden Bäume, der Gesang der Vögel, die Kühe, diese Pferde. Und auf dem Farmhof würde es Hühner geben, einen Hund, Schweine, ein oder zwei Katzen. Von diesem stickigen, vorhanglosen, überheizten Zimmer aus, in dem es nach neuem Teppich mit einem Hauch Insektenspray roch, war die Welt draußen nur durch fleckiges Glas zu sehen.
    »Man bringt sie nach dem Tee hinaus. Es gibt da einen abgeschlossenen Bereich. Sie muß sich warm anziehen und darf nicht davonlaufen, nicht, mein Liebling?«
    Julia schaute mich direkt an. »Sie sind Gärtner. Sie wollen mich abholen, um mir Ihren Garten zu zeigen. Bei Tante Charlottes Garten ist ja Hopfen und Malz verloren.«
    Wie normal ihre Stimme klingt, dachte ich, aber wie die eines viel jüngeren Mädchens, als würde sie erwachsen klingen, angeben wollen.

    »Das würde ich irgendwann mal sehr gern tun«, erwiderte ich.
    »Ist das nicht nett von Mr. Ripple?« fragte ihre Mutter, ziemlich scharf, wie es mir vorkam, als wollte sie einem Kind Manieren beibringen.
    Julia schaut wieder zum Fenster hinaus und in die Landschaft, und ihr Gesicht wirkte nun friedvoll, als wäre sie draußen in der Frühlingsluft. Sie hob den Kopf, schloß die Augen und atmete tief ein. Dann fing sie sehr leise zu singen an, so nah an einem Flüstern, wie Singen nur sein kann. Der Text schien deutsch zu sein. Meine Mutter deutete mit dem Kopf auf mein Sakko, und ich holte die CD heraus.
    »Schau nur, was Mr. Ripple dir mitgebracht hat«, sagte sie. »Ist das nicht sehr freundlich von ihm?«
    Zuerst schien Julia gar nicht gehört zu haben. Dann öffnete sie die Augen, und ich hielt ihr die CD hin. Langsam und noch immer singend nahm sie sie, klappte sie auf, zog die Broschüre heraus und blätterte darin. Eine Weile verstummte sie, bis sie das Lied »Seligkeit« erreichte, was sie nun zu singen anfing, wobei sie den Kopf hin- und herbewegte und den Takt mit den Fingern auf den Tisch klopfte. In dem Lied geht es um Glück, und genau so sah ihr Gesichtsausdruck nun aus. Als sie geendet hatte, schaute sie mich an, und ihr Ausdruck war weiterhin einer der Freude, vielleicht mit ein wenig Dankbarkeit für mich darin. Ich wollte das glauben.
    »Sag danke zu Mr.

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