Ein unauffälliger Mann - Chadwick, C: Ein unauffälliger Mann - It's All Right Now
Alle Simbabwer.«
»Tut mir leid, ich wollte nur. Es ist nur so, daß ...«
Ich hörte auf zu stammeln. Das Strecken des Rückens im Profil, als sie ihren engen Rock glattstrich, reduzierte die Raterei und vergrößerte sie dann wieder. Ich schluckte und räusperte mich. Das anstelle eines Stöhnens.
Sie hatte sich wieder entspannt und schenkte mir ein verzeihendes oder zumindest extrem tolerantes Lächeln.
»Kann es Ihnen nicht verdenken«, sagte sie. »So sehen Sie uns eben. Die Sensationshascherei und die Klischees. Hier ist das Gute, und dort ist das Schlechte. Aber die ganz normalen Leute. Es gibt
dort für jeden eine Zukunft. Deshalb will ich meinen Abschluß und muß in der Zwischenzeit langweilige Gelegenheitsjobs wie den hier machen.« Das Lächeln verschwand plötzlich, als hätte sie sich verkniffen zu sagen »und mit langweiligen alten Knackern wie Ihnen reden«.
»Außer natürlich Sie finden Ihren Farmer.«
»Wie kommen Sie drauf, daß ich ihn noch nicht gefunden habe?«
Für eine Sekunde oder zwei hatte ich Simbabwe vergessen. Ihre Person hatte das Land aus meinem Bewußtsein verdrängt. Sie hatte mich zurechtgewiesen. Ich konnte nur nicken und murmeln: »Schon verstanden. Entschuldigung.«
Das hatte sie vielleicht gar nicht mehr gehört. Aber sie wedelte sehr reizend mit den Fingern, als ich ein paar Minuten später ging.
Ich geriet ziemlich außer Atem, als ich an diesem Abend den Hügel hochging, und zweimal mußte ich anhalten und mich auf das Mäuerchen eines Fremden setzen. Dabei gingen mir folgende Gedanken durch den Kopf: Man sollte nie versuchen, sich bei Leuten einzuschmeicheln. Es ist falsch, das Richtige zu sagen und nicht das zu sagen, was richtig ist ... Hübsches Mädchen allerdings. Dieser Körper ... Hat mich in meine Schranken verwiesen ... Ich hätte riskiert, einen Fehler zu machen, egal, was ich gesagt hätte. Ich wollte nur nett zu ihr sein ... Geschieht mir recht ... Und so weiter und so fort, immer weiter weg von Simbabwe. Was in dieser ganzen Sache auch richtig und falsch sein mag, so miteinander verwoben beides sein mag, daß es kaum zu entwirren ist, es gab überhaupt nichts, was ich hätte sagen können außer überhaupt nichts. So war es also das Außeratemsein usw., was mich immer weiter von Simbabwe wegbrachte. Auch wenn das Richtige und das Falsche klarer gewesen wäre, so bezweifle ich doch, daß ich mir sonderlich viele Gedanken darüber gemacht hätte. Wenn man sich für etwas interessiert, dann ist es richtig zu zeigen, daß einem das Leben und die Umstände anderer wirklich am Herzen liegen, wie falsch man damit auch liegen mag. Das schreibe ich
jetzt, da ich wieder bei Atem bin und versuche, mehr an die Welt im großen und ganzen und weniger an mich selber zu denken. Was mich wieder zu dem Barmädchen bringt, auch wenn sie wohl nicht viel von mir hielt, falls sie überhaupt an mich dachte, am Anfang zumindest. Ich stelle sie mir auf einer Farm vor, Arm in Arm mit einem Farmer. Im Hintergrund sind eine sehr große Viehherde und Maisfelder zu sehen. Es ist nicht Simbabwe, das mir jetzt am Herzen liegt. Nicht im geringsten. Auch wenn das alles war, was sie von mir wollte. Daß ich mich dafür interessieren, versuchen sollte, es zu verstehen. Die Welt ist größer als ...
Ich muß bald einmal versuchen, über meinen Abend mit den Browns zu schreiben. Ich versuchte es gestern vormittag bereits, als Mrs. Hirst auf der Suche nach einer ihrer Katzen vorbeikam. Sie hatte etwas unter dem Arm, das aussah wie ein Fotoalbum.
Sie schaute auf meine Schreibmaschine und das leere Blatt, das darin klemmte.
»Ich will Sie nicht stören, Professor. Ich sehe ja, daß Sie mal wieder am Denken sind.« Sie machte zwei Schritte auf die Treppe zu. »Kümmern Sie sich nicht um mich, ich springe nur schnell nach oben ...«
Ich wollte nicht, daß sie auch nur in die Nähe meines Schlafzimmers kam oder an meiner geöffneten Badezimmertür vorbeiging. Sie hatte mich mehr als einmal einen »überzeugten Junggesellen« genannt, und was sie dort sähe, würde das nur bestätigen. (Als sie mich das letzte Mal so nannte, sagte ich ihr, ich sei das nicht immer gewesen, und so sei es sehr bedauerlich, daß ich nicht gemeinsam mit ihr zur Kommunion gehen könne. Sie fand das nicht sehr lustig, betrachtete es wahrscheinlich sogar als gotteslästerlich, oder vielleicht verstand sie es überhaupt nicht, da sie ja davon ausging, daß ich als Professor sowieso immer in Rätseln
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