Ein ungezähmtes Mädchen (German Edition)
schwach. Dankbar zog sie sich hinter den Schirm zurück. Eine der Mitarbeiterinnen half ihr beim Aufknöpfen von Kleid und Korsett, bis sie nur noch in Unterwäsche dastand. Als alle ihre Maße genommen und notiert waren, hielt ihr eine von Colettes Assistentinnen einen Überwurf hin. Beatrice schlüpfte erleichtert hinein und beschloss, in den nächsten Tagen auf den Camembert zu verzichten.
Nach einer knappen Stunde hatten sie einen ersten Entwurf für das Brautkleid erarbeitet, und noch eine Weile später hatte Beatrice endlich die Stoffe für ihre neuen Kleider ausgesucht. Ihr war warm, und sie war ziemlich müde, doch Mademoiselle Colette holte resolut immer noch mehr Stoffe herbei. «Für die Unterwäsche», erklärte sie, während sie die Ballen ausbreitete. Mit großen Augen musterte Beatrice die glänzenden, spinnwebdünnen Stoffe, die sich vor ihr aufstapelten. Als sie einen Ballen Spitze sah, der von so dunklem Weinrot war, dass es fast wie Schwarz wirkte, dämmerte ihr, dass Mademoiselle Colette wahrscheinlich etwas ganz anderes im Sinn hatte als die praktische Unterwäsche, die sie ihr letztes Mal genäht hatte. Unschlüssig musterte Beatrice die dünnen Stoffe und durchsichtigen Materialien, während die Schneiderin immer neue Schachteln mit Seidenbändern, Spitzen und glitzernden kleinen Steinchen hervorholte.
«Ich weiß nicht …», sagte Beatrice zögernd. Sie verstand nicht viel von Stoffen, doch selbst ihr war klar, dass die Materialien, die die Schneiderin ringsum aufstapelte, schrecklich teuer sein mussten. Sie fasste ein taubenblaues Gewebe an, das so dünn war, dass man sich kaum vorstellen konnte, wie daraus ein Kleidungsstück werden sollte.
«Sie nimmt alles», verkündete Seth, ohne aufzublicken.
«Aber …», protestierte Beatrice. Er begriff wohl nicht, um welche Summen es hier ging.
«Alles», wiederholte er, und als er sie nun ansah, spielte ein wollüstiges Lächeln in seinem Mundwinkel.
«Und die Schuhe?», fragte Colette geschäftig. Sie hielt ein paar hochhackige Seidenschuhe in die Höhe, und Beatrice betrachtete sie sehnsüchtig. Sie hatte schon bemerkt, wie begeistert Seth war, wenn sie hohe Absätze trug, doch sie zwang sich zu der Einsicht, dass die wundervollen Schuhe, die Colette in der Hand hatte, das Unpraktischste waren, was sie je in ihrem Leben gesehen hatte. Der weiße Seidenstoff war mit einem grünen Faden bestickt, der ein Muster aus winzigen naturgetreuen Schneeglöckchen bildete, die wiederum mit weißen und grünen Steinchen bestickt waren. Beatrice hatte den Verdacht, dass es sich um echte Diamanten und Smaragde handelte. Außerdem sind es Hochzeitsschuhe, dachte sie, also würde sie sie nur ein einziges Mal tragen. Und sie würde im Winter heiraten. Das würden diese Schuhe niemals überleben. Sie hatte ohnehin schon ein schlechtes Gewissen wegen der rosaroten, mit Rosen bestickten Wildlederstiefeletten und dem dazu passenden Hut. Vielleicht sollte sie darauf doch verzichten? Sie schüttelte entschieden den Kopf. Die Stiefeletten würde sie behalten, aber die juwelenbesetzten Hochzeitsschuhe mussten wieder in ihre Schachtel zurückwandern.
«Sind wir fertig?», fragte Seth.
Mademoiselle Colettes Assistentinnen halfen Beatrice beim Anziehen, und unterdessen machte Colette die Rechnung fertig. Seth ging zu Beatrice, reichte ihr ihre Handschuhe und legte ihr eine Hand auf den Rücken. «Na, bist du zufrieden, meine Geliebte?», flüsterte er.
«Sehr», antwortete Beatrice. Aber sie hatte sich wirklich hinreißen lassen und eine astronomisch hohe Rechnung verursacht.
«Bis wann können wir die Sachen haben?», erkundigte sich Seth.
«Wenn sich meine Mitarbeiterinnen beeilen, können wir in sechs Wochen mit den Kleidern fertig sein. Das Brautkleid wird allerdings länger dauern.»
Seth schüttelte den Kopf. «Stellen Sie einfach noch ein paar Schneiderinnen mehr ein. Wir fahren in einer Woche nach Schweden zurück, und ich möchte, dass bis dahin alles fertig ist», erklärte er und nahm die Rechnung an sich, bevor Beatrice reagieren konnte. «Ich schicke Ihnen meinen Sekretär vorbei, er wird die finanzielle Seite mit Ihnen regeln. Und besprechen Sie auch gleich mit ihm, wann Sie nach Stockholm kommen können. Wir heiraten im Dezember, und Sie sollten rechtzeitig für die letzte Anprobe vor Ort sein.» Er sah Colette an, und sie nickte zögernd. «Besprechen Sie die Details mit meinem Sekretär», bat er und hielt Beatrice die Tür auf.
«Oui,
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