Ein unmoralisches Angebot
auf
ein höchst unmoralisches Angebot gefasst – und konnte es
kaum erwarten.
Mit
einer ungeduldigen Geste wies er Diener und Arzt aus dem Zimmer und
schloss eigenhändig die Tür hinter ihnen.
"Sie
sollten sich stärken", empfahl er Amy. "Sie sehen
etwas blass aus."
Doch
sein Sarkasmus war an sie verschwendet.
"Unmöglich.
Ich bringe keinen Bissen hinunter." Fahrig strich sie sich das
Haar aus der Stirn. "Ich bin noch nie im Leben ohnmächtig
geworden. Ich kann mir nicht erklären, wie das passieren
konnte."
"Sie
waren in einer unangenehmen Situation, Miss Kingston. Mit dem kleinen
Trick haben Sie immerhin Zeit zum Nachdenken gewonnen."
Verwundert
sah sie ihn an. "Glauben Sie etwa, ich hätte es absichtlich
getan?"
"Vor
knapp einer halben Stunde ging es Ihnen noch gut genug, sich meinem
Hengst vor die Hufe zu werfen. Aus Schwäche sind Sie mir also
nicht zu Füßen gesunken. Ich sollte Ihre Masche kopieren.
Sie wissen gar nicht, wie lästig mir einige meiner offiziellen
Pflichten sind."
Amy
schwieg einen Moment. "Wer war sie?" fragte sie dann.
Irritiert
kniff er die Augen zusammen. "Wen meinen Sie?"
"Die
Frau, die Sie zum Zyniker gemacht hat." Die Ratschläge des
Arztes missachtend, stand sie auf. Sie schwankte leicht, doch als
Zakour instinktiv einen Schritt vortrat und sie stützen wollte,
winkte sie ab. "Sie leiden unter der Vorstellung, auf Grund
Ihrer Position würde jeder sein Spielchen mit Ihnen treiben,
weil er sich davon Vorteile erhofft. Das tue ich nicht, Königliche
Hoheit, ich bin immer ehrlich. Sie mögen ein Prinz sein, aber
Weisheit und Mitgefühl sind Ihnen fremd – und ich möchte
von Ihnen nicht angefasst werden."
Zakour
dachte an ihre Küsse und zog die Brauen hoch. "Wirklich
nicht?" fragte er spöttisch.
Amy
wich seinem Blick aus und stützte sich schwer auf die Sofalehne.
"Nein, wirklich nicht, da bin ich mir ganz sicher. Bestimmt
denken Sie jetzt an den Kuss gestern Abend, doch Sie haben mich
lediglich in einem schwachen Moment erwischt. Außerdem sind Sie
ein Meister im Küssen, das muss ich Ihnen lassen. Offensichtlich
verfügen Sie über jede Menge Erfahrung auf diesem Gebiet."
Zakour
presste die Lippen zusammen und bekam tatsächlich so etwas wie
ein schlechtes Gewissen. "Wir haben uns nicht nur ein Mal
geküsst …"
"Das
ist völlig gleichgültig", unterbrach sie ihn.
"Sprechen wir wieder über Peter." Ihr Tonfall und der
Ausdruck ihrer Augen hielten den Prinzen auf Abstand. "Sie
wissen schon lange von der Unterschlagung, oder?"
"Selbstverständlich."
Ungeduldig sah er sie an. "Deshalb habe ich Ihren Bruder nach
Kazban gebeten, und deshalb ist er nicht erschienen, sondern hat Sie
geschickt. Und Sie waren über alles informiert, denn …"
"Nein!"
Zakour
verschlug es den Atem. Noch niemand hatte es bisher gewagt, in einem
solchen Ton mit ihm zu sprechen. Von Kindheit an war er hofiert
worden, und jeder war bemüht gewesen, ihm den kleinsten Wunsch
von den Augen abzulesen, besonders die Frauen. Amy Kingstons
Verhalten war eine ganz neue Erfahrung für ihn.
"Ich
wusste es nicht!" herrschte sie ihn an. Sie reichte ihm knapp
bis zu den Schultern, doch das Blitzen ihrer Augen und ihre stolze
Haltung verliehen ihr eine ungeheure Autorität. "Ich war
der Meinung, mein Bruder hätte Geld in Wertpapieren angelegt,
die nicht die erwartete Rendite erzielten. Für mich bestand kein
Zweifel daran, dass er den Verlust ausgleichen würde. Das habe
ich Ihnen von Anfang an gesagt."
Das
hatte sie – doch er hatte ihr zu Anfang nicht geglaubt und
glaubte ihr immer noch nicht.
"Ihr
Bruder hat für eine Bank in Kazban gearbeitet", antwortete
er nach kurzem Schweigen und wiederholte noch einmal, was sie längst
wissen musste. "Während dieser Zeit überredete er
rechtschaffene Bürger, sich von ihren Ersparnissen zu trennen
und ihr Geld in Wertpapieren anzulegen. Er hat das Geld genommen,
doch anstatt Aktien für seine Kunden zu kaufen, hat er es selbst
behalten."
"Das
also haben Sie am ersten Tag gemeint!" In blankem Entsetzen sah
sie ihn an. "Deshalb haben ganze Familien ihre Existenzgrundlage
verloren."
Zakour
war am Ende seiner Geduld. Wenn sie doch endlich mit dieser
unwürdigen Lügerei aufhören würde! "Sie
wussten ganz genau von dem Geld!"
Erschöpft
ließ Amy sich auf die Couch zurücksinken, die Hände
zu Fäusten geballt. "Er hat mir erzählt, er habe auch
für Sie Investitionen getätigt."
Zakour
runzelte die Stirn. "Im Grunde stimmt das. Da ich nicht zusehen
kann, wie
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